Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841.ihr diese Bestimmungen das Wesen Gottes ausdrücken. Nur Es ist aber hier sogleich wesentlich zu bemerken, daß -- *) Quodsi (igitur) irae detrahatur imperfectio, quae in rationis ob-
nubilatione dolorisque sensu consistit, tantumque vidicandi voluntas relinquatur, Deo tribui potest, scripturae sacrae exemplo. .... Omnis scil. affectus, exceptis illis, qui per se mali aliquid involvunt, qua- lis est invidia, quam veteres (nein! auch die Christen, nur nicht dem Namen nach) inepte diis suis tribuebant, si pro appetitu rationali ha- beatur, seposito nempe sensitivo tumulto, Deo adscribi potest. Leib- nitz L. ad Placcium. ihr dieſe Beſtimmungen das Weſen Gottes ausdrücken. Nur Es iſt aber hier ſogleich weſentlich zu bemerken, daß — *) Quodsi (igitur) irae detrahatur imperfectio, quae in rationis ob-
nubilatione dolorisque sensu consistit, tantumque vidicandi voluntas relinquatur, Deo tribui potest, scripturae sacrae exemplo. .... Omnis scil. affectus, exceptis illis, qui per se mali aliquid involvunt, qua- lis est invidia, quam veteres (nein! auch die Chriſten, nur nicht dem Namen nach) inepte diis suis tribuebant, si pro appetitu rationali ha- beatur, seposito nempe sensitivo tumulto, Deo adscribi potest. Leib- nitz L. ad Placcium. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0047" n="29"/> ihr dieſe Beſtimmungen das Weſen Gottes ausdrücken. Nur<lb/> der über die Religion reflectirende, ſie, indem er ſie vertheidigt,<lb/><hi rendition="#g">vor ſich ſelbſt verläugnende</hi> Verſtand erklärt ſie für Bil-<lb/> der. Aber der Religion iſt Gott <hi rendition="#g">wirklicher</hi> Vater, <hi rendition="#g">wirk-<lb/> liche</hi> Liebe und Barmherzigkeit, denn er iſt ihr ein wirkliches,<lb/> ein lebendiges, perſönliches Weſen, ſeine wahren Beſtimmun-<lb/> gen ſind daher auch lebendige, perſönliche Beſtimmungen. Ja die<lb/> adäquaten Beſtimmungen ſind gerade die, welche dem Verſtande<lb/> den meiſten Anſtoß geben, welche er in der Reflexion über die Re-<lb/> ligion verläugnet. Die Religion iſt weſentlich Affect; noth-<lb/> wendig iſt ihr daher auch objectiv der Affect göttlichen Weſens.<lb/> Selbſt der Zorn iſt ihr kein Gottes unwürdiger Affect, wofern<lb/> nur dieſem Zorne ein religiöſer Zweck zu Grunde liegt.<note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Quodsi (igitur) irae detrahatur imperfectio, quae in rationis ob-<lb/> nubilatione dolorisque sensu consistit, tantumque vidicandi voluntas<lb/> relinquatur, Deo tribui potest, scripturae sacrae exemplo. .... <hi rendition="#g">Omnis</hi><lb/> scil. <hi rendition="#g">affectus</hi>, exceptis illis, qui per se mali aliquid involvunt, qua-<lb/> lis est invidia, quam veteres</hi> (nein! auch die Chriſten, nur nicht dem<lb/> Namen nach) <hi rendition="#aq">inepte diis suis tribuebant, si pro appetitu rationali ha-<lb/> beatur, seposito nempe sensitivo tumulto, <hi rendition="#g">Deo</hi> adscribi potest. <hi rendition="#g">Leib-<lb/> nitz</hi> L. ad Placcium</hi>.</note></p><lb/> <p>Es iſt aber hier ſogleich weſentlich zu bemerken, daß —<lb/> und dieſe Erſcheinung iſt eine höchſt merkwürdige, das innerſte<lb/> Weſen der Religion charakteriſirende — je menſchlicher im<lb/><hi rendition="#g">Weſen</hi> das göttliche Subject iſt, um ſo größer <hi rendition="#g">ſcheinbar</hi> die<lb/><hi rendition="#g">Differenz</hi> iſt, welche zwiſchen Gott und dem Menſchen ge-<lb/> ſetzt wird, um ſo mehr das Menſchliche, wie es <hi rendition="#g">als ſolches</hi><lb/> dem Menſchen <hi rendition="#g">Gegenſtand ſeines Bewußtſeins</hi> iſt, <hi rendition="#g">negirt</hi><lb/> wird. Der Grund hievon iſt: weil das <hi rendition="#g">Poſitive</hi> in der An-<lb/> ſchauung des göttlichen Weſens allein das Menſchliche, ſo<lb/> kann die Anſchauung des Menſchen, wie er Gegenſtand des<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [29/0047]
ihr dieſe Beſtimmungen das Weſen Gottes ausdrücken. Nur
der über die Religion reflectirende, ſie, indem er ſie vertheidigt,
vor ſich ſelbſt verläugnende Verſtand erklärt ſie für Bil-
der. Aber der Religion iſt Gott wirklicher Vater, wirk-
liche Liebe und Barmherzigkeit, denn er iſt ihr ein wirkliches,
ein lebendiges, perſönliches Weſen, ſeine wahren Beſtimmun-
gen ſind daher auch lebendige, perſönliche Beſtimmungen. Ja die
adäquaten Beſtimmungen ſind gerade die, welche dem Verſtande
den meiſten Anſtoß geben, welche er in der Reflexion über die Re-
ligion verläugnet. Die Religion iſt weſentlich Affect; noth-
wendig iſt ihr daher auch objectiv der Affect göttlichen Weſens.
Selbſt der Zorn iſt ihr kein Gottes unwürdiger Affect, wofern
nur dieſem Zorne ein religiöſer Zweck zu Grunde liegt. *)
Es iſt aber hier ſogleich weſentlich zu bemerken, daß —
und dieſe Erſcheinung iſt eine höchſt merkwürdige, das innerſte
Weſen der Religion charakteriſirende — je menſchlicher im
Weſen das göttliche Subject iſt, um ſo größer ſcheinbar die
Differenz iſt, welche zwiſchen Gott und dem Menſchen ge-
ſetzt wird, um ſo mehr das Menſchliche, wie es als ſolches
dem Menſchen Gegenſtand ſeines Bewußtſeins iſt, negirt
wird. Der Grund hievon iſt: weil das Poſitive in der An-
ſchauung des göttlichen Weſens allein das Menſchliche, ſo
kann die Anſchauung des Menſchen, wie er Gegenſtand des
*) Quodsi (igitur) irae detrahatur imperfectio, quae in rationis ob-
nubilatione dolorisque sensu consistit, tantumque vidicandi voluntas
relinquatur, Deo tribui potest, scripturae sacrae exemplo. .... Omnis
scil. affectus, exceptis illis, qui per se mali aliquid involvunt, qua-
lis est invidia, quam veteres (nein! auch die Chriſten, nur nicht dem
Namen nach) inepte diis suis tribuebant, si pro appetitu rationali ha-
beatur, seposito nempe sensitivo tumulto, Deo adscribi potest. Leib-
nitz L. ad Placcium.
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