Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. Berlin, 1802

Bild:
<< vorherige Seite

befriedigen, sein Herz interessiren, und ihm den
Glauben an eine höhere Realität der Königlichen
Kunst einflößen konnten. Um so gespannter
war seine Aufmerksamkeit, als der allgemeine
Wille der Brüderschaft im Jahre 17 ... eine an-
dere Gestalt und Ordnung der Dinge einzufüh-
ren begann. Bruder K. sollte wieder anfangen
zu lernen, sollte dort Realität anerkennen, wo
er bis dahin nur leere Formen gefunden hatte;
blinder Glauben und der Autorität nachbeten,
war nie seine Sache; er wollte sehen, prüfen,
vergleichen; Er forderte Prüfung seiner Gründe
und offene Darlegung der Gegengründe. Die
Vorsteher der Brüderschaft fanden daher an ihm
bei jeder ihrer neuern Verfügungen einen beherz-
ten Gegner; er blieb es aber nur so lange, bis
er von der Güte ihrer Sache überzeugt war, oder
wenigstens ihnen keine Gründe mehr entgegen
setzen konnte. Dieses Streben und Entgegenstre-
ben, dieser Kampf des Verstandes gegen Verstand
war reichhaltig an Belehrung für die Brüder-
schaft, gründete die gute Sache fester, und beför-
derte nicht nur die allgemeine Annehmung, son-
dern bei vielen auch die richtige Erkenntniß der-
selben. Indessen ganz zufrieden war Bruder K.
mit der Form der Brüderschaft nie; der Grund
davon lag theils darin, daß er seine Individuali-
tät gar zu leicht auf andere übertrug, mithin
glaubte, was seinetwegen zur Erhaltung der gu-
ten Ordnung nicht nöthig war, wäre auch für
alle Andere überflüßig; theils darinn, daß er den

Erstes Bändch. N

befriedigen, ſein Herz intereſſiren, und ihm den
Glauben an eine hoͤhere Realitaͤt der Koͤniglichen
Kunſt einfloͤßen konnten. Um ſo geſpannter
war ſeine Aufmerkſamkeit, als der allgemeine
Wille der Bruͤderſchaft im Jahre 17 … eine an-
dere Geſtalt und Ordnung der Dinge einzufuͤh-
ren begann. Bruder K. ſollte wieder anfangen
zu lernen, ſollte dort Realitaͤt anerkennen, wo
er bis dahin nur leere Formen gefunden hatte;
blinder Glauben und der Autoritaͤt nachbeten,
war nie ſeine Sache; er wollte ſehen, pruͤfen,
vergleichen; Er forderte Pruͤfung ſeiner Gruͤnde
und offene Darlegung der Gegengruͤnde. Die
Vorſteher der Bruͤderſchaft fanden daher an ihm
bei jeder ihrer neuern Verfuͤgungen einen beherz-
ten Gegner; er blieb es aber nur ſo lange, bis
er von der Guͤte ihrer Sache uͤberzeugt war, oder
wenigſtens ihnen keine Gruͤnde mehr entgegen
ſetzen konnte. Dieſes Streben und Entgegenſtre-
ben, dieſer Kampf des Verſtandes gegen Verſtand
war reichhaltig an Belehrung fuͤr die Bruͤder-
ſchaft, gruͤndete die gute Sache feſter, und befoͤr-
derte nicht nur die allgemeine Annehmung, ſon-
dern bei vielen auch die richtige Erkenntniß der-
ſelben. Indeſſen ganz zufrieden war Bruder K.
mit der Form der Bruͤderſchaft nie; der Grund
davon lag theils darin, daß er ſeine Individuali-
taͤt gar zu leicht auf andere uͤbertrug, mithin
glaubte, was ſeinetwegen zur Erhaltung der gu-
ten Ordnung nicht noͤthig war, waͤre auch fuͤr
alle Andere uͤberfluͤßig; theils darinn, daß er den

