bend, gelten sollend, was sie könnten, und rechnend, daß mehr als der gebührende Ab¬ zug wohl ohne dies werde gemacht werden, niemals aber ernstlich ermessen, erwogen, oder gemeint. Die Reformation nahm mit deut¬ schem Ernste sie nach ihrem vollen Gewichte; und sie hatte recht, daß man Alles also neh¬ men solle, unrecht, wenn sie glaubte, jene hätten es also genommen, und sie noch an¬ derer Dinge, denn ihrer natürlichen Flachheit und Ungründlichkeit, bezüchtigte. Ueberhaupt ist dies die stets sich gleich bleibende Erschei¬ nung in jedem Streite des deutschen Ernstes gegen das Ausland, ob dieses sich nun außer Landes oder im Lande befinde, daß das lez¬ tere gar nicht begreifen kann, wie man über so gleichgültige Dinge, als Worte und Re¬ densarten sind, ein so großes Wesen erheben möge, und daß sie, aus deutschem Munde es wieder hörend, nicht gesagt haben wollen, was sie doch gesagt haben, und sagen, und immerfort sagen werden, und über Verläum¬ dung, die sie Konsequenzmacherei nennen, klagen, wenn man ihre Aeußerungen in ih¬
bend, gelten ſollend, was ſie koͤnnten, und rechnend, daß mehr als der gebuͤhrende Ab¬ zug wohl ohne dies werde gemacht werden, niemals aber ernſtlich ermeſſen, erwogen, oder gemeint. Die Reformation nahm mit deut¬ ſchem Ernſte ſie nach ihrem vollen Gewichte; und ſie hatte recht, daß man Alles alſo neh¬ men ſolle, unrecht, wenn ſie glaubte, jene haͤtten es alſo genommen, und ſie noch an¬ derer Dinge, denn ihrer natuͤrlichen Flachheit und Ungruͤndlichkeit, bezuͤchtigte. Ueberhaupt iſt dies die ſtets ſich gleich bleibende Erſchei¬ nung in jedem Streite des deutſchen Ernſtes gegen das Ausland, ob dieſes ſich nun außer Landes oder im Lande befinde, daß das lez¬ tere gar nicht begreifen kann, wie man uͤber ſo gleichguͤltige Dinge, als Worte und Re¬ densarten ſind, ein ſo großes Weſen erheben moͤge, und daß ſie, aus deutſchem Munde es wieder hoͤrend, nicht geſagt haben wollen, was ſie doch geſagt haben, und ſagen, und immerfort ſagen werden, und uͤber Verlaͤum¬ dung, die ſie Konſequenzmacherei nennen, klagen, wenn man ihre Aeußerungen in ih¬
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bend, gelten ſollend, was ſie koͤnnten, und
rechnend, daß mehr als der gebuͤhrende Ab¬
zug wohl ohne dies werde gemacht werden,
niemals aber ernſtlich ermeſſen, erwogen, oder
gemeint. Die Reformation nahm mit deut¬
ſchem Ernſte ſie nach ihrem vollen Gewichte;
und ſie hatte recht, daß man Alles alſo neh¬
men ſolle, unrecht, wenn ſie glaubte, jene
haͤtten es alſo genommen, und ſie noch an¬
derer Dinge, denn ihrer natuͤrlichen Flachheit
und Ungruͤndlichkeit, bezuͤchtigte. Ueberhaupt
iſt dies die ſtets ſich gleich bleibende Erſchei¬
nung in jedem Streite des deutſchen Ernſtes
gegen das Ausland, ob dieſes ſich nun außer
Landes oder im Lande befinde, daß das lez¬
tere gar nicht begreifen kann, wie man uͤber
ſo gleichguͤltige Dinge, als Worte und Re¬
densarten ſind, ein ſo großes Weſen erheben
moͤge, und daß ſie, aus deutſchem Munde
es wieder hoͤrend, nicht geſagt haben wollen,
was ſie doch geſagt haben, und ſagen, und
immerfort ſagen werden, und uͤber Verlaͤum¬
dung, die ſie Konſequenzmacherei nennen,
klagen, wenn man ihre Aeußerungen in ih¬
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/196>, abgerufen am 24.11.2024.
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