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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

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Einem Philosopho erzehlete einer etwas von einem schönen Lust-Garten,
wie es nemlich ein grosser weiter Ort, und eine grosse Menge Bäume darinnen
zu finden wären. Auf daß der, welcher die Erzehlung that, dem Philoso-
pho
solches desto besser zeigen und demonstriren könte, streckete er seine Hand
weit aus, und wiese damit rings herum. Da stunde der Philosophus auf
sahe ihm starr auf die Hand, und sagte endlich: Herr! Thut eure Hand hin-
weg. Denn sie verhindert mich, das ich davor die Bäume nicht se-
hen kan
.

Ein Studiosus, als er gefraget ward, was er in der Kirche gethan
hätte
? antwortete; Ich habe das Teutsche Kyrieleison helffen singen.

Ein anderer Studiosus lag bey einer Hure, und schätzte sich gar glücklich
deswegen, da sie accurat mit denen Frantzosen behafftet gewesen. Bey dem
Abschied sprach die Hure zu ihm: Nun mein Herr! Wann ihr daheime
seyd, werdet ihr meiner auch gedencken, Ja
, sagte er, das will ich
thun
. Nach fünff oder sechs Wochen, als er zwo böse Blattern bekam, die
er von der Hure gefangen, erinnerte er sich ihrer, und sagte: Das ist der
Sunden Schuld. Ich glaube es muß eine sonderliche Straffe GOttes
seyn, weil ich nicht mehr an sie gedacht habe, wie ich ihr verheissen
.

Ein gelehrter Raths-Herr disputirte, wie weit es von Speyer biß nach
Heydelberg wäre? als einer behauptete, daß nicht mehr dann dritthalb
Meil-Wegs dahin seye
, antwortete er und sagte: Ich wolte funfftzig
Thaler wetten, daß schon von zehen Jahren her drey volle Meilen biß
dahin gewesen
.

Ein Bachant, als er des Nachts, seiner Nothdurfft halber aufstunde, aber
den heimlichen Ort im Hause, in welchem er noch fremde gewesen, nicht zu
finden wuste, erreichte seines Reise-Geselle Stieffeln, hoffierte ihn voll, und
gab des Morgens vor, die Mäusse müsten es gethan haben.

Einer hatte den Hals gebrochen. Da man ihn aufhub, sahe man, daß
er ein Messer in der Hand gehabt. Da sagte ein Geistlicher, der dabey stun-
de, es wäre noch ein grosses Glücke, daß der gute Geselle nicht in das
Messer gefallen seye
.

Ein Schulmeister in einem Flecken war zu einer Mittags-Mahlzeit einge-

la-

Einem Philoſopho erzehlete einer etwas von einem ſchoͤnen Luſt-Garten,
wie es nemlich ein groſſer weiter Ort, und eine groſſe Menge Baͤume darinnen
zu finden waͤren. Auf daß der, welcher die Erzehlung that, dem Philoſo-
pho
ſolches deſto beſſer zeigen und demonſtriren koͤnte, ſtreckete er ſeine Hand
weit aus, und wieſe damit rings herum. Da ſtunde der Philoſophus auf
ſahe ihm ſtarr auf die Hand, und ſagte endlich: Herr! Thut eure Hand hin-
weg. Denn ſie verhindert mich, das ich davor die Baͤume nicht ſe-
hen kan
.

Ein Studioſus, als er gefraget ward, was er in der Kirche gethan
haͤtte
? antwortete; Ich habe das Teutſche Kyrieleiſon helffen ſingen.

Ein anderer Studioſus lag bey einer Hure, und ſchaͤtzte ſich gar gluͤcklich
deswegen, da ſie accurat mit denen Frantzoſen behafftet geweſen. Bey dem
Abſchied ſprach die Hure zu ihm: Nun mein Herr! Wann ihr daheime
ſeyd, werdet ihr meiner auch gedencken, Ja
, ſagte er, das will ich
thun
. Nach fuͤnff oder ſechs Wochen, als er zwo boͤſe Blattern bekam, die
er von der Hure gefangen, erinnerte er ſich ihrer, und ſagte: Das iſt der
Sůnden Schuld. Ich glaube es muß eine ſonderliche Straffe GOttes
ſeyn, weil ich nicht mehr an ſie gedacht habe, wie ich ihr verheiſſen
.

