Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

gewissen Zustand der Dinge, der in der Wirk¬
lichkeit nicht vorhanden ist, hervorzubringen
in derselben, sezt voraus ein Bild dieses Zu¬
standes, das vor dem wirklichen Seyn dessel¬
ben vorher dem Geiste vorschwebt, und jenes
zur Ausführung treibende Wohlgefallen auf
sich ziehet. Somit sezt dieses Wohlgefallen
in der Person, die von ihm ergriffen wer¬
den soll, voraus, das Vermögen, selbstthätig
dergleichen Bilder, die unabhängig seyen von
der Wirklichkeit, und keinesweges Nachbilder
derselben, sondern vielmehr Vorbilder, zu ent¬
werfen. Ich habe jetzt zu allernächst von
diesem Vermögen zu sprechen, und ich bitte,
während dieser Betrachtung ja nicht zu ver¬
gessen, daß ein durch dieses Vermögen her¬
vorgebrachtes Bild eben als bloßes Bild,
und als dasjenige, worin wir unsre bildende
Kraft fühlen, gefallen könne, ohne doch dar¬
um genommen zu werden als Vorbild einer
Wirklichkeit, und ohne in dem Grade zu ge¬
fallen, daß es zur Ausführung treibe; daß
dies letztere ein ganz anderes, und unser
eigentlicher Zweck ist, von dem wir später zu
reden nicht unterlassen werden, jenes nächste

gewiſſen Zuſtand der Dinge, der in der Wirk¬
lichkeit nicht vorhanden iſt, hervorzubringen
in derſelben, ſezt voraus ein Bild dieſes Zu¬
ſtandes, das vor dem wirklichen Seyn deſſel¬
ben vorher dem Geiſte vorſchwebt, und jenes
zur Ausfuͤhrung treibende Wohlgefallen auf
ſich ziehet. Somit ſezt dieſes Wohlgefallen
in der Perſon, die von ihm ergriffen wer¬
den ſoll, voraus, das Vermoͤgen, ſelbſtthaͤtig
dergleichen Bilder, die unabhaͤngig ſeyen von
der Wirklichkeit, und keinesweges Nachbilder
derſelben, ſondern vielmehr Vorbilder, zu ent¬
werfen. Ich habe jetzt zu allernaͤchſt von
dieſem Vermoͤgen zu ſprechen, und ich bitte,
waͤhrend dieſer Betrachtung ja nicht zu ver¬
geſſen, daß ein durch dieſes Vermoͤgen her¬
vorgebrachtes Bild eben als bloßes Bild,
und als dasjenige, worin wir unſre bildende
Kraft fuͤhlen, gefallen koͤnne, ohne doch dar¬
um genommen zu werden als Vorbild einer
Wirklichkeit, und ohne in dem Grade zu ge¬
fallen, daß es zur Ausfuͤhrung treibe; daß
dies letztere ein ganz anderes, und unſer
eigentlicher Zweck iſt, von dem wir ſpaͤter zu
reden nicht unterlaſſen werden, jenes naͤchſte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0064" n="58"/>
gewi&#x017F;&#x017F;en Zu&#x017F;tand der Dinge, der in der Wirk¬<lb/>
lichkeit nicht vorhanden i&#x017F;t, hervorzubringen<lb/>
in der&#x017F;elben, &#x017F;ezt voraus ein Bild die&#x017F;es Zu¬<lb/>
&#x017F;tandes, das vor dem wirklichen Seyn de&#x017F;&#x017F;el¬<lb/>
ben vorher dem Gei&#x017F;te vor&#x017F;chwebt, und jenes<lb/>
zur Ausfu&#x0364;hrung treibende Wohlgefallen auf<lb/>
&#x017F;ich ziehet. Somit &#x017F;ezt die&#x017F;es Wohlgefallen<lb/>
in der Per&#x017F;on, die von ihm ergriffen wer¬<lb/>
den &#x017F;oll, voraus, das Vermo&#x0364;gen, &#x017F;elb&#x017F;ttha&#x0364;tig<lb/>
dergleichen Bilder, die unabha&#x0364;ngig &#x017F;eyen von<lb/>
der Wirklichkeit, und keinesweges Nachbilder<lb/>
der&#x017F;elben, &#x017F;ondern vielmehr Vorbilder, zu ent¬<lb/>
werfen. Ich habe jetzt zu allerna&#x0364;ch&#x017F;t von<lb/>
die&#x017F;em Vermo&#x0364;gen zu &#x017F;prechen, und ich bitte,<lb/>
wa&#x0364;hrend die&#x017F;er Betrachtung ja nicht zu ver¬<lb/>
ge&#x017F;&#x017F;en, daß ein durch die&#x017F;es Vermo&#x0364;gen her¬<lb/>
vorgebrachtes Bild eben als bloßes Bild,<lb/>
und als dasjenige, worin wir un&#x017F;re bildende<lb/>
Kraft fu&#x0364;hlen, gefallen ko&#x0364;nne, ohne doch dar¬<lb/>
um genommen zu werden als Vorbild einer<lb/>
Wirklichkeit, und ohne in dem Grade zu ge¬<lb/>
fallen, daß es zur Ausfu&#x0364;hrung treibe; daß<lb/>
dies letztere ein ganz anderes, und un&#x017F;er<lb/>
eigentlicher Zweck i&#x017F;t, von dem wir &#x017F;pa&#x0364;ter zu<lb/>
reden nicht unterla&#x017F;&#x017F;en werden, jenes na&#x0364;ch&#x017F;te<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0064] gewiſſen Zuſtand der Dinge, der in der Wirk¬ lichkeit nicht vorhanden iſt, hervorzubringen in derſelben, ſezt voraus ein Bild dieſes Zu¬ ſtandes, das vor dem wirklichen Seyn deſſel¬ ben vorher dem Geiſte vorſchwebt, und jenes zur Ausfuͤhrung treibende Wohlgefallen auf ſich ziehet. Somit ſezt dieſes Wohlgefallen in der Perſon, die von ihm ergriffen wer¬ den ſoll, voraus, das Vermoͤgen, ſelbſtthaͤtig dergleichen Bilder, die unabhaͤngig ſeyen von der Wirklichkeit, und keinesweges Nachbilder derſelben, ſondern vielmehr Vorbilder, zu ent¬ werfen. Ich habe jetzt zu allernaͤchſt von dieſem Vermoͤgen zu ſprechen, und ich bitte, waͤhrend dieſer Betrachtung ja nicht zu ver¬ geſſen, daß ein durch dieſes Vermoͤgen her¬ vorgebrachtes Bild eben als bloßes Bild, und als dasjenige, worin wir unſre bildende Kraft fuͤhlen, gefallen koͤnne, ohne doch dar¬ um genommen zu werden als Vorbild einer Wirklichkeit, und ohne in dem Grade zu ge¬ fallen, daß es zur Ausfuͤhrung treibe; daß dies letztere ein ganz anderes, und unſer eigentlicher Zweck iſt, von dem wir ſpaͤter zu reden nicht unterlaſſen werden, jenes naͤchſte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/64
Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/64>, abgerufen am 02.05.2024.