Erſtes Baͤndch. N
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0211" n="193"/>
befriedigen, &#x017F;ein Herz intere&#x017F;&#x017F;iren, und ihm den<lb/>
Glauben an eine ho&#x0364;here Realita&#x0364;t der Ko&#x0364;niglichen<lb/>
Kun&#x017F;t einflo&#x0364;ßen konnten. Um &#x017F;o ge&#x017F;pannter<lb/>
war &#x017F;eine Aufmerk&#x017F;amkeit, als der allgemeine<lb/>
Wille der Bru&#x0364;der&#x017F;chaft im Jahre 17 &#x2026; eine an-<lb/>
dere Ge&#x017F;talt und Ordnung der Dinge einzufu&#x0364;h-<lb/>
ren begann. Bruder K. &#x017F;ollte wieder anfangen<lb/>
zu lernen, &#x017F;ollte dort Realita&#x0364;t anerkennen, wo<lb/>
er bis dahin nur leere Formen gefunden hatte;<lb/>
blinder Glauben und der Autorita&#x0364;t nachbeten,<lb/>
war nie &#x017F;eine Sache; er wollte &#x017F;ehen, pru&#x0364;fen,<lb/>
vergleichen; Er forderte Pru&#x0364;fung &#x017F;einer Gru&#x0364;nde<lb/>
und offene Darlegung der Gegengru&#x0364;nde. Die<lb/>
Vor&#x017F;teher der Bru&#x0364;der&#x017F;chaft fanden daher an ihm<lb/>
bei jeder ihrer neuern Verfu&#x0364;gungen einen beherz-<lb/>
ten Gegner; er blieb es aber nur &#x017F;o lange, bis<lb/>
er von der Gu&#x0364;te ihrer Sache u&#x0364;berzeugt war, oder<lb/>
wenig&#x017F;tens ihnen keine Gru&#x0364;nde mehr entgegen<lb/>
&#x017F;etzen konnte. Die&#x017F;es Streben und Entgegen&#x017F;tre-<lb/>
ben, die&#x017F;er Kampf des Ver&#x017F;tandes gegen Ver&#x017F;tand<lb/>
war reichhaltig an Belehrung fu&#x0364;r die Bru&#x0364;der-<lb/>
&#x017F;chaft, gru&#x0364;ndete die gute Sache fe&#x017F;ter, und befo&#x0364;r-<lb/>
derte nicht nur die allgemeine Annehmung, &#x017F;on-<lb/>
dern bei vielen auch die richtige Erkenntniß der-<lb/>
&#x017F;elben. Inde&#x017F;&#x017F;en ganz zufrieden war Bruder K.<lb/>
mit der Form der Bru&#x0364;der&#x017F;chaft nie; der Grund<lb/>
davon lag theils darin, daß er &#x017F;eine Individuali-<lb/>
ta&#x0364;t gar zu leicht auf andere u&#x0364;bertrug, mithin<lb/>
glaubte, was &#x017F;einetwegen zur Erhaltung der gu-<lb/>
ten Ordnung nicht no&#x0364;thig war, wa&#x0364;re auch fu&#x0364;r<lb/>
alle Andere u&#x0364;berflu&#x0364;ßig; theils darinn, daß er den<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Er&#x017F;tes Ba&#x0364;ndch. N</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[193/0211] befriedigen, ſein Herz intereſſiren, und ihm den Glauben an eine hoͤhere Realitaͤt der Koͤniglichen Kunſt einfloͤßen konnten. Um ſo geſpannter war ſeine Aufmerkſamkeit, als der allgemeine Wille der Bruͤderſchaft im Jahre 17 … eine an- dere Geſtalt und Ordnung der Dinge einzufuͤh- ren begann. Bruder K. ſollte wieder anfangen zu lernen, ſollte dort Realitaͤt anerkennen, wo er bis dahin nur leere Formen gefunden hatte; blinder Glauben und der Autoritaͤt nachbeten, war nie ſeine Sache; er wollte ſehen, pruͤfen, vergleichen; Er forderte Pruͤfung ſeiner Gruͤnde und offene Darlegung der Gegengruͤnde. Die Vorſteher der Bruͤderſchaft fanden daher an ihm bei jeder ihrer neuern Verfuͤgungen einen beherz- ten Gegner; er blieb es aber nur ſo lange, bis er von der Guͤte ihrer Sache uͤberzeugt war, oder wenigſtens ihnen keine Gruͤnde mehr entgegen ſetzen konnte. Dieſes Streben und Entgegenſtre- ben, dieſer Kampf des Verſtandes gegen Verſtand war reichhaltig an Belehrung fuͤr die Bruͤder- ſchaft, gruͤndete die gute Sache feſter, und befoͤr- derte nicht nur die allgemeine Annehmung, ſon- dern bei vielen auch die richtige Erkenntniß der- ſelben. Indeſſen ganz zufrieden war Bruder K. mit der Form der Bruͤderſchaft nie; der Grund davon lag theils darin, daß er ſeine Individuali- taͤt gar zu leicht auf andere uͤbertrug, mithin glaubte, was ſeinetwegen zur Erhaltung der gu- ten Ordnung nicht noͤthig war, waͤre auch fuͤr alle Andere uͤberfluͤßig; theils darinn, daß er den Erſtes Baͤndch. N

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien01_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien01_1802/211
Zitationshilfe: [Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. Berlin, 1802, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien01_1802/211>, abgerufen am 24.11.2024.