Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

auf die der andern, welche von jenem andern
Stamme angenommen wird, sondern allein
darauf, daß dort eigenes behalten, hier frem¬
des angenommen wird; noch kommt es an auf
die vorige Abstammung derer, die eine ur¬
sprüngliche Sprache fortsprechen, sondern nur
darauf, daß diese Sprache ohne Unterbrechung
fort gesprochen werde, indem weit mehr die
Menschen von der Sprache gebildet werden,
denn die Sprache von den Menschen.

Um die Folgen eines solchen Unterschiedes
in der Völkererzeugung, und die bestimmte
Art des Gegensatzes in den Nationalzügen,
die aus dieser Verschiedenheit nothwendig er¬
folgt, klar zu machen, so weit es hier mög¬
lich, und nöthig ist, muß ich Sie zu einer
Betrachtung über das Wesen der Sprache
überhaupt einladen.

Die Sprache überhaupt, und besonders
die Bezeichnung der Gegenstände in derselben
durch das Lautwerden der Sprachwerkzeuge
hängt keinesweges von willkührlichen Be¬
schlüssen, und Verabredungen ab, sondern es
giebt zuförderst ein Grundgesez, nach welchem
jedweder Begriff in den menschlichen Sprach¬

auf die der andern, welche von jenem andern
Stamme angenommen wird, ſondern allein
darauf, daß dort eigenes behalten, hier frem¬
des angenommen wird; noch kommt es an auf
die vorige Abſtammung derer, die eine ur¬
ſpruͤngliche Sprache fortſprechen, ſondern nur
darauf, daß dieſe Sprache ohne Unterbrechung
fort geſprochen werde, indem weit mehr die
Menſchen von der Sprache gebildet werden,
denn die Sprache von den Menſchen.

Um die Folgen eines ſolchen Unterſchiedes
in der Voͤlkererzeugung, und die beſtimmte
Art des Gegenſatzes in den Nationalzuͤgen,
die aus dieſer Verſchiedenheit nothwendig er¬
folgt, klar zu machen, ſo weit es hier moͤg¬
lich, und noͤthig iſt, muß ich Sie zu einer
Betrachtung uͤber das Weſen der Sprache
uͤberhaupt einladen.

Die Sprache uͤberhaupt, und beſonders
die Bezeichnung der Gegenſtaͤnde in derſelben
durch das Lautwerden der Sprachwerkzeuge
haͤngt keinesweges von willkuͤhrlichen Be¬
ſchluͤſſen, und Verabredungen ab, ſondern es
giebt zufoͤrderſt ein Grundgeſez, nach welchem
jedweder Begriff in den menſchlichen Sprach¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0125" n="119"/>
auf die der andern, welche von jenem andern<lb/>
Stamme angenommen wird, &#x017F;ondern allein<lb/>
darauf, daß dort eigenes behalten, hier frem¬<lb/>
des angenommen wird; noch kommt es an auf<lb/>
die vorige Ab&#x017F;tammung derer, die eine ur¬<lb/>
&#x017F;pru&#x0364;ngliche Sprache fort&#x017F;prechen, &#x017F;ondern nur<lb/>
darauf, daß die&#x017F;e Sprache ohne Unterbrechung<lb/>
fort ge&#x017F;prochen werde, indem weit mehr die<lb/>
Men&#x017F;chen von der Sprache gebildet werden,<lb/>
denn die Sprache von den Men&#x017F;chen.</p><lb/>
        <p>Um die Folgen eines &#x017F;olchen Unter&#x017F;chiedes<lb/>
in der Vo&#x0364;lkererzeugung, und die be&#x017F;timmte<lb/>
Art des Gegen&#x017F;atzes in den Nationalzu&#x0364;gen,<lb/>
die aus die&#x017F;er Ver&#x017F;chiedenheit nothwendig er¬<lb/>
folgt, klar zu machen, &#x017F;o weit es hier mo&#x0364;<lb/>
lich, und no&#x0364;thig i&#x017F;t, muß ich Sie zu einer<lb/>
Betrachtung u&#x0364;ber das We&#x017F;en der Sprache<lb/>
u&#x0364;berhaupt einladen.</p><lb/>
        <p>Die Sprache u&#x0364;berhaupt, und be&#x017F;onders<lb/>
die Bezeichnung der Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde in der&#x017F;elben<lb/>
durch das Lautwerden der Sprachwerkzeuge<lb/>
ha&#x0364;ngt keinesweges von willku&#x0364;hrlichen Be¬<lb/>
&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, und Verabredungen ab, &#x017F;ondern es<lb/>
giebt zufo&#x0364;rder&#x017F;t ein Grundge&#x017F;ez, nach welchem<lb/>
jedweder Begriff in den men&#x017F;chlichen Sprach¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[119/0125] auf die der andern, welche von jenem andern Stamme angenommen wird, ſondern allein darauf, daß dort eigenes behalten, hier frem¬ des angenommen wird; noch kommt es an auf die vorige Abſtammung derer, die eine ur¬ ſpruͤngliche Sprache fortſprechen, ſondern nur darauf, daß dieſe Sprache ohne Unterbrechung fort geſprochen werde, indem weit mehr die Menſchen von der Sprache gebildet werden, denn die Sprache von den Menſchen. Um die Folgen eines ſolchen Unterſchiedes in der Voͤlkererzeugung, und die beſtimmte Art des Gegenſatzes in den Nationalzuͤgen, die aus dieſer Verſchiedenheit nothwendig er¬ folgt, klar zu machen, ſo weit es hier moͤg¬ lich, und noͤthig iſt, muß ich Sie zu einer Betrachtung uͤber das Weſen der Sprache uͤberhaupt einladen. Die Sprache uͤberhaupt, und beſonders die Bezeichnung der Gegenſtaͤnde in derſelben durch das Lautwerden der Sprachwerkzeuge haͤngt keinesweges von willkuͤhrlichen Be¬ ſchluͤſſen, und Verabredungen ab, ſondern es giebt zufoͤrderſt ein Grundgeſez, nach welchem jedweder Begriff in den menſchlichen Sprach¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/125
Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/125>, abgerufen am 25.11.2024.