damit sein Sinn für das Ewige einigen Spiel- Raum zur Entwickelung erhalte. Das letzte wird bewiesen durch die Geschichte aller alten Völker, und die mancherlei Beobachtungen und Entdeckungen, die von ihnen auf uns gekom¬ men sind; es wird bewiesen bis auf unsere Tage durch die Beobachtung der noch übri¬ gen wilden Völker, falls nemlich sie von ih¬ rem Klima nur nicht gar zu stiefmütterlich behandelt werden, und durch die unsrer eig¬ nen Kinder; es wird sogar bewiesen durch das freimüthige Geständniß unserer Eiferer gegen Ideale, welche sich beklagen, daß es ein weit verdrießlicheres Geschäft sey, Na¬ men und Jahrszahlen zu lernen, denn auf¬ zufliegen in das, wie es ihnen vorkommt, leere Feld der Ideen, welche sonach selber, wie es scheint, lieber das zweite thäten, wenn sie sichs erlauben dürften, denn das erste. Daß an die Stelle dieses naturgemäßen Leicht¬ sinns der schwere Sinn trete, wo auch dem Gesättigten der künftige Hunger, und die ganzen langen Reihen alles möglichen künf¬ tigen Hungers, als das einzige seine Seele füllende, vorschweben, und ihn immerfort sta¬
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damit ſein Sinn fuͤr das Ewige einigen Spiel- Raum zur Entwickelung erhalte. Das letzte wird bewieſen durch die Geſchichte aller alten Voͤlker, und die mancherlei Beobachtungen und Entdeckungen, die von ihnen auf uns gekom¬ men ſind; es wird bewieſen bis auf unſere Tage durch die Beobachtung der noch uͤbri¬ gen wilden Voͤlker, falls nemlich ſie von ih¬ rem Klima nur nicht gar zu ſtiefmuͤtterlich behandelt werden, und durch die unſrer eig¬ nen Kinder; es wird ſogar bewieſen durch das freimuͤthige Geſtaͤndniß unſerer Eiferer gegen Ideale, welche ſich beklagen, daß es ein weit verdrießlicheres Geſchaͤft ſey, Na¬ men und Jahrszahlen zu lernen, denn auf¬ zufliegen in das, wie es ihnen vorkommt, leere Feld der Ideen, welche ſonach ſelber, wie es ſcheint, lieber das zweite thaͤten, wenn ſie ſichs erlauben duͤrften, denn das erſte. Daß an die Stelle dieſes naturgemaͤßen Leicht¬ ſinns der ſchwere Sinn trete, wo auch dem Geſaͤttigten der kuͤnftige Hunger, und die ganzen langen Reihen alles moͤglichen kuͤnf¬ tigen Hungers, als das einzige ſeine Seele fuͤllende, vorſchweben, und ihn immerfort ſta¬
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damit ſein Sinn fuͤr das Ewige einigen Spiel-
Raum zur Entwickelung erhalte. Das letzte
wird bewieſen durch die Geſchichte aller alten
Voͤlker, und die mancherlei Beobachtungen und
Entdeckungen, die von ihnen auf uns gekom¬
men ſind; es wird bewieſen bis auf unſere
Tage durch die Beobachtung der noch uͤbri¬
gen wilden Voͤlker, falls nemlich ſie von ih¬
rem Klima nur nicht gar zu ſtiefmuͤtterlich
behandelt werden, und durch die unſrer eig¬
nen Kinder; es wird ſogar bewieſen durch
das freimuͤthige Geſtaͤndniß unſerer Eiferer
gegen Ideale, welche ſich beklagen, daß es
ein weit verdrießlicheres Geſchaͤft ſey, Na¬
men und Jahrszahlen zu lernen, denn auf¬
zufliegen in das, wie es ihnen vorkommt,
leere Feld der Ideen, welche ſonach ſelber,
wie es ſcheint, lieber das zweite thaͤten, wenn
ſie ſichs erlauben duͤrften, denn das erſte.
Daß an die Stelle dieſes naturgemaͤßen Leicht¬
ſinns der ſchwere Sinn trete, wo auch dem
Geſaͤttigten der kuͤnftige Hunger, und die
ganzen langen Reihen alles moͤglichen kuͤnf¬
tigen Hungers, als das einzige ſeine Seele
fuͤllende, vorſchweben, und ihn immerfort ſta¬
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/70>, abgerufen am 27.11.2024.
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