Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.sten Affect, der sich nur in ihm reget, über den Tölpel werffen lässet, mithin zei- Sie haben ihnen selber, vermessener und hoffärtiger Weise, den Na- Ulrich von Hutten beschreibet einen zur Pedanterey inclinirenden Philoso- Alle diejenigen, welche hinter dem Ofen philosophiren, und sich der-
ſten Affect, der ſich nur in ihm reget, uͤber den Toͤlpel werffen laͤſſet, mithin zei- Sie haben ihnen ſelber, vermeſſener und hoffaͤrtiger Weiſe, den Na- Ulrich von Hutten beſchreibet einen zur Pedanterey inclinirenden Philoſo- Alle diejenigen, welche hinter dem Ofen philoſophiren, und ſich der-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0083" n="39"/> ſten <hi rendition="#aq">Affect,</hi> der ſich nur in ihm reget, uͤber den Toͤlpel werffen laͤſſet, mithin zei-<lb/> get, daß er ein viel aͤrgerer Sclave derer <hi rendition="#aq">Affect</hi>en als andere Menſchen, die<lb/> nicht einmal wiſſen was die <hi rendition="#aq">Philoſophie</hi> iſt und bedeutet? Eben darum iſt ge-<lb/> ſchehen, daß ſich nicht nur <hi rendition="#aq">Comœdien</hi> Dichter uͤber den <hi rendition="#aq">Platonem,</hi> den <hi rendition="#aq">Ari-<lb/> ſtorelem,</hi> und andere groſſe <hi rendition="#aq">Philoſophos moqui</hi>ret, ſondern es iſt von meh-<lb/> rern, gantz andern Leuten als <hi rendition="#aq">Comœdien</hi>-Dichtern, ebenfalls geſchehen. <hi rendition="#aq">Quin-<lb/> tilianus</hi> redet von denen <hi rendition="#aq">Philoſophis</hi> alſo:</p><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Sie haben ihnen ſelber, vermeſſener und hoffaͤrtiger Weiſe, den Na-<lb/> men der Weisheit-Kuͤndiger, und Lehrer der Weisheit zugeleget,<lb/> deſſen ſich weder Vornehme in wichtigen Rathſchlaͤgen, in Regie-<lb/> rungs-Sachen uͤber Lande und Leute, ſtattlich geuͤbte Maͤnner, ja<lb/> die hoͤchſten Kaͤyſerlichen Perſonen ſelber nicht unterſtanden; allermaſ-<lb/> ſen dieſe lieber groſſe und weiſe Sachen verrichten, als mit dem Titel<lb/> der Weisheit prangen wollen. Zwar die alten</hi> <hi rendition="#aq">Philoſophi</hi> <hi rendition="#fr">haben viele<lb/> gute Lehren gegeben, und auch denſelben gemaͤß, ihr eigen Leben an-<lb/> geſtellet. Aber zu unſern Zeiten muß ihnen der herrliche Name nur<lb/> zum Schand-Deckel dienen. Denn ſie begehren nicht, durch Tugend<lb/> oder Geſchicklichkeit, von denen andern ſich zu unterſcheiden, ſondern<lb/> machen ihren argen Sitten nur einen Schein, mit ihrer angenomme-<lb/> nen</hi> <hi rendition="#aq">melancholi</hi> <hi rendition="#fr">ſchen Weiſe, verſtelleten Geſichte und abſonderlicher<lb/> Tracht. Auch dasjenige, was ſie ſich gantz eigenthuͤmlich zuſchreiben,<lb/> und einig und allein darinnen zu brechen haben wollen, wird ſonſt<lb/> ebenfalls von jederman, ja allenthalben gehandelt und</hi> <hi rendition="#aq">tracti</hi> <hi rendition="#fr">ret. Denn<lb/> wer redet nicht von Recht und Gerechtigkeit, von Billigkeit, von gu-<lb/> ten Sitten, von Daͤmpffung derer Begierden ꝛc. wo es anders nicht<lb/> gar ein ruchloſer Menſch iſt? Welcher Mahler, Baumeiſter und<lb/> Schreiner weiß nicht mit dem Circkel,</hi> <hi rendition="#aq">Quadran</hi> <hi rendition="#fr">ten und Winckel Maaß<lb/> umzugehen? Iſt auch je einer unter denen Bauern, der nicht denen<lb/> natuͤrlichen Urſachen nachgruͤnde, und von der Veraͤnderung des Ge-<lb/> witters zu ſagen wiſſe. Denn was die Gedancken, das Nachſinnen, und<lb/> die Rede betrifft, ſo ſind dieſe Sachen allen Menſchen gemein, die der<lb/> geſunden Vernunfft nicht beraubet oder ſtumm ſind.