Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.Relative Strafb. Milderungsgründe. Grad der Strafbarkeit in concreto *). Dieserwird angenommen 1) wenn der That eine un- gewöhnlich gute oder unschuldige Absicht zum Grunde liegt **), 2) wenn die Selbstthätig- keit des Subjects (die Freyheit) bey der That beschränkt ist. (impedita libertas). Daher soll a) Schwäche des Verstandes ***) b) schlechte Erziehung, in wie fern von ihr die Bildung des Verstandes abhängt ****), c) hohes Alter +), d) Schwäche des weiblichen Geschlechts, wenn die That nicht besondere Kraft zur Ueberwin- dung weiblicher Schüchternheit erfodert, e) Assect, vorausgesetzt, dass er nicht den höch- sten Grad erreicht hat, ++) f) Trunkenheit unter derselben Bedingung, g) Verführung, h) heftiger äusserer Reitz, besonders durch zufäl- lige dargebotene grosse Gelegenheit +++) u. s. w. die Strafe mildern. §. 110. *) Besonders gut ausgeführt von Kleinschrod syst. Entw. Thl. II. Kap. V. §. 55 -- 65. und Stü- bel peinl. Recht. Thl. II. **) Klein p. R. §. 172. ***) F. A. Hommel Diss. de temperandis poenis ob im- becillitatem intellectus. Lips. 1755. ****) Kleinschrod a. O. Thl. I. §. 132. Thl. II. §. 61. +) Kleinschrod a. O. Thl. I. §. 89. sqq. Thl. II. §. 59. ++) Westphal Grunds. von rechtlicher Beurtheilung der aus Hitze des Zorns unternommenen Handlungen. Halle 1784. +++) Erxleben, in wiefern Gelegenheit zu Verbrechen
die Strafe derselben mildere. Gött. 1779. Püttmann pr. Relative Strafb. Milderungsgründe. Grad der Strafbarkeit in concreto *). Dieſerwird angenommen 1) wenn der That eine un- gewöhnlich gute oder unſchuldige Abſicht zum Grunde liegt **), 2) wenn die Selbſtthätig- keit des Subjects (die Freyheit) bey der That beſchränkt iſt. (impedita libertas). Daher ſoll a) Schwäche des Verſtandes ***) b) ſchlechte Erziehung, in wie fern von ihr die Bildung des Verſtandes abhängt ****), c) hohes Alter †), d) Schwäche des weiblichen Geſchlechts, wenn die That nicht beſondere Kraft zur Ueberwin- dung weiblicher Schüchternheit erfodert, e) Aſſect, vorausgeſetzt, daſs er nicht den höch- ſten Grad erreicht hat, ††) f) Trunkenheit unter derſelben Bedingung, g) Verführung, h) heftiger äuſſerer Reitz, beſonders durch zufäl- lige dargebotene groſse Gelegenheit †††) u. ſ. w. die Strafe mildern. §. 110. *) Beſonders gut ausgeführt von Kleinſchrod ſyſt. Entw. Thl. II. Kap. V. §. 55 — 65. und Stü- bel peinl. Recht. Thl. II. **) Klein p. R. §. 172. ***) F. A. Hommel Diſſ. de temperandis poenis ob im- becillitatem intellectus. Lipſ. 1755. ****) Kleinſchrod a. O. Thl. I. §. 132. Thl. II. §. 61. †) Kleinſchrod a. O. Thl. I. §. 89. ſqq. Thl. II. §. 59. ††) Weſtphal Grundſ. von rechtlicher Beurtheilung der aus Hitze des Zorns unternommenen Handlungen. Halle 1784. †††) Erxleben, in wiefern Gelegenheit zu Verbrechen
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Relative Strafb. Milderungsgründe.
Grad der Strafbarkeit in concreto *). Dieſer
wird angenommen 1) wenn der That eine un-
gewöhnlich gute oder unſchuldige Abſicht zum
Grunde liegt **), 2) wenn die Selbſtthätig-
keit des Subjects (die Freyheit) bey der That
beſchränkt iſt. (impedita libertas). Daher ſoll
a) Schwäche des Verſtandes ***) b) ſchlechte
Erziehung, in wie fern von ihr die Bildung
des Verſtandes abhängt ****), c) hohes Alter †),
d) Schwäche des weiblichen Geſchlechts, wenn
die That nicht beſondere Kraft zur Ueberwin-
dung weiblicher Schüchternheit erfodert, e)
Aſſect, vorausgeſetzt, daſs er nicht den höch-
ſten Grad erreicht hat, ††) f) Trunkenheit
unter derſelben Bedingung, g) Verführung, h)
heftiger äuſſerer Reitz, beſonders durch zufäl-
lige dargebotene groſse Gelegenheit †††) u. ſ. w.
die Strafe mildern.
§. 110.
*) Beſonders gut ausgeführt von Kleinſchrod
ſyſt. Entw. Thl. II. Kap. V. §. 55 — 65. und Stü-
bel peinl. Recht. Thl. II.
**) Klein p. R. §. 172.
***) F. A. Hommel Diſſ. de temperandis poenis ob im-
becillitatem intellectus. Lipſ. 1755.
****) Kleinſchrod a. O. Thl. I. §. 132. Thl. II.
§. 61.
†) Kleinſchrod a. O. Thl. I. §. 89. ſqq. Thl. II.
§. 59.
††) Weſtphal Grundſ. von rechtlicher Beurtheilung
der aus Hitze des Zorns unternommenen Handlungen.
Halle 1784.
†††) Erxleben, in wiefern Gelegenheit zu Verbrechen
die Strafe derſelben mildere. Gött. 1779. Püttmann
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