Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

ihren Glauben werden, wie sie glauben, im
höhern Sinne gar kein Volk sind, und da sie
in der That eigentlich auch nicht da sind, eben
so wenig einen Nationalcharakter zu haben
vermögen.

Der Glaube des edlen Menschen an die
ewige Fortdauer seiner Wirksamkeit auch auf
dieser Erde gründet sich demnach auf die Hof¬
nung der ewigen Fortdauer des Volks, aus
dem er selber sich entwickelt hat, und der Eigen¬
thümlichkeit desselben, nach jenem verborgenen
Gesetze; ohne Einmischung und Verderbung
durch irgend ein fremdes, und in das Ganze
dieser Gesezgebung nicht gehöriges. Diese
Eigenthümlichkeit ist das ewige, dem er die
Ewigkeit seiner selbst und seines Fortwirkens
anvertraut, die ewige Ordnung der Dinge,
in die er sein ewiges legt; ihre Fortdauer muß
er wollen, denn sie allein ist ihm das entbin¬
dende Mittel, wodurch die kurze Spanne seines
Lebens hienieden zu fortdauerndem Leben hie¬
nieden ausgedehnt wird. Sein Glaube, und
sein Streben, unvergängliches zu pflanzen,
sein Begriff, in welchem er sein eignes Leben
als ein ewiges Leben erfaßt, ist das Band,

ihren Glauben werden, wie ſie glauben, im
hoͤhern Sinne gar kein Volk ſind, und da ſie
in der That eigentlich auch nicht da ſind, eben
ſo wenig einen Nationalcharakter zu haben
vermoͤgen.

Der Glaube des edlen Menſchen an die
ewige Fortdauer ſeiner Wirkſamkeit auch auf
dieſer Erde gruͤndet ſich demnach auf die Hof¬
nung der ewigen Fortdauer des Volks, aus
dem er ſelber ſich entwickelt hat, und der Eigen¬
thuͤmlichkeit deſſelben, nach jenem verborgenen
Geſetze; ohne Einmiſchung und Verderbung
durch irgend ein fremdes, und in das Ganze
dieſer Geſezgebung nicht gehoͤriges. Dieſe
Eigenthuͤmlichkeit iſt das ewige, dem er die
Ewigkeit ſeiner ſelbſt und ſeines Fortwirkens
anvertraut, die ewige Ordnung der Dinge,
in die er ſein ewiges legt; ihre Fortdauer muß
er wollen, denn ſie allein iſt ihm das entbin¬
dende Mittel, wodurch die kurze Spanne ſeines
Lebens hienieden zu fortdauerndem Leben hie¬
nieden ausgedehnt wird. Sein Glaube, und
ſein Streben, unvergaͤngliches zu pflanzen,
ſein Begriff, in welchem er ſein eignes Leben
als ein ewiges Leben erfaßt, iſt das Band,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0259" n="253"/>
ihren Glauben werden, wie &#x017F;ie glauben, im<lb/>
ho&#x0364;hern Sinne gar kein Volk &#x017F;ind, und da &#x017F;ie<lb/>
in der That eigentlich auch nicht da &#x017F;ind, eben<lb/>
&#x017F;o wenig einen Nationalcharakter zu haben<lb/>
vermo&#x0364;gen.</p><lb/>
        <p>Der Glaube des edlen Men&#x017F;chen an die<lb/>
ewige Fortdauer &#x017F;einer Wirk&#x017F;amkeit auch auf<lb/>
die&#x017F;er Erde gru&#x0364;ndet &#x017F;ich demnach auf die Hof¬<lb/>
nung der ewigen Fortdauer des Volks, aus<lb/>
dem er &#x017F;elber &#x017F;ich entwickelt hat, und der Eigen¬<lb/>
thu&#x0364;mlichkeit de&#x017F;&#x017F;elben, nach jenem verborgenen<lb/>
Ge&#x017F;etze; ohne Einmi&#x017F;chung und Verderbung<lb/>
durch irgend ein fremdes, und in das Ganze<lb/>
die&#x017F;er Ge&#x017F;ezgebung nicht geho&#x0364;riges. Die&#x017F;e<lb/>
Eigenthu&#x0364;mlichkeit i&#x017F;t das ewige, dem er die<lb/>
Ewigkeit &#x017F;einer &#x017F;elb&#x017F;t und &#x017F;eines Fortwirkens<lb/>
anvertraut, die ewige Ordnung der Dinge,<lb/>
in die er &#x017F;ein ewiges legt; ihre Fortdauer muß<lb/>
er wollen, denn &#x017F;ie allein i&#x017F;t ihm das entbin¬<lb/>
dende Mittel, wodurch die kurze Spanne &#x017F;eines<lb/>
Lebens hienieden zu fortdauerndem Leben hie¬<lb/>
nieden ausgedehnt wird. Sein Glaube, und<lb/>
&#x017F;ein Streben, unverga&#x0364;ngliches zu pflanzen,<lb/>
&#x017F;ein Begriff, in welchem er &#x017F;ein eignes Leben<lb/>
als ein ewiges Leben erfaßt, i&#x017F;t das Band,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[253/0259] ihren Glauben werden, wie ſie glauben, im hoͤhern Sinne gar kein Volk ſind, und da ſie in der That eigentlich auch nicht da ſind, eben ſo wenig einen Nationalcharakter zu haben vermoͤgen. Der Glaube des edlen Menſchen an die ewige Fortdauer ſeiner Wirkſamkeit auch auf dieſer Erde gruͤndet ſich demnach auf die Hof¬ nung der ewigen Fortdauer des Volks, aus dem er ſelber ſich entwickelt hat, und der Eigen¬ thuͤmlichkeit deſſelben, nach jenem verborgenen Geſetze; ohne Einmiſchung und Verderbung durch irgend ein fremdes, und in das Ganze dieſer Geſezgebung nicht gehoͤriges. Dieſe Eigenthuͤmlichkeit iſt das ewige, dem er die Ewigkeit ſeiner ſelbſt und ſeines Fortwirkens anvertraut, die ewige Ordnung der Dinge, in die er ſein ewiges legt; ihre Fortdauer muß er wollen, denn ſie allein iſt ihm das entbin¬ dende Mittel, wodurch die kurze Spanne ſeines Lebens hienieden zu fortdauerndem Leben hie¬ nieden ausgedehnt wird. Sein Glaube, und ſein Streben, unvergaͤngliches zu pflanzen, ſein Begriff, in welchem er ſein eignes Leben als ein ewiges Leben erfaßt, iſt das Band,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/259
Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/259>, abgerufen am 17.05.2024.