Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

diejenigen, welche ihrer Lehre beypflichten, en general, sie mögen seyn
wer sie wollen, zum Teuffel in die Hölle fahren müssen,
Wer ist indessen
der Mann, der so hefftig redet? Ein Studiosus Theologiae, und zur Zeit noch
ein purer Schüler der Jesuiten. Ey! so lache vielmehr über den
Gelb-Schnabel und unreiffen Eyfferer, als daß du dich über ihn är-
gern woltest,
dörffte mir vielleicht einer sagen. Allein die Sache ist nicht lä-
cherlich, sondern seine Expressiones allzugrob und allzuunbescheiden, endlich
auch um so viel wichtiger, weil auf dem Titel geschrieben stehet; Cum Ap-
probatione & Superiorum Permissu.

Der Maul-Affe, indem er wegen der sichtbaren Kirche disputiret, und
behaupten will, daß solches die Catholische, nemlich die Römisch Catholi-
sche,
jederzeit gewesen seye, saget und rühmet sich, nur in denen allhier ange-
zogenen Passagen bey nahe zehenmahl, er habe nunmehro die Evangeli-
schen stumm und sprachloß gemachet
; da doch auf eben dieses Vorgeben de-
rer Herren Römisch-Catholischen bereits viel tausendmal gründlich geant-
wortet worden, ja ein jedweder Evangelischer Schüler capable ist, denen
Herrn Römisch-Catholischen tausend Gründe desfalls entgegen zu setzen.
Er spricht, mann wisse Catholischer Seits nichts von Winckel-Kirchen
und heimlichen Versammlungen, sondern seye mit der reinen Lehre
allezeit an das helle Licht getreten.
Wäre aber der Autor kein Ignorant
in der Kirchen- und andern Historie, müste ihm bekannt seyn, daß die Christ-
liche Lehre, selber in der Stadt Rom bey nahe dreyhundert Jahre lang, an-
ders nicht als heimlich, in tiefen unterirrdischen Hölen, Gewölbern und Kellern
getrieben worden, woraus man die armen versammleten Christen öffters Hauf-
fen-weise gezogen, und sie zur Schlacht-Banck geführet. Auch könte ihm nicht
unbekannt seyn, daferne er ein Historicus wäre, daß in einem jedweden Seculo,
von derer Apostel-Zeiten an, allezeit solche Männer aufgetreten, welche so ge-
lehret und geprediget, wie Lutherus, nehmlich der Heil. Schrifft gemäß; ob
man sie gleich nachhero verfolget, ja gar erwürget hat. Die Kirche ist dem-
nach allezeit sichtbar genug gewesen, wann sie schon aus einem sehr kleinen
Häