Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

Weisheit retten könnte, so würde sie uns ja
früher gerettet haben, denn ihr seyd es ja, die
uns bisher berathen haben. Dies ist nun,
so wie alles andere, vergeben, und soll euch
nicht weiter vorgerückt werden. Lernt nur
endlich einmal euch selbst erkennen, und schwei¬
get.

Diese Reden beschwören euch Geschäfts¬
männer. Mit wenigen Ausnahmen waret
ihr bisher dem abgezogenen Denken und aller
Wissenschaft, die für sich selbst etwas zu seyn
begehrte, von Herzen feind, obwohl ihr euch die
Miene gabet, als ob ihr dieses alles nur vor¬
nehm verachtetet; ihr hieltet die Männer, die
dergleichen trieben, und ihre Vorschläge, so weit
von euch weg, als ihr irgend konntet; und der
Vorwurf des Wahnsinnes, oder der Rath,
sie ins Tollhaus zu schiken, war der Dank,
auf den sie bei euch am gewöhnlichsten rechnen
konnten. Diese hinwiederum getrauten sich
zwar nicht über euch mit derselben Freimü¬
thigkeit sich zu äussern, weil sie von euch ab¬
hingen, aber ihres innern Herzens wahrhafte
Meinung war die, daß ihr mit wenigen Aus¬

Weisheit retten koͤnnte, ſo wuͤrde ſie uns ja
fruͤher gerettet haben, denn ihr ſeyd es ja, die
uns bisher berathen haben. Dies iſt nun,
ſo wie alles andere, vergeben, und ſoll euch
nicht weiter vorgeruͤckt werden. Lernt nur
endlich einmal euch ſelbſt erkennen, und ſchwei¬
get.

Dieſe Reden beſchwoͤren euch Geſchaͤfts¬
maͤnner. Mit wenigen Ausnahmen waret
ihr bisher dem abgezogenen Denken und aller
Wiſſenſchaft, die fuͤr ſich ſelbſt etwas zu ſeyn
begehrte, von Herzen feind, obwohl ihr euch die
Miene gabet, als ob ihr dieſes alles nur vor¬
nehm verachtetet; ihr hieltet die Maͤnner, die
dergleichen trieben, und ihre Vorſchlaͤge, ſo weit
von euch weg, als ihr irgend konntet; und der
Vorwurf des Wahnſinnes, oder der Rath,
ſie ins Tollhaus zu ſchiken, war der Dank,
auf den ſie bei euch am gewoͤhnlichſten rechnen
konnten. Dieſe hinwiederum getrauten ſich
zwar nicht uͤber euch mit derſelben Freimuͤ¬
thigkeit ſich zu aͤuſſern, weil ſie von euch ab¬
hingen, aber ihres innern Herzens wahrhafte
Meinung war die, daß ihr mit wenigen Aus¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0479" n="473"/>
Weisheit retten ko&#x0364;nnte, &#x017F;o wu&#x0364;rde &#x017F;ie uns ja<lb/>
fru&#x0364;her gerettet haben, denn ihr &#x017F;eyd es ja, die<lb/>
uns bisher berathen haben. Dies i&#x017F;t nun,<lb/>
&#x017F;o wie alles andere, vergeben, und &#x017F;oll euch<lb/>
nicht weiter vorgeru&#x0364;ckt werden. Lernt nur<lb/>
endlich einmal euch &#x017F;elb&#x017F;t erkennen, und &#x017F;chwei¬<lb/>
get.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;e Reden be&#x017F;chwo&#x0364;ren euch Ge&#x017F;cha&#x0364;fts¬<lb/>
ma&#x0364;nner. Mit wenigen Ausnahmen waret<lb/>
ihr bisher dem abgezogenen Denken und aller<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft, die fu&#x0364;r &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t etwas zu &#x017F;eyn<lb/>
begehrte, von Herzen feind, obwohl ihr euch die<lb/>
Miene gabet, als ob ihr die&#x017F;es alles nur vor¬<lb/>
nehm verachtetet; ihr hieltet die Ma&#x0364;nner, die<lb/>
dergleichen trieben, und ihre Vor&#x017F;chla&#x0364;ge, &#x017F;o weit<lb/>
von euch weg, als ihr irgend konntet; und der<lb/>
Vorwurf des Wahn&#x017F;innes, oder der Rath,<lb/>
&#x017F;ie ins Tollhaus zu &#x017F;chiken, war der Dank,<lb/>
auf den &#x017F;ie bei euch am gewo&#x0364;hnlich&#x017F;ten rechnen<lb/>
konnten. Die&#x017F;e hinwiederum getrauten &#x017F;ich<lb/>
zwar nicht u&#x0364;ber euch mit der&#x017F;elben Freimu&#x0364;¬<lb/>
thigkeit &#x017F;ich zu a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ern, weil &#x017F;ie von euch ab¬<lb/>
hingen, aber ihres innern Herzens wahrhafte<lb/>
Meinung war die, daß ihr mit wenigen Aus¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[473/0479] Weisheit retten koͤnnte, ſo wuͤrde ſie uns ja fruͤher gerettet haben, denn ihr ſeyd es ja, die uns bisher berathen haben. Dies iſt nun, ſo wie alles andere, vergeben, und ſoll euch nicht weiter vorgeruͤckt werden. Lernt nur endlich einmal euch ſelbſt erkennen, und ſchwei¬ get. Dieſe Reden beſchwoͤren euch Geſchaͤfts¬ maͤnner. Mit wenigen Ausnahmen waret ihr bisher dem abgezogenen Denken und aller Wiſſenſchaft, die fuͤr ſich ſelbſt etwas zu ſeyn begehrte, von Herzen feind, obwohl ihr euch die Miene gabet, als ob ihr dieſes alles nur vor¬ nehm verachtetet; ihr hieltet die Maͤnner, die dergleichen trieben, und ihre Vorſchlaͤge, ſo weit von euch weg, als ihr irgend konntet; und der Vorwurf des Wahnſinnes, oder der Rath, ſie ins Tollhaus zu ſchiken, war der Dank, auf den ſie bei euch am gewoͤhnlichſten rechnen konnten. Dieſe hinwiederum getrauten ſich zwar nicht uͤber euch mit derſelben Freimuͤ¬ thigkeit ſich zu aͤuſſern, weil ſie von euch ab¬ hingen, aber ihres innern Herzens wahrhafte Meinung war die, daß ihr mit wenigen Aus¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/479
Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/479>, abgerufen am 16.07.2024.