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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

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zur Ordnung, oder aus Furcht vor der Strafe
gehorcht werde, in diesem Umkreise der Zögling
seinen guten Willen nicht äußerlich darthun,
noch die Erziehung ihn ermessen könne.

Dagegen ist der Umkreis, wo ein solches Er¬
messen möglich ist, der folgende. Die Verfassung
muß nemlich ferner also eingerichtet seyn, daß
der Einzelne für das Ganze, nicht bloß unter¬
lassen müsse, sondern daß er für dasselbe auch
thun, und handelnd leisten könne. Außer der
geistigen Entwicklung im Lernen finden in die¬
sem Gemein-Wesen der Zöglinge auch noch kör¬
perliche Uebungen, und die mechanischen aber
hier zum Ideale veredelten Arbeiten des Acker¬
baues, und die von mancherlei Handwerken
statt. Es sey Grundregel der Verfassung, daß
jedem, der in irgend einem dieser Zweige sich
hervorthut, zugemuthet werde, die andern darin
unterrichten zu helfen, und mancherlei Aufsich¬
ten, und Verantwortlichkeiten zu übernehmen;
jedem, der irgend eine Verbesserung findet, oder
die von einem Lehrer vorgeschlagene zuerst, und
am klärsten begreift, dieselbe mit eigner Mühe
auszuführen, ohne daß er doch darum von sei¬
nen ohnedies sich verstehenden persönlichen Auf¬
gaben des Lernens und Arbeitens losgesprochen

zur Ordnung, oder aus Furcht vor der Strafe
gehorcht werde, in dieſem Umkreiſe der Zoͤgling
ſeinen guten Willen nicht aͤußerlich darthun,
noch die Erziehung ihn ermeſſen koͤnne.

Dagegen iſt der Umkreis, wo ein ſolches Er¬
meſſen moͤglich iſt, der folgende. Die Verfaſſung
muß nemlich ferner alſo eingerichtet ſeyn, daß
der Einzelne fuͤr das Ganze, nicht bloß unter¬
laſſen muͤſſe, ſondern daß er fuͤr daſſelbe auch
thun, und handelnd leiſten koͤnne. Außer der
geiſtigen Entwicklung im Lernen finden in die¬
ſem Gemein-Weſen der Zoͤglinge auch noch koͤr¬
perliche Uebungen, und die mechaniſchen aber
hier zum Ideale veredelten Arbeiten des Acker¬
baues, und die von mancherlei Handwerken
ſtatt. Es ſey Grundregel der Verfaſſung, daß
jedem, der in irgend einem dieſer Zweige ſich
hervorthut, zugemuthet werde, die andern darin
unterrichten zu helfen, und mancherlei Aufſich¬
ten, und Verantwortlichkeiten zu uͤbernehmen;
jedem, der irgend eine Verbeſſerung findet, oder
die von einem Lehrer vorgeſchlagene zuerſt, und
am klaͤrſten begreift, dieſelbe mit eigner Muͤhe
auszufuͤhren, ohne daß er doch darum von ſei¬
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[78/0084] zur Ordnung, oder aus Furcht vor der Strafe gehorcht werde, in dieſem Umkreiſe der Zoͤgling ſeinen guten Willen nicht aͤußerlich darthun, noch die Erziehung ihn ermeſſen koͤnne. Dagegen iſt der Umkreis, wo ein ſolches Er¬ meſſen moͤglich iſt, der folgende. Die Verfaſſung muß nemlich ferner alſo eingerichtet ſeyn, daß der Einzelne fuͤr das Ganze, nicht bloß unter¬ laſſen muͤſſe, ſondern daß er fuͤr daſſelbe auch thun, und handelnd leiſten koͤnne. Außer der geiſtigen Entwicklung im Lernen finden in die¬ ſem Gemein-Weſen der Zoͤglinge auch noch koͤr¬ perliche Uebungen, und die mechaniſchen aber hier zum Ideale veredelten Arbeiten des Acker¬ baues, und die von mancherlei Handwerken ſtatt. Es ſey Grundregel der Verfaſſung, daß jedem, der in irgend einem dieſer Zweige ſich hervorthut, zugemuthet werde, die andern darin unterrichten zu helfen, und mancherlei Aufſich¬ ten, und Verantwortlichkeiten zu uͤbernehmen; jedem, der irgend eine Verbeſſerung findet, oder die von einem Lehrer vorgeſchlagene zuerſt, und am klaͤrſten begreift, dieſelbe mit eigner Muͤhe auszufuͤhren, ohne daß er doch darum von ſei¬ nen ohnedies ſich verſtehenden perſoͤnlichen Auf¬ gaben des Lernens und Arbeitens losgeſprochen

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Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/84>, abgerufen am 24.11.2024.