denn Deutsche, weil sie halbe Römer werden müßten. Es verstehe sich von selbst, sezten sie voraus, daß jeder, ehe er dies werde, lieber sterbe, und daß ein wahrhafter Deutscher nur könne leben wollen, um eben Deutscher zu seyn, und zu bleiben, und die seinigen zu eben solchen zu bilden.
Sie sind nicht alle gestorben, sie haben die Sklaverei nicht gesehen, sie haben die Freiheit hinterlassen ihren Kindern. Ihrem beharr¬ lichen Widerstande verdankt es die ganze neue Welt, daß sie da ist, so wie sie da ist. Wäre es den Römern gelungen, auch sie zu unter¬ jochen, und, wie dies der Römer allenthalben that, sie als Nation auszurotten, so hätte die ganze Fortentwiklung der Menschheit eine an¬ dere, und man kann nicht glauben erfreulichere Richtung genommen. Ihnen verdanken wir, die nächsten Erben ihres Bodens, ihrer Sprache, und ihrer Gesinnung, daß wir noch Deutsche sind, daß der Strom ursprünglichen und selbst¬ ständigen Lebens uns noch trägt, ihnen verdan¬ ken wir alles, was wir seitdem als Nation ge¬ wesen sind, ihnen, falls es nicht etwa jetzo mit
denn Deutſche, weil ſie halbe Roͤmer werden muͤßten. Es verſtehe ſich von ſelbſt, ſezten ſie voraus, daß jeder, ehe er dies werde, lieber ſterbe, und daß ein wahrhafter Deutſcher nur koͤnne leben wollen, um eben Deutſcher zu ſeyn, und zu bleiben, und die ſeinigen zu eben ſolchen zu bilden.
Sie ſind nicht alle geſtorben, ſie haben die Sklaverei nicht geſehen, ſie haben die Freiheit hinterlaſſen ihren Kindern. Ihrem beharr¬ lichen Widerſtande verdankt es die ganze neue Welt, daß ſie da iſt, ſo wie ſie da iſt. Waͤre es den Roͤmern gelungen, auch ſie zu unter¬ jochen, und, wie dies der Roͤmer allenthalben that, ſie als Nation auszurotten, ſo haͤtte die ganze Fortentwiklung der Menſchheit eine an¬ dere, und man kann nicht glauben erfreulichere Richtung genommen. Ihnen verdanken wir, die naͤchſten Erben ihres Bodens, ihrer Sprache, und ihrer Geſinnung, daß wir noch Deutſche ſind, daß der Strom urſpruͤnglichen und ſelbſt¬ ſtaͤndigen Lebens uns noch traͤgt, ihnen verdan¬ ken wir alles, was wir ſeitdem als Nation ge¬ weſen ſind, ihnen, falls es nicht etwa jetzo mit
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denn Deutſche, weil ſie halbe Roͤmer werden
muͤßten. Es verſtehe ſich von ſelbſt, ſezten
ſie voraus, daß jeder, ehe er dies werde, lieber
ſterbe, und daß ein wahrhafter Deutſcher nur
koͤnne leben wollen, um eben Deutſcher zu ſeyn,
und zu bleiben, und die ſeinigen zu eben
ſolchen zu bilden.
Sie ſind nicht alle geſtorben, ſie haben die
Sklaverei nicht geſehen, ſie haben die Freiheit
hinterlaſſen ihren Kindern. Ihrem beharr¬
lichen Widerſtande verdankt es die ganze neue
Welt, daß ſie da iſt, ſo wie ſie da iſt. Waͤre
es den Roͤmern gelungen, auch ſie zu unter¬
jochen, und, wie dies der Roͤmer allenthalben
that, ſie als Nation auszurotten, ſo haͤtte die
ganze Fortentwiklung der Menſchheit eine an¬
dere, und man kann nicht glauben erfreulichere
Richtung genommen. Ihnen verdanken wir,
die naͤchſten Erben ihres Bodens, ihrer Sprache,
und ihrer Geſinnung, daß wir noch Deutſche
ſind, daß der Strom urſpruͤnglichen und ſelbſt¬
ſtaͤndigen Lebens uns noch traͤgt, ihnen verdan¬
ken wir alles, was wir ſeitdem als Nation ge¬
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/274>, abgerufen am 22.11.2024.
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