"tigen Sonntag publicirt werden soll. Den 13ten "August hörte ich, was Du in Deiner Defension "von mir und der Loge R. Y. geschrieben hast, und "da konnte ich überall keine Lust mehr haben, den "Mann zu besuchen, der seine gerechte Sache "durch Frivolität (Hörensagen, Nachschreiben, Ent- "scheiden ohne untersucht zu haben etc.) selbst herab- "üwrdiget. 2) Weil ich nicht einsehen konnte, was "Dir mein Besuch sollte -- Dich trösten? das be- "durftest Du nicht. Dir meine Theilnahme ver- "sichern? Was konnte Dir daran liegen? Dir "meine Dienste anbiethen? kanntest Du mich, so "warest Du Dir Deines Rechts zu fordern bewußt; "kanntest Du mich nicht, so waren meine Anerbie- "tungen überflüssig.
3) "Weil ich nicht hingehe, wo ich nicht offen "und freimüthig sprechen kann, und dort nicht offen "und freimüthig sprechen darf, wo ich Gefahr laufe, "daß das, was ich von Herz zu Herzen spreche, gele- "gentlich die profane, von mir längst vergessene "Welt erfährt.
"Treuergeben unterschrieb ich mich, weil es "wahr ist; weil ich das, was Bitterkeit, was Tem- "perament, was Drang der Umstände, was Leicht- "gläubigkeit, und die daraus folgende Leichtbetrüg- "lichkeit, was Menschen, die Du als Ideale ver- "ehrest, und Deiner doch unwürdig sind, in Dich "hineingetragen haben, von Dir weg zu den- "ken weiß. Anihilire, wenn Du willst, in "Deiner Welt meine ganze moralische Existenz,
„tigen Sonntag publicirt werden ſoll. Den 13ten „Auguſt hoͤrte ich, was Du in Deiner Defenſion „von mir und der Loge R. Y. geſchrieben haſt, und „da konnte ich uͤberall keine Luſt mehr haben, den „Mann zu beſuchen, der ſeine gerechte Sache „durch Frivolitaͤt (Hoͤrenſagen, Nachſchreiben, Ent- „ſcheiden ohne unterſucht zu haben ꝛc.) ſelbſt herab- „uͤwrdiget. 2) Weil ich nicht einſehen konnte, was „Dir mein Beſuch ſollte — Dich troͤſten? das be- „durfteſt Du nicht. Dir meine Theilnahme ver- „ſichern? Was konnte Dir daran liegen? Dir „meine Dienſte anbiethen? kannteſt Du mich, ſo „wareſt Du Dir Deines Rechts zu fordern bewußt; „kannteſt Du mich nicht, ſo waren meine Anerbie- „tungen uͤberfluͤſſig.
3) „Weil ich nicht hingehe, wo ich nicht offen „und freimuͤthig ſprechen kann, und dort nicht offen „und freimuͤthig ſprechen darf, wo ich Gefahr laufe, „daß das, was ich von Herz zu Herzen ſpreche, gele- „gentlich die profane, von mir laͤngſt vergeſſene „Welt erfaͤhrt.
„Treuergeben unterſchrieb ich mich, weil es „wahr iſt; weil ich das, was Bitterkeit, was Tem- „perament, was Drang der Umſtaͤnde, was Leicht- „glaͤubigkeit, und die daraus folgende Leichtbetruͤg- „lichkeit, was Menſchen, die Du als Ideale ver- „ehreſt, und Deiner doch unwuͤrdig ſind, in Dich „hineingetragen haben, von Dir weg zu den- „ken weiß. Anihilire, wenn Du willſt, in „Deiner Welt meine ganze moraliſche Exiſtenz,
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„tigen Sonntag publicirt werden ſoll. Den 13ten
„Auguſt hoͤrte ich, was Du in Deiner Defenſion
„von mir und der Loge R. Y. geſchrieben haſt, und
„da konnte ich uͤberall keine Luſt mehr haben, den
„Mann zu beſuchen, der ſeine gerechte Sache
„durch Frivolitaͤt (Hoͤrenſagen, Nachſchreiben, Ent-
„ſcheiden ohne unterſucht zu haben ꝛc.) ſelbſt herab-
„uͤwrdiget. 2) Weil ich nicht einſehen konnte, was
„Dir mein Beſuch ſollte — Dich troͤſten? das be-
„durfteſt Du nicht. Dir meine Theilnahme ver-
„ſichern? Was konnte Dir daran liegen? Dir
„meine Dienſte anbiethen? kannteſt Du mich, ſo
„wareſt Du Dir Deines Rechts zu fordern bewußt;
„kannteſt Du mich nicht, ſo waren meine Anerbie-
„tungen uͤberfluͤſſig.
3) „Weil ich nicht hingehe, wo ich nicht offen
„und freimuͤthig ſprechen kann, und dort nicht offen
„und freimuͤthig ſprechen darf, wo ich Gefahr laufe,
„daß das, was ich von Herz zu Herzen ſpreche, gele-
„gentlich die profane, von mir laͤngſt vergeſſene
„Welt erfaͤhrt.
„Treuergeben unterſchrieb ich mich, weil es
„wahr iſt; weil ich das, was Bitterkeit, was Tem-
„perament, was Drang der Umſtaͤnde, was Leicht-
„glaͤubigkeit, und die daraus folgende Leichtbetruͤg-
„lichkeit, was Menſchen, die Du als Ideale ver-
„ehreſt, und Deiner doch unwuͤrdig ſind, in Dich
„hineingetragen haben, von Dir weg zu den-
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[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 2. Berlin, 1803, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien02_1803/132>, abgerufen am 24.11.2024.
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