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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

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Darstel. d. obersten Grunds. d. Criminalr.
der Zufügung ist die vorhergegangene Dro-
hung des Gesetzes *).

§. 22.

Die bürgerliche Strafe hat daher nicht
zum Zweck und Rechtsgrund 1) Prävention
gegen die künftigen Uebertretungen eines Ein-
zelnen Beleidigers **); denn diese ist gar nicht
Strafe und es zeigt sich kein Rechtsgrund zu
einem solchen Zuvorkommen; 2) nicht mora-
lische Vergeltung
***), denn diese gehört in eine
sittliche, nicht in eine rechtliche Ordnung und
ist physisch unmöglich; 3) nicht unmittelbare
Abschreckung
durch die Schmerzen des, dem
Missethäter zugefügten Uebels ****), denn hiezu
giebt es kein Recht; 4) nicht moralische Besse-

rung
*) Die ausführliche Darstellung dieses Rechtsgrun-
des mündlich. Man vergl. hierüber Feuer-
bach
Ueber die Strafe als Sicherungsmittel etc. S.
92 -- 118.
**) Wie Stübel Diss. de justitia poenarum capitalium
praesertim in Saxonia
. Witenb. 1795. Derselbe
in d. System des peinlichen Rechts. I Thl. §. 13 -- 15.
Malblanc Comment. de poenis ab effectibus defensionis
naturalis etiam in statu civili probe distinguendis
-- (in
Plitt Annal. Nr. II. p. 44.) Grolman Grundsätze
der Criminalrechtswissenschaft
§. 17. und in der oben
angeführten Begründung etc. ausser vielen andern,
vor diesen Schriftstellern behaupten.
***) Diess glaubt, nebst andern, besonders Jacob
philosophische Rechtslehre. §. 415. u. §. 419 -- 26. be-
haupten zu können.
****) Klein über die Natur und den Zweck der Strafe.
In dem Archiv. II Bd. 1stes Stück. Nr. IV.
B 2

Darſtel. d. oberſten Grundſ. d. Criminalr.
der Zufügung iſt die vorhergegangene Dro-
hung des Geſetzes *).

§. 22.

Die bürgerliche Strafe hat daher nicht
zum Zweck und Rechtsgrund 1) Prävention
gegen die künftigen Uebertretungen eines Ein-
zelnen Beleidigers **); denn dieſe iſt gar nicht
Strafe und es zeigt ſich kein Rechtsgrund zu
einem ſolchen Zuvorkommen; 2) nicht mora-
liſche Vergeltung
***), denn dieſe gehört in eine
ſittliche, nicht in eine rechtliche Ordnung und
iſt phyſiſch unmöglich; 3) nicht unmittelbare
Abſchreckung
durch die Schmerzen des, dem
Miſſethäter zugefügten Uebels ****), denn hiezu
giebt es kein Recht; 4) nicht moraliſche Beſſe-

rung
*) Die ausführliche Darſtellung dieſes Rechtsgrun-
des mündlich. Man vergl. hierüber Feuer-
bach
Ueber die Strafe als Sicherungsmittel etc. S.
92 — 118.
**) Wie Stübel Diſſ. de juſtitia poenarum capitalium
praeſertim in Saxonia
. Witenb. 1795. Derſelbe
in d. Syſtem des peinlichen Rechts. I Thl. §. 13 — 15.
Malblanc Comment. de poenis ab effectibus defenſionis
naturalis etiam in ſtatu civili probe diſtinguendis
— (in
Plitt Annal. Nr. II. p. 44.) Grolman Grundſätze
der Criminalrechtswiſſenſchaft
§. 17. und in der oben
angeführten Begründung etc. auſſer vielen andern,
vor dieſen Schriftſtellern behaupten.
***) Dieſs glaubt, nebſt andern, beſonders Jacob
philoſophiſche Rechtslehre. §. 415. u. §. 419 — 26. be-
haupten zu können.
****) Klein über die Natur und den Zweck der Strafe.
In dem Archiv. II Bd. 1ſtes Stück. Nr. IV.
B 2
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[19/0047] Darſtel. d. oberſten Grundſ. d. Criminalr. der Zufügung iſt die vorhergegangene Dro- hung des Geſetzes *). §. 22. Die bürgerliche Strafe hat daher nicht zum Zweck und Rechtsgrund 1) Prävention gegen die künftigen Uebertretungen eines Ein- zelnen Beleidigers **); denn dieſe iſt gar nicht Strafe und es zeigt ſich kein Rechtsgrund zu einem ſolchen Zuvorkommen; 2) nicht mora- liſche Vergeltung ***), denn dieſe gehört in eine ſittliche, nicht in eine rechtliche Ordnung und iſt phyſiſch unmöglich; 3) nicht unmittelbare Abſchreckung durch die Schmerzen des, dem Miſſethäter zugefügten Uebels ****), denn hiezu giebt es kein Recht; 4) nicht moraliſche Beſſe- rung *) Die ausführliche Darſtellung dieſes Rechtsgrun- des mündlich. Man vergl. hierüber Feuer- bach Ueber die Strafe als Sicherungsmittel etc. S. 92 — 118. **) Wie Stübel Diſſ. de juſtitia poenarum capitalium praeſertim in Saxonia. Witenb. 1795. Derſelbe in d. Syſtem des peinlichen Rechts. I Thl. §. 13 — 15. Malblanc Comment. de poenis ab effectibus defenſionis naturalis etiam in ſtatu civili probe diſtinguendis — (in Plitt Annal. Nr. II. p. 44.) Grolman Grundſätze der Criminalrechtswiſſenſchaft §. 17. und in der oben angeführten Begründung etc. auſſer vielen andern, vor dieſen Schriftſtellern behaupten. ***) Dieſs glaubt, nebſt andern, beſonders Jacob philoſophiſche Rechtslehre. §. 415. u. §. 419 — 26. be- haupten zu können. ****) Klein über die Natur und den Zweck der Strafe. In dem Archiv. II Bd. 1ſtes Stück. Nr. IV. B 2

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Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/47>, abgerufen am 29.11.2024.