gen, welche zu ihrer Zufriedenheit des Beifalls der Umgebung bedurften, und nichts rechtes geleistet zu haben glaubten, als wenn sie dieser gefielen. Ihnen hat man entgegengesezt, als starke und kräftige Charaktere, die wenigen, die über fremdes Urtheil sich zu erheben, und sich selbst zu genügen vermochten, und hat diese in der Regel gehaßt, indeß man jene zwar nicht achtete, aber dennoch sie liebenswürdig fand.
Die Grundlage aller sittlichen Erziehung ist es, daß man wisse, es sey ein solcher Trieb im Kinde, und ihn festiglich voraussetze, so¬ dann, daß man ihn in seiner Erscheinung er¬ kenne, und ihn durch zwekmäßige Aufregung, und durch Darreichung eines Stoffs, woran er sich befriedige, allmählich immer mehr entwikle. Die allererste Regel, daß man ihn auf den ihm allein angemessenen Gegenstand richte, auf das sittliche, keinesweges aber etwa in einem ihm fremdartigen Stoffe ihn abfinde. Das Lernen z.B. führt seinen Reiz, und seine Belohnung in sich selber; höchstens könnte angestrengter Fleiß, als eine Uebung der Selbstüberwindung, Bei¬ fall verdienen; aber dieser freie, und über die
gen, welche zu ihrer Zufriedenheit des Beifalls der Umgebung bedurften, und nichts rechtes geleiſtet zu haben glaubten, als wenn ſie dieſer gefielen. Ihnen hat man entgegengeſezt, als ſtarke und kraͤftige Charaktere, die wenigen, die uͤber fremdes Urtheil ſich zu erheben, und ſich ſelbſt zu genuͤgen vermochten, und hat dieſe in der Regel gehaßt, indeß man jene zwar nicht achtete, aber dennoch ſie liebenswuͤrdig fand.
Die Grundlage aller ſittlichen Erziehung iſt es, daß man wiſſe, es ſey ein ſolcher Trieb im Kinde, und ihn feſtiglich vorausſetze, ſo¬ dann, daß man ihn in ſeiner Erſcheinung er¬ kenne, und ihn durch zwekmaͤßige Aufregung, und durch Darreichung eines Stoffs, woran er ſich befriedige, allmaͤhlich immer mehr entwikle. Die allererſte Regel, daß man ihn auf den ihm allein angemeſſenen Gegenſtand richte, auf das ſittliche, keinesweges aber etwa in einem ihm fremdartigen Stoffe ihn abfinde. Das Lernen z.B. fuͤhrt ſeinen Reiz, und ſeine Belohnung in ſich ſelber; hoͤchſtens koͤnnte angeſtrengter Fleiß, als eine Uebung der Selbſtuͤberwindung, Bei¬ fall verdienen; aber dieſer freie, und uͤber die
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gen, welche zu ihrer Zufriedenheit des Beifalls
der Umgebung bedurften, und nichts rechtes
geleiſtet zu haben glaubten, als wenn ſie dieſer
gefielen. Ihnen hat man entgegengeſezt, als
ſtarke und kraͤftige Charaktere, die wenigen,
die uͤber fremdes Urtheil ſich zu erheben, und
ſich ſelbſt zu genuͤgen vermochten, und hat dieſe
in der Regel gehaßt, indeß man jene zwar
nicht achtete, aber dennoch ſie liebenswuͤrdig
fand.
Die Grundlage aller ſittlichen Erziehung
iſt es, daß man wiſſe, es ſey ein ſolcher Trieb
im Kinde, und ihn feſtiglich vorausſetze, ſo¬
dann, daß man ihn in ſeiner Erſcheinung er¬
kenne, und ihn durch zwekmaͤßige Aufregung,
und durch Darreichung eines Stoffs, woran er
ſich befriedige, allmaͤhlich immer mehr entwikle.
Die allererſte Regel, daß man ihn auf den ihm
allein angemeſſenen Gegenſtand richte, auf das
ſittliche, keinesweges aber etwa in einem ihm
fremdartigen Stoffe ihn abfinde. Das Lernen
z.B. fuͤhrt ſeinen Reiz, und ſeine Belohnung in
ſich ſelber; hoͤchſtens koͤnnte angeſtrengter Fleiß,
als eine Uebung der Selbſtuͤberwindung, Bei¬
fall verdienen; aber dieſer freie, und uͤber die
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/328>, abgerufen am 23.11.2024.
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