Ein gelehrter Raths-Herr diſputirte, wie weit es von Speyer biß nach
Heydelberg waͤre? als einer behauptete, daß nicht mehr dann dritthalb
Meil-Wegs dahin ſeye
, antwortete er und ſagte: Ich wolte funfftzig
Thaler wetten, daß ſchon von zehen Jahren her drey volle Meilen biß
dahin geweſen
.

Ein Bachant, als er des Nachts, ſeiner Nothdurfft halber aufſtunde, aber
den heimlichen Ort im Hauſe, in welchem er noch fremde geweſen, nicht zu
finden wuſte, erreichte ſeines Reiſe-Geſelle Stieffeln, hoffierte ihn voll, und
gab des Morgens vor, die Maͤuſſe muͤſten es gethan haben.

Einer hatte den Hals gebrochen. Da man ihn aufhub, ſahe man, daß
er ein Meſſer in der Hand gehabt. Da ſagte ein Geiſtlicher, der dabey ſtun-
de, es waͤre noch ein groſſes Gluͤcke, daß der gute Geſelle nicht in das
Meſſer gefallen ſeye
.

Ein Schulmeiſter in einem Flecken war zu einer Mittags-Mahlzeit einge-

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[54/0098] Einem Philoſopho erzehlete einer etwas von einem ſchoͤnen Luſt-Garten, wie es nemlich ein groſſer weiter Ort, und eine groſſe Menge Baͤume darinnen zu finden waͤren. Auf daß der, welcher die Erzehlung that, dem Philoſo- pho ſolches deſto beſſer zeigen und demonſtriren koͤnte, ſtreckete er ſeine Hand weit aus, und wieſe damit rings herum. Da ſtunde der Philoſophus auf ſahe ihm ſtarr auf die Hand, und ſagte endlich: Herr! Thut eure Hand hin- weg. Denn ſie verhindert mich, das ich davor die Baͤume nicht ſe- hen kan. Ein Studioſus, als er gefraget ward, was er in der Kirche gethan haͤtte? antwortete; Ich habe das Teutſche Kyrieleiſon helffen ſingen. Ein anderer Studioſus lag bey einer Hure, und ſchaͤtzte ſich gar gluͤcklich deswegen, da ſie accurat mit denen Frantzoſen behafftet geweſen. Bey dem Abſchied ſprach die Hure zu ihm: Nun mein Herr! Wann ihr daheime ſeyd, werdet ihr meiner auch gedencken, Ja, ſagte er, das will ich thun. Nach fuͤnff oder ſechs Wochen, als er zwo boͤſe Blattern bekam, die er von der Hure gefangen, erinnerte er ſich ihrer, und ſagte: Das iſt der Sůnden Schuld. Ich glaube es muß eine ſonderliche Straffe GOttes ſeyn, weil ich nicht mehr an ſie gedacht habe, wie ich ihr verheiſſen. Ein gelehrter Raths-Herr diſputirte, wie weit es von Speyer biß nach Heydelberg waͤre? als einer behauptete, daß nicht mehr dann dritthalb Meil-Wegs dahin ſeye, antwortete er und ſagte: Ich wolte funfftzig Thaler wetten, daß ſchon von zehen Jahren her drey volle Meilen biß dahin geweſen. Ein Bachant, als er des Nachts, ſeiner Nothdurfft halber aufſtunde, aber den heimlichen Ort im Hauſe, in welchem er noch fremde geweſen, nicht zu finden wuſte, erreichte ſeines Reiſe-Geſelle Stieffeln, hoffierte ihn voll, und gab des Morgens vor, die Maͤuſſe muͤſten es gethan haben. Einer hatte den Hals gebrochen. Da man ihn aufhub, ſahe man, daß er ein Meſſer in der Hand gehabt. Da ſagte ein Geiſtlicher, der dabey ſtun- de, es waͤre noch ein groſſes Gluͤcke, daß der gute Geſelle nicht in das Meſſer gefallen ſeye. Ein Schulmeiſter in einem Flecken war zu einer Mittags-Mahlzeit einge- la-

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Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/98>, abgerufen am 21.11.2024.