dium und meine Erfahrungen schon einzeln als Neuerung und Verunstaltung erkannt hatte, war verschwunden; rein und kräftig ward das alte Evangelium verkündigt; die drei Gr. L. strahlten in ihrem vollen Glanze, keine falsche Feierlichkeit zog den Blick von ihnen ab, keine erregte Furcht verwirrte das Gemüth. Ohne alle Erniedrigung trat der Mann zu Männern, um sich mit vollem Bewußtseyn mit ihnen zu großen und schönen Zwecken zu vereinigen, und von ihnen die wahre Kunst des Lebens zu erlernen. -- Ich fühlte es mit der lebendigsten Ueberzeugung: alles, was posi- tiv, nicht historisch, von Maurerei gesagt werden kann, ward hier aufs vollständigste ausgesprochen; es blieb nichts mehr übrig, was man mit gleichem Fug hätte Maurerei nennen können. Ich er- schrak vor mir selbst, als ich mir gestand, daß durch diese Aufnahme das, was rein und ächt maurerisch ist, vollendet sey, und daß ich nun nicht wisse, was mit allen übrigen Gr. werden solle. -- Das aller- älteste Ritual, das wir kennen, und dessen Aecht- heit außer Zweifel gesetzt ist, lag in seiner Einfach- heit zum Grunde, es war trefflich übersetzt, und ward mit der größten Würde ausgesprochen. Nie- mand der Handelnden hatte ein Blatt vor sich, man sprach mit vollkommner Freiheit des Geistes; und aus der Schönheit und Bedeutsamkeit, mit der einige der Handelnden sprachen, merkte ich wohl, daß sie sich nicht streng an den Buchstaben hielten, sondern daß der Geist der Brüderschaft aus ihnen sprach. Soll ich noch von dem Anstand,
dium und meine Erfahrungen ſchon einzeln als Neuerung und Verunſtaltung erkannt hatte, war verſchwunden; rein und kraͤftig ward das alte Evangelium verkuͤndigt; die drei Gr. L. ſtrahlten in ihrem vollen Glanze, keine falſche Feierlichkeit zog den Blick von ihnen ab, keine erregte Furcht verwirrte das Gemuͤth. Ohne alle Erniedrigung trat der Mann zu Maͤnnern, um ſich mit vollem Bewußtſeyn mit ihnen zu großen und ſchoͤnen Zwecken zu vereinigen, und von ihnen die wahre Kunſt des Lebens zu erlernen. — Ich fuͤhlte es mit der lebendigſten Ueberzeugung: alles, was poſi- tiv, nicht hiſtoriſch, von Maurerei geſagt werden kann, ward hier aufs vollſtaͤndigſte ausgeſprochen; es blieb nichts mehr uͤbrig, was man mit gleichem Fug haͤtte Maurerei nennen koͤnnen. Ich er- ſchrak vor mir ſelbſt, als ich mir geſtand, daß durch dieſe Aufnahme das, was rein und aͤcht maureriſch iſt, vollendet ſey, und daß ich nun nicht wiſſe, was mit allen uͤbrigen Gr. werden ſolle. — Das aller- aͤlteſte Ritual, das wir kennen, und deſſen Aecht- heit außer Zweifel geſetzt iſt, lag in ſeiner Einfach- heit zum Grunde, es war trefflich uͤberſetzt, und ward mit der groͤßten Wuͤrde ausgeſprochen. Nie- mand der Handelnden hatte ein Blatt vor ſich, man ſprach mit vollkommner Freiheit des Geiſtes; und aus der Schoͤnheit und Bedeutſamkeit, mit der einige der Handelnden ſprachen, merkte ich wohl, daß ſie ſich nicht ſtreng an den Buchſtaben hielten, ſondern daß der Geiſt der Bruͤderſchaft aus ihnen ſprach. Soll ich noch von dem Anſtand,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0251"n="229"/>
dium und meine Erfahrungen ſchon einzeln als<lb/>
Neuerung und Verunſtaltung erkannt hatte, war<lb/>
verſchwunden; rein und kraͤftig ward das alte<lb/>
Evangelium verkuͤndigt; die drei Gr. L. ſtrahlten<lb/>
