Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

anführen, und so wie sie ihn leitete, ein Bild
jener sittlichen Welt-Ordnung, die da niemals
ist, sondern ewig werden soll, durch eigne
Selbstthätigkeit sich vorzuzeichnen, eben so
muß sie ihn leiten, ein Bild jener übersinnli¬
chen Welt-Ordnung, in der nichts wird, und
die auch niemals geworden ist, sondern die da
ewig nur ist, in dem Gedanken, zu entwerfen,
mit gleicher Selbstthätigkeit, und also, daß er
innigst verstehe und einsehe, daß es nicht an¬
ders seyn könne. Er wird, richtig geleitet,
mit den Versuchen eines solchen Bildes zu
Ende kommen, und an diesem Ende finden,
daß da nichts wahrhaftig da sey, außer das
Leben, und zwar das geistige Leben, das da
lebet in dem Gedanken; und daß alles übrige
nicht wahrhaftig da sey, sondern nur dazuseyn
scheine, welches Scheines aus dem Gedanken
hervorgehenden Grund er gleichfalls, sey es
auch nur im allgemeinen, begreifen wird. Er
wird ferner einsehen, daß jenes allein wahr¬
haft daseyende geistige Leben, in den mannig¬
faltigen Gestaltungen, die es nicht durch ein
Ohngefähr, sondern durch ein in Gott selber
gegründetes Gesetz erhielt, wiederum Eins sey,

anfuͤhren, und ſo wie ſie ihn leitete, ein Bild
jener ſittlichen Welt-Ordnung, die da niemals
iſt, ſondern ewig werden ſoll, durch eigne
Selbſtthaͤtigkeit ſich vorzuzeichnen, eben ſo
muß ſie ihn leiten, ein Bild jener uͤberſinnli¬
chen Welt-Ordnung, in der nichts wird, und
die auch niemals geworden iſt, ſondern die da
ewig nur iſt, in dem Gedanken, zu entwerfen,
mit gleicher Selbſtthaͤtigkeit, und alſo, daß er
innigſt verſtehe und einſehe, daß es nicht an¬
ders ſeyn koͤnne. Er wird, richtig geleitet,
mit den Verſuchen eines ſolchen Bildes zu
Ende kommen, und an dieſem Ende finden,
daß da nichts wahrhaftig da ſey, außer das
Leben, und zwar das geiſtige Leben, das da
lebet in dem Gedanken; und daß alles uͤbrige
nicht wahrhaftig da ſey, ſondern nur dazuſeyn
ſcheine, welches Scheines aus dem Gedanken
hervorgehenden Grund er gleichfalls, ſey es
auch nur im allgemeinen, begreifen wird. Er
wird ferner einſehen, daß jenes allein wahr¬
haft daſeyende geiſtige Leben, in den mannig¬
faltigen Geſtaltungen, die es nicht durch ein
Ohngefaͤhr, ſondern durch ein in Gott ſelber
gegruͤndetes Geſetz erhielt, wiederum Eins ſey,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0090" n="84"/>
anfu&#x0364;hren, und &#x017F;o wie &#x017F;ie ihn leitete, ein Bild<lb/>
jener &#x017F;ittlichen Welt-Ordnung, die da niemals<lb/>
i&#x017F;t, &#x017F;ondern ewig werden &#x017F;oll, durch eigne<lb/>
Selb&#x017F;ttha&#x0364;tigkeit &#x017F;ich vorzuzeichnen, eben &#x017F;o<lb/>
muß &#x017F;ie ihn leiten, ein Bild jener u&#x0364;ber&#x017F;innli¬<lb/>
chen Welt-Ordnung, in der nichts wird, und<lb/>
die auch niemals geworden i&#x017F;t, &#x017F;ondern die da<lb/>
ewig nur i&#x017F;t, in dem Gedanken, zu entwerfen,<lb/>
mit gleicher Selb&#x017F;ttha&#x0364;tigkeit, und al&#x017F;o, daß er<lb/>
innig&#x017F;t ver&#x017F;tehe und ein&#x017F;ehe, daß es nicht an¬<lb/>
ders &#x017F;eyn ko&#x0364;nne. Er wird, richtig geleitet,<lb/>
mit den Ver&#x017F;uchen eines &#x017F;olchen Bildes zu<lb/>
Ende kommen, und an die&#x017F;em Ende finden,<lb/>
daß da nichts wahrhaftig da &#x017F;ey, außer das<lb/>
Leben, und zwar das gei&#x017F;tige Leben, das da<lb/>
lebet in dem Gedanken; und daß alles u&#x0364;brige<lb/>
nicht wahrhaftig da &#x017F;ey, &#x017F;ondern nur dazu&#x017F;eyn<lb/>
&#x017F;cheine, welches Scheines aus dem Gedanken<lb/>
hervorgehenden Grund er gleichfalls, &#x017F;ey es<lb/>
auch nur im allgemeinen, begreifen wird. Er<lb/>
wird ferner ein&#x017F;ehen, daß jenes allein wahr¬<lb/>
haft da&#x017F;eyende gei&#x017F;tige Leben, in den mannig¬<lb/>
faltigen Ge&#x017F;taltungen, die es nicht durch ein<lb/>
Ohngefa&#x0364;hr, &#x017F;ondern durch ein in Gott &#x017F;elber<lb/>
gegru&#x0364;ndetes Ge&#x017F;etz erhielt, wiederum Eins &#x017F;ey,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[84/0090] anfuͤhren, und ſo wie ſie ihn leitete, ein Bild jener ſittlichen Welt-Ordnung, die da niemals iſt, ſondern ewig werden ſoll, durch eigne Selbſtthaͤtigkeit ſich vorzuzeichnen, eben ſo muß ſie ihn leiten, ein Bild jener uͤberſinnli¬ chen Welt-Ordnung, in der nichts wird, und die auch niemals geworden iſt, ſondern die da ewig nur iſt, in dem Gedanken, zu entwerfen, mit gleicher Selbſtthaͤtigkeit, und alſo, daß er innigſt verſtehe und einſehe, daß es nicht an¬ ders ſeyn koͤnne. Er wird, richtig geleitet, mit den Verſuchen eines ſolchen Bildes zu Ende kommen, und an dieſem Ende finden, daß da nichts wahrhaftig da ſey, außer das Leben, und zwar das geiſtige Leben, das da lebet in dem Gedanken; und daß alles uͤbrige nicht wahrhaftig da ſey, ſondern nur dazuſeyn ſcheine, welches Scheines aus dem Gedanken hervorgehenden Grund er gleichfalls, ſey es auch nur im allgemeinen, begreifen wird. Er wird ferner einſehen, daß jenes allein wahr¬ haft daſeyende geiſtige Leben, in den mannig¬ faltigen Geſtaltungen, die es nicht durch ein Ohngefaͤhr, ſondern durch ein in Gott ſelber gegruͤndetes Geſetz erhielt, wiederum Eins ſey,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/90
Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/90>, abgerufen am 23.11.2024.