</hi> </p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Ulrich</hi> von <hi rendition="#fr">Hutten</hi> beſchreibet einen zur <hi rendition="#aq">Pedanterey inclini</hi>renden <hi rendition="#aq">Philoſo-<lb/> phum</hi> auf dieſe Weiſe:</p><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Alle diejenigen, welche hinter dem Ofen</hi> <hi rendition="#aq">philoſophi</hi> <hi rendition="#fr">ren, und ſich</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">der-</hi> </fw><lb/> </p> </div> </body> </text> </TEI> [39/0083]
ſten Affect, der ſich nur in ihm reget, uͤber den Toͤlpel werffen laͤſſet, mithin zei-
get, daß er ein viel aͤrgerer Sclave derer Affecten als andere Menſchen, die
nicht einmal wiſſen was die Philoſophie iſt und bedeutet? Eben darum iſt ge-
ſchehen, daß ſich nicht nur Comœdien Dichter uͤber den Platonem, den Ari-
ſtorelem, und andere groſſe Philoſophos moquiret, ſondern es iſt von meh-
rern, gantz andern Leuten als Comœdien-Dichtern, ebenfalls geſchehen. Quin-
tilianus redet von denen Philoſophis alſo:
Sie haben ihnen ſelber, vermeſſener und hoffaͤrtiger Weiſe, den Na-
men der Weisheit-Kuͤndiger, und Lehrer der Weisheit zugeleget,
deſſen ſich weder Vornehme in wichtigen Rathſchlaͤgen, in Regie-
rungs-Sachen uͤber Lande und Leute, ſtattlich geuͤbte Maͤnner, ja
die hoͤchſten Kaͤyſerlichen Perſonen ſelber nicht unterſtanden; allermaſ-
ſen dieſe lieber groſſe und weiſe Sachen verrichten, als mit dem Titel
der Weisheit prangen wollen. Zwar die alten Philoſophi haben viele
gute Lehren gegeben, und auch denſelben gemaͤß, ihr eigen Leben an-
geſtellet. Aber zu unſern Zeiten muß ihnen der herrliche Name nur
zum Schand-Deckel dienen. Denn ſie begehren nicht, durch Tugend
oder Geſchicklichkeit, von denen andern ſich zu unterſcheiden, ſondern
machen ihren argen Sitten nur einen Schein, mit ihrer angenomme-
nen melancholiſchen Weiſe, verſtelleten Geſichte und abſonderlicher
Tracht. Auch dasjenige, was ſie ſich gantz eigenthuͤmlich zuſchreiben,
und einig und allein darinnen zu brechen haben wollen, wird ſonſt
ebenfalls von jederman, ja allenthalben gehandelt und tractiret. Denn
wer redet nicht von Recht und Gerechtigkeit, von Billigkeit, von gu-
ten Sitten, von Daͤmpffung derer Begierden ꝛc. wo es anders nicht
gar ein ruchloſer Menſch iſt? Welcher Mahler, Baumeiſter und
Schreiner weiß nicht mit dem Circkel, Quadranten und Winckel Maaß
umzugehen? Iſt auch je einer unter denen Bauern, der nicht denen
natuͤrlichen Urſachen nachgruͤnde, und von der Veraͤnderung des Ge-
witters zu ſagen wiſſe. Denn was die Gedancken, das Nachſinnen, und
die Rede betrifft, ſo ſind dieſe Sachen allen Menſchen gemein, die der
geſunden Vernunfft nicht beraubet oder ſtumm ſind.
Ulrich von Hutten beſchreibet einen zur Pedanterey inclinirenden Philoſo-
phum auf dieſe Weiſe:
Alle diejenigen, welche hinter dem Ofen philoſophiren, und ſich
der-
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