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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

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die leicht ihm für Philosophie gelten wird, ein
zierliches Gewand weben; dagegen wird der
deutsche Geist neue Schachten eröfnen, und
Licht und Tag einführen in ihre Abgründe,
und Felsmassen von Gedanken schleudern, aus
denen die künftigen Zeitalter sich Wohnungen
erbauen. Der ausländische Genius wird seyn
ein lieblicher Sylphe, der mit leichtem Fluge
über den seinem Boden von selbst entkeimten
Blumen hinschwebt, und sich niederläßt auf
dieselben, ohne sie zu beugen, und ihren er¬
quikenden Thau in sich zieht; oder eine Biene,
die aus denselben Blumen mit geschäftiger
Kunst den Honig sammlet, und ihn in regel¬
mäßig gebauten Zellen zierlich geordnet nieder¬
legt; der deutsche Geist ein Adler, der mit Ge¬
walt seinen gewichtigen Leib emporreißt, und
mit starkem, und vielgeübten Flügel viel Luft
unter sich bringt, um sich näher zu heben der
Sonne, deren Anschauung ihn entzükt.

Um alles bisher Gesagte in Einen Haupt¬
gesichtspunkt zusammenzufassen. In Bezie¬
hung auf die Bildungsgeschichte überhaupt
eines Menschengeschlechts, das historisch in ein
Alterthum und in eine neue Welt zerfallen ist,

die leicht ihm fuͤr Philoſophie gelten wird, ein
zierliches Gewand weben; dagegen wird der
deutſche Geiſt neue Schachten eroͤfnen, und
Licht und Tag einfuͤhren in ihre Abgruͤnde,
und Felsmaſſen von Gedanken ſchleudern, aus
denen die kuͤnftigen Zeitalter ſich Wohnungen
erbauen. Der auslaͤndiſche Genius wird ſeyn
ein lieblicher Sylphe, der mit leichtem Fluge
uͤber den ſeinem Boden von ſelbſt entkeimten
Blumen hinſchwebt, und ſich niederlaͤßt auf
dieſelben, ohne ſie zu beugen, und ihren er¬
quikenden Thau in ſich zieht; oder eine Biene,
die aus denſelben Blumen mit geſchaͤftiger
Kunſt den Honig ſammlet, und ihn in regel¬
maͤßig gebauten Zellen zierlich geordnet nieder¬
legt; der deutſche Geiſt ein Adler, der mit Ge¬
walt ſeinen gewichtigen Leib emporreißt, und
mit ſtarkem, und vielgeuͤbten Fluͤgel viel Luft
unter ſich bringt, um ſich naͤher zu heben der
Sonne, deren Anſchauung ihn entzuͤkt.

Um alles bisher Geſagte in Einen Haupt¬
geſichtspunkt zuſammenzufaſſen. In Bezie¬
hung auf die Bildungsgeſchichte uͤberhaupt
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[168/0174] die leicht ihm fuͤr Philoſophie gelten wird, ein zierliches Gewand weben; dagegen wird der deutſche Geiſt neue Schachten eroͤfnen, und Licht und Tag einfuͤhren in ihre Abgruͤnde, und Felsmaſſen von Gedanken ſchleudern, aus denen die kuͤnftigen Zeitalter ſich Wohnungen erbauen. Der auslaͤndiſche Genius wird ſeyn ein lieblicher Sylphe, der mit leichtem Fluge uͤber den ſeinem Boden von ſelbſt entkeimten Blumen hinſchwebt, und ſich niederlaͤßt auf dieſelben, ohne ſie zu beugen, und ihren er¬ quikenden Thau in ſich zieht; oder eine Biene, die aus denſelben Blumen mit geſchaͤftiger Kunſt den Honig ſammlet, und ihn in regel¬ maͤßig gebauten Zellen zierlich geordnet nieder¬ legt; der deutſche Geiſt ein Adler, der mit Ge¬ walt ſeinen gewichtigen Leib emporreißt, und mit ſtarkem, und vielgeuͤbten Fluͤgel viel Luft unter ſich bringt, um ſich naͤher zu heben der Sonne, deren Anſchauung ihn entzuͤkt. Um alles bisher Geſagte in Einen Haupt¬ geſichtspunkt zuſammenzufaſſen. In Bezie¬ hung auf die Bildungsgeſchichte uͤberhaupt eines Menſchengeſchlechts, das hiſtoriſch in ein Alterthum und in eine neue Welt zerfallen iſt,

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Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/174>, abgerufen am 22.11.2024.