in ihrem vollen Glanze, keine falſche Feierlichkeit<lb/>
zog den Blick von ihnen ab, keine erregte Furcht<lb/>
verwirrte das Gemuͤth. Ohne alle Erniedrigung<lb/>
trat der Mann zu Maͤnnern, um ſich mit vollem<lb/>
Bewußtſeyn mit ihnen zu großen und ſchoͤnen<lb/>
Zwecken zu vereinigen, und von ihnen die wahre<lb/>
Kunſt des Lebens zu erlernen. — Ich fuͤhlte es<lb/>
mit der lebendigſten Ueberzeugung: alles, was poſi-<lb/>
tiv, nicht hiſtoriſch, von Maurerei geſagt werden<lb/>
kann, ward hier aufs vollſtaͤndigſte ausgeſprochen;<lb/>
es blieb nichts mehr uͤbrig, was man mit gleichem<lb/>
Fug haͤtte <hirendition="#g">Maurerei</hi> nennen koͤnnen. Ich er-<lb/>ſchrak vor mir ſelbſt, als ich mir geſtand, daß durch<lb/>
dieſe Aufnahme das, was rein und aͤcht maureriſch<lb/>
iſt, vollendet ſey, und daß ich nun nicht wiſſe, was<lb/>
mit allen uͤbrigen Gr. werden ſolle. — Das aller-<lb/>
aͤlteſte Ritual, das wir kennen, und deſſen Aecht-<lb/>
heit außer Zweifel geſetzt iſt, lag in ſeiner Einfach-<lb/>
heit zum Grunde, es war trefflich uͤberſetzt, und<lb/>
ward mit der groͤßten Wuͤrde ausgeſprochen. Nie-<lb/>
mand der Handelnden hatte ein Blatt vor ſich,<lb/>
man ſprach mit vollkommner Freiheit des Geiſtes;<lb/>
und aus der Schoͤnheit und Bedeutſamkeit, mit<lb/>
der einige der Handelnden ſprachen, merkte ich<lb/>
wohl, daß ſie ſich nicht ſtreng an den Buchſtaben<lb/>
hielten, ſondern daß der <hirendition="#g">Geiſt</hi> der Bruͤderſchaft<lb/>
aus ihnen ſprach. Soll ich noch von dem Anſtand,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[229/0251]
dium und meine Erfahrungen ſchon einzeln als
Neuerung und Verunſtaltung erkannt hatte, war
verſchwunden; rein und kraͤftig ward das alte
Evangelium verkuͤndigt; die drei Gr. L. ſtrahlten
in ihrem vollen Glanze, keine falſche Feierlichkeit
zog den Blick von ihnen ab, keine erregte Furcht
verwirrte das Gemuͤth. Ohne alle Erniedrigung
trat der Mann zu Maͤnnern, um ſich mit vollem
Bewußtſeyn mit ihnen zu großen und ſchoͤnen
Zwecken zu vereinigen, und von ihnen die wahre
Kunſt des Lebens zu erlernen. — Ich fuͤhlte es
mit der lebendigſten Ueberzeugung: alles, was poſi-
tiv, nicht hiſtoriſch, von Maurerei geſagt werden
kann, ward hier aufs vollſtaͤndigſte ausgeſprochen;
es blieb nichts mehr uͤbrig, was man mit gleichem
Fug haͤtte Maurerei nennen koͤnnen. Ich er-
ſchrak vor mir ſelbſt, als ich mir geſtand, daß durch
dieſe Aufnahme das, was rein und aͤcht maureriſch
iſt, vollendet ſey, und daß ich nun nicht wiſſe, was
mit allen uͤbrigen Gr. werden ſolle. — Das aller-
aͤlteſte Ritual, das wir kennen, und deſſen Aecht-
heit außer Zweifel geſetzt iſt, lag in ſeiner Einfach-
heit zum Grunde, es war trefflich uͤberſetzt, und
ward mit der groͤßten Wuͤrde ausgeſprochen. Nie-
mand der Handelnden hatte ein Blatt vor ſich,
man ſprach mit vollkommner Freiheit des Geiſtes;
und aus der Schoͤnheit und Bedeutſamkeit, mit
der einige der Handelnden ſprachen, merkte ich
wohl, daß ſie ſich nicht ſtreng an den Buchſtaben
hielten, ſondern daß der Geiſt der Bruͤderſchaft
aus ihnen ſprach. Soll ich noch von dem Anſtand,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 2. Berlin, 1803, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien02_1803/251>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.