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[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 2. Berlin, 1803.

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"Eher laß den äußern Tempel brechen,
"Eh' an unserer Stelle
"Ueber seine Schwelle
"Sich Unheilige zu gehn erfrechen."


Die letzten Worte sang der volle Chor. --
Noch hört' ich Töne -- dumpf und unbekannt. --
Die Sonne sank, es stieg der Mond empor,
Ein Balsam-Hauch ging uber's grüne Land.
Da öffnet leise sich des Tempels Thor,
Und die Geweihten kommen Hand in Hand.
Sie setzten sich in Mond und Palme nieder,
Ein Mahl beginnt, es tönen frohe Lieder.
"Brodt und Wein
"Soll des Leibes Stärkung seyn.
"Theilt das Brod, und laßt die Becher kreisen.
"Sind wir noch befangen
"In des Leibes irrdischem Verlangen,
"Laßt uns fröhlich dankbar seyn,
"Daß die Gaben,
"Unser Irrdisches zu laben,
"Von der reichen Erde wir empfangen haben. --
"Theilt das Brodt, und laßt die Becherkreisen! --
"Brodt und Wein
"Soll des Menschen Herz erfreun.
"Darum singt und laßt die Becher klingen!
"In des Geistes Streben,
"Herz und Sinn in's Geistige zu heben,
"Matten Geist und Leib sich ab.
„Eher laß den aͤußern Tempel brechen,
„Eh’ an unſerer Stelle
„Ueber ſeine Schwelle
„Sich Unheilige zu gehn erfrechen.“


Die letzten Worte ſang der volle Chor. —
Noch hoͤrt’ ich Toͤne — dumpf und unbekannt. —
Die Sonne ſank, es ſtieg der Mond empor,
Ein Balſam-Hauch ging uber’s gruͤne Land.
Da oͤffnet leiſe ſich des Tempels Thor,
Und die Geweihten kommen Hand in Hand.
Sie ſetzten ſich in Mond und Palme nieder,
Ein Mahl beginnt, es toͤnen frohe Lieder.
„Brodt und Wein
„Soll des Leibes Staͤrkung ſeyn.
„Theilt das Brod, und laßt die Becher kreiſen.
„Sind wir noch befangen
„In des Leibes irrdiſchem Verlangen,
„Laßt uns froͤhlich dankbar ſeyn,
„Daß die Gaben,
„Unſer Irrdiſches zu laben,
„Von der reichen Erde wir empfangen haben. —
„Theilt das Brodt, und laßt die Becherkreiſen! —
„Brodt und Wein
„Soll des Menſchen Herz erfreun.
„Darum ſingt und laßt die Becher klingen!
„In des Geiſtes Streben,
„Herz und Sinn in’s Geiſtige zu heben,
„Matten Geiſt und Leib ſich ab.
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[267/0289] „Eher laß den aͤußern Tempel brechen, „Eh’ an unſerer Stelle „Ueber ſeine Schwelle „Sich Unheilige zu gehn erfrechen.“ Die letzten Worte ſang der volle Chor. — Noch hoͤrt’ ich Toͤne — dumpf und unbekannt. — Die Sonne ſank, es ſtieg der Mond empor, Ein Balſam-Hauch ging uber’s gruͤne Land. Da oͤffnet leiſe ſich des Tempels Thor, Und die Geweihten kommen Hand in Hand. Sie ſetzten ſich in Mond und Palme nieder, Ein Mahl beginnt, es toͤnen frohe Lieder. „Brodt und Wein „Soll des Leibes Staͤrkung ſeyn. „Theilt das Brod, und laßt die Becher kreiſen. „Sind wir noch befangen „In des Leibes irrdiſchem Verlangen, „Laßt uns froͤhlich dankbar ſeyn, „Daß die Gaben, „Unſer Irrdiſches zu laben, „Von der reichen Erde wir empfangen haben. — „Theilt das Brodt, und laßt die Becherkreiſen! — „Brodt und Wein „Soll des Menſchen Herz erfreun. „Darum ſingt und laßt die Becher klingen! „In des Geiſtes Streben, „Herz und Sinn in’s Geiſtige zu heben, „Matten Geiſt und Leib ſich ab.

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Zitationshilfe: [Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 2. Berlin, 1803, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien02_1803/289>, abgerufen am 03.05.2024.