unserm Gemüthe, zum Vorbilde, zur Weissa¬ gung, zum Bürgen desjenigen, was nach uns Wirklichkeit werden wird. Lassen wir nur nicht mit unserm Körper zugleich auch unsern Geist niedergebeugt und unterworfen, und in die Gefangenschaft gebracht werden!
Fragt man mich, wie dies zu erreichen sey, so ist darauf die einzige alles in sich fassende Antwort diese: wir müssen eben zur Stelle werden, was wir ohnedies seyn sollten, Deut¬ sche. Wir sollen unsern Geist nicht unterwer¬ fen: so müssen wir eben vor allen Dingen ei¬ nen Geist uns anschaffen, und einen festen und gewissen Geist; wir müssen ernst werden in allen Dingen, und nicht fortfahren bloß leichtsinni¬ ger Weise und nur zum Scherze dazuseyn; wir müssen uns haltbare und unerschütterliche Grundsätze bilden, die allem unsern übrigen Denken, und unserm Handeln zur festen Richtschnur dienen, Leben und Denken muß bei uns aus einem Stücke seyn, und ein sich durchdringendes und gediegenes Ganzes; wir müssen in beiden der Natur und der Wahrheit gemäß werden, und die fremden Kunststücke von uns werfen; wir müssen, um es mit ei¬
unſerm Gemuͤthe, zum Vorbilde, zur Weiſſa¬ gung, zum Buͤrgen desjenigen, was nach uns Wirklichkeit werden wird. Laſſen wir nur nicht mit unſerm Koͤrper zugleich auch unſern Geiſt niedergebeugt und unterworfen, und in die Gefangenſchaft gebracht werden!
Fragt man mich, wie dies zu erreichen ſey, ſo iſt darauf die einzige alles in ſich faſſende Antwort dieſe: wir muͤſſen eben zur Stelle werden, was wir ohnedies ſeyn ſollten, Deut¬ ſche. Wir ſollen unſern Geiſt nicht unterwer¬ fen: ſo muͤſſen wir eben vor allen Dingen ei¬ nen Geiſt uns anſchaffen, und einen feſten und gewiſſen Geiſt; wir muͤſſen ernſt werden in allen Dingen, und nicht fortfahren bloß leichtſinni¬ ger Weiſe und nur zum Scherze dazuſeyn; wir muͤſſen uns haltbare und unerſchuͤtterliche Grundſaͤtze bilden, die allem unſern uͤbrigen Denken, und unſerm Handeln zur feſten Richtſchnur dienen, Leben und Denken muß bei uns aus einem Stuͤcke ſeyn, und ein ſich durchdringendes und gediegenes Ganzes; wir muͤſſen in beiden der Natur und der Wahrheit gemaͤß werden, und die fremden Kunſtſtuͤcke von uns werfen; wir muͤſſen, um es mit ei¬
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unſerm Gemuͤthe, zum Vorbilde, zur Weiſſa¬
gung, zum Buͤrgen desjenigen, was nach uns
Wirklichkeit werden wird. Laſſen wir nur
nicht mit unſerm Koͤrper zugleich auch unſern
Geiſt niedergebeugt und unterworfen, und in
die Gefangenſchaft gebracht werden!
Fragt man mich, wie dies zu erreichen ſey,
ſo iſt darauf die einzige alles in ſich faſſende
Antwort dieſe: wir muͤſſen eben zur Stelle
werden, was wir ohnedies ſeyn ſollten, Deut¬
ſche. Wir ſollen unſern Geiſt nicht unterwer¬
fen: ſo muͤſſen wir eben vor allen Dingen ei¬
nen Geiſt uns anſchaffen, und einen feſten und
gewiſſen Geiſt; wir muͤſſen ernſt werden in allen
Dingen, und nicht fortfahren bloß leichtſinni¬
ger Weiſe und nur zum Scherze dazuſeyn; wir
muͤſſen uns haltbare und unerſchuͤtterliche
Grundſaͤtze bilden, die allem unſern uͤbrigen
Denken, und unſerm Handeln zur feſten
Richtſchnur dienen, Leben und Denken muß
bei uns aus einem Stuͤcke ſeyn, und ein ſich
durchdringendes und gediegenes Ganzes; wir
muͤſſen in beiden der Natur und der Wahrheit
gemaͤß werden, und die fremden Kunſtſtuͤcke
von uns werfen; wir muͤſſen, um es mit ei¬
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/387>, abgerufen am 24.11.2024.
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