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[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. Berlin, 1802

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ben erreicht werden kann; dieses, weil keine Ge-
sellschaft irgend einer Art, ihrer Natur nach, die
vollkommne Erreichung desselben bewirken kann."
Auf jenes, worüber in der Folge erst das erfor-
derliche Licht kommen wird, antworte ich für jetzt
nur kurz dieses: Der Mensch kann sich auf den
angegebenen Wegen abschleifen und eine Tournure
erhalten, die über seinen Stand hinausgeht; er
kann den Pedantismus aus seinem Aeußeren zu
verwischen lernen, und seine Denkungsart zu
einer größern Allgemeinheit erheben, als zuvor.
Aber sein Juneres bleibt durch dieses alles unbe-
rührt; er geht fort auf seinen alten Wegen, nur
hinter Zäunen und eleganten Wänden. Durch
bloßes Nachdenken kann er vielleicht den Stan-
desgeist in sich verwischen, aber seinem individuellen
Charakter, der vom Charakter der reinen Mensch-
heit noch sehr verschieden ist, desto größere Hart-
näckigkeit geben. Das, was hier in allem Ernste ge-
wirkt werden soll, kann nur in einer abgesonderten
Gesellschaft geschehen wie wir sie deducirt haben,
und wie Du sie Dir bald, mit mir, nach ihrer
ganzen Wirksamkeit denken wirst. -- Der zweite
Einwurf, den Du angedeutet hast, ist wichtiger;
und ich setze zu meiner obigen Angabe des Zwecks
sogleich die bedeutende Einschränkung hinzu:
in wie fern eine solche Bildung durch
eine ausdrücklich für diesen Zweck er-
richtete Gesellschaft möglich ist
.

Es giebt nehmlich eine gemeinmenschliche Art der
Bildung, über welche jeder nur sich selbst, sein

ben erreicht werden kann; dieſes, weil keine Ge-
ſellſchaft irgend einer Art, ihrer Natur nach, die
vollkommne Erreichung deſſelben bewirken kann.“
Auf jenes, woruͤber in der Folge erſt das erfor-
derliche Licht kommen wird, antworte ich fuͤr jetzt
nur kurz dieſes: Der Menſch kann ſich auf den
angegebenen Wegen abſchleifen und eine Tournure
erhalten, die uͤber ſeinen Stand hinausgeht; er
kann den Pedantismus aus ſeinem Aeußeren zu
verwiſchen lernen, und ſeine Denkungsart zu
einer groͤßern Allgemeinheit erheben, als zuvor.
Aber ſein Juneres bleibt durch dieſes alles unbe-
ruͤhrt; er geht fort auf ſeinen alten Wegen, nur
hinter Zaͤunen und eleganten Waͤnden. Durch
bloßes Nachdenken kann er vielleicht den Stan-
desgeiſt in ſich verwiſchen, aber ſeinem individuellen
Charakter, der vom Charakter der reinen Menſch-
heit noch ſehr verſchieden iſt, deſto groͤßere Hart-
naͤckigkeit geben. Das, was hier in allem Ernſte ge-
wirkt werden ſoll, kann nur in einer abgeſonderten
Geſellſchaft geſchehen wie wir ſie deducirt haben,
und wie Du ſie Dir bald, mit mir, nach ihrer
ganzen Wirkſamkeit denken wirſt. — Der zweite
Einwurf, den Du angedeutet haſt, iſt wichtiger;
und ich ſetze zu meiner obigen Angabe des Zwecks
ſogleich die bedeutende Einſchraͤnkung hinzu:
in wie fern eine ſolche Bildung durch
eine ausdruͤcklich fuͤr dieſen Zweck er-
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.

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[34/0052] ben erreicht werden kann; dieſes, weil keine Ge- ſellſchaft irgend einer Art, ihrer Natur nach, die vollkommne Erreichung deſſelben bewirken kann.“ Auf jenes, woruͤber in der Folge erſt das erfor- derliche Licht kommen wird, antworte ich fuͤr jetzt nur kurz dieſes: Der Menſch kann ſich auf den angegebenen Wegen abſchleifen und eine Tournure erhalten, die uͤber ſeinen Stand hinausgeht; er kann den Pedantismus aus ſeinem Aeußeren zu verwiſchen lernen, und ſeine Denkungsart zu einer groͤßern Allgemeinheit erheben, als zuvor. Aber ſein Juneres bleibt durch dieſes alles unbe- ruͤhrt; er geht fort auf ſeinen alten Wegen, nur hinter Zaͤunen und eleganten Waͤnden. Durch bloßes Nachdenken kann er vielleicht den Stan- desgeiſt in ſich verwiſchen, aber ſeinem individuellen Charakter, der vom Charakter der reinen Menſch- heit noch ſehr verſchieden iſt, deſto groͤßere Hart- naͤckigkeit geben. Das, was hier in allem Ernſte ge- wirkt werden ſoll, kann nur in einer abgeſonderten Geſellſchaft geſchehen wie wir ſie deducirt haben, und wie Du ſie Dir bald, mit mir, nach ihrer ganzen Wirkſamkeit denken wirſt. — Der zweite Einwurf, den Du angedeutet haſt, iſt wichtiger; und ich ſetze zu meiner obigen Angabe des Zwecks ſogleich die bedeutende Einſchraͤnkung hinzu: in wie fern eine ſolche Bildung durch eine ausdruͤcklich fuͤr dieſen Zweck er- richtete Geſellſchaft moͤglich iſt. Es giebt nehmlich eine gemeinmenſchliche Art der Bildung, uͤber welche jeder nur ſich ſelbſt, ſein

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Zitationshilfe: [Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. Berlin, 1802, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien01_1802/52>, abgerufen am 28.04.2024.