Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.Mysterium hinterlassen, ob es schon lauter Vorurtheile und Irrthümer sind; Es giebt aber wenig, die sich in ihren Vorurtheilen bessern, und von ih- tem A a 3
Myſterium hinterlaſſen, ob es ſchon lauter Vorurtheile und Irrthuͤmer ſind; Es giebt aber wenig, die ſich in ihren Vorurtheilen beſſern, und von ih- tem A a 3
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Myſterium hinterlaſſen, ob es ſchon lauter Vorurtheile und Irrthuͤmer ſind;
communiciret der Sohn oder Schwieger-Sohn hernachmahls in ſeinem Col-
legio ſeinen Herrn Auditoribus cum Elegio excellentiſſimi Dn. Parentis &c.
dictiret es auch in calamum, oder in die Feder, damit ja die herrlichen Dogma-
ta ſeines Vaters, Groß-Vaters und Ur-Groß-Vaters, oder Schwieger-Va-
ters, nicht in der Aſche vermodern, noch von dem Roſt der Zeit ſo ſchaͤndlich
verzehret werden moͤchten. O zu wuͤnſchen waͤre dannenhero, daß jederzeit
tuͤchtige Subjecta zu denen vacanten Profeſſionen, nach dem Wachsthum derer
Diſciplinen, nicht erkaufft, nicht ererbt, nicht erheyrathet, ſondern, legitimo mo-
do vocirt wuͤrden, damit allemal etwas tuͤchtiges auf Univerſitæten geleſen, die
Studenten geſchickter in ihrem Scibili unterrichtet, und manche Magiſtri Phi-
loſophiæ nicht ewige Schuͤler von der wahren Weißheit bleiben moͤchten.
Es giebt aber wenig, die ſich in ihren Vorurtheilen beſſern, und von ih-
rer Halsſtarrigkeit ablaſſen. Auch von ſolchen wenigen pflegen es die meiſten
nicht eher zu thun, biß es ihnen in der Welt, und in ihren Aemtern, nicht recht
nach Wunſch gehen will. Da heiſt es dann, wie David ſaget: Herr! Wann
Truͤbſal da iſt, ſo ſuchet man dich, und wann du ſie zuͤchtigeſt, ſo ruf-
fen ſie aͤngſtlich. Denn wann endlich ſolche elende Leute in praxi erfahren,
daß ſie mit ihren Præjudiciis und wunderlichen Grillen nicht weiter fortkom-
men koͤnnen, ſondern bey verſtaͤndigen nur immer ein Gelaͤchter uͤber das an-
dere verurſachen, ſo kommen ſie zuletzt zu ihrer ſelbſt-eigenen Erkaͤnntniß, und
fangen an, denen alten Weiber-Præjudiciis gute nacht zu ſagen. Solches be-
ſtaͤrcken die Exempel einiger Philoſophorum, die zu unſern Zeiten aus Ariſtote-
liſchen Grillenfaͤngern in Electiſche Welt-Weiſe, wider aller Leute Vermu-
then, und zu jedermans Verwunderung, in ihren alten Tagen metamorpho-
firet worden ſind. Alſo hat auch bißweilen Oratio, Meditatio, & Tentatio
groſſe und alte Prediger in ihren Aemtern erſt zu rechten Ober-Hof-Predi-
gern und GOttes-Gelehrten gemachet, welche in ihren academiſchen Jahren, als
Studenten, ſich bey ihren Præceptis Homileticis Hülſemanni &c. beredter als
Ambroſius, gelehrter als Auguſtinus, erfahrner als Lutherus geduͤncket ha-
ben; ob ſie gleich niemals bey ihrer ſyſtematiſchen Cognition ein Fuͤncklein ei-
ner geiſtlichen Erfahrung empfinden koͤnnen. Von denen Herren Juriſten
und Juris utriusque Practicis & Pragmaticis iſt zur Gnuͤge bekannt, daß ſie in
ihrer guͤldenen Praxi alle Tage noch lernen, und mancher in ſeinem ungeſchickten
Libelliren oͤffters erfahren muß, daß ſie das Pfloͤckgen in libellando bey wei-
tem
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