selben von selbst sich ergeben, und aus ihm natürlich hervorwachsen. Diese Zeit bedarf unserer Vorschriften so wenig, daß wir viel¬ mehr von derselben zu lernen haben würden.
Da inzwischen dieses Geschlecht noch nicht gegenwärtig ist, sondern erst herauferzogen werden soll, und, wenn auch alles über unser Erwarten trefflich gehen sollte, wir dennoch eines beträchtlichen Zwischenraums bedürfen werden, um in jene Zeit hinüber zu kommen, so entsteht die näherliegende Frage, wie sollen wir uns auch nur durch diesen Zwischenraum hindurch bringen? Wie sollen wir, da wir nichts besseres können, uns erhalten, wenig¬ stens als den Boden, auf dem die Verbesse¬ rung vorgehen, und als den Ausgangspunkt an welchen dieselbe sich anknüpfen könne? Wie sollen wir verhindern, daß, wenn einst das also gebildete Geschlecht aus seiner Absonderung hervor unter uns träte, es nicht an uns eine Wirklichkeit vor sich finde, die nicht die min¬ deste Verwandschaft habe zu der Ordnung der Dinge, welche es als das rechte begriffen, und in welcher niemand dasselbe verstehe, oder den mindesten Wunsch und Bedürfniß einer
ſelben von ſelbſt ſich ergeben, und aus ihm natuͤrlich hervorwachſen. Dieſe Zeit bedarf unſerer Vorſchriften ſo wenig, daß wir viel¬ mehr von derſelben zu lernen haben wuͤrden.
Da inzwiſchen dieſes Geſchlecht noch nicht gegenwaͤrtig iſt, ſondern erſt herauferzogen werden ſoll, und, wenn auch alles uͤber unſer Erwarten trefflich gehen ſollte, wir dennoch eines betraͤchtlichen Zwiſchenraums beduͤrfen werden, um in jene Zeit hinuͤber zu kommen, ſo entſteht die naͤherliegende Frage, wie ſollen wir uns auch nur durch dieſen Zwiſchenraum hindurch bringen? Wie ſollen wir, da wir nichts beſſeres koͤnnen, uns erhalten, wenig¬ ſtens als den Boden, auf dem die Verbeſſe¬ rung vorgehen, und als den Ausgangspunkt an welchen dieſelbe ſich anknuͤpfen koͤnne? Wie ſollen wir verhindern, daß, wenn einſt das alſo gebildete Geſchlecht aus ſeiner Abſonderung hervor unter uns traͤte, es nicht an uns eine Wirklichkeit vor ſich finde, die nicht die min¬ deſte Verwandſchaft habe zu der Ordnung der Dinge, welche es als das rechte begriffen, und in welcher niemand daſſelbe verſtehe, oder den mindeſten Wunſch und Beduͤrfniß einer
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ſelben von ſelbſt ſich ergeben, und aus ihm
natuͤrlich hervorwachſen. Dieſe Zeit bedarf
unſerer Vorſchriften ſo wenig, daß wir viel¬
mehr von derſelben zu lernen haben wuͤrden.
Da inzwiſchen dieſes Geſchlecht noch nicht
gegenwaͤrtig iſt, ſondern erſt herauferzogen
werden ſoll, und, wenn auch alles uͤber unſer
Erwarten trefflich gehen ſollte, wir dennoch
eines betraͤchtlichen Zwiſchenraums beduͤrfen
werden, um in jene Zeit hinuͤber zu kommen,
ſo entſteht die naͤherliegende Frage, wie ſollen
wir uns auch nur durch dieſen Zwiſchenraum
hindurch bringen? Wie ſollen wir, da wir
nichts beſſeres koͤnnen, uns erhalten, wenig¬
ſtens als den Boden, auf dem die Verbeſſe¬
rung vorgehen, und als den Ausgangspunkt
an welchen dieſelbe ſich anknuͤpfen koͤnne? Wie
ſollen wir verhindern, daß, wenn einſt das alſo
gebildete Geſchlecht aus ſeiner Abſonderung
hervor unter uns traͤte, es nicht an uns eine
Wirklichkeit vor ſich finde, die nicht die min¬
deſte Verwandſchaft habe zu der Ordnung der
Dinge, welche es als das rechte begriffen,
und in welcher niemand daſſelbe verſtehe, oder
den mindeſten Wunſch und Beduͤrfniß einer
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/384>, abgerufen am 24.11.2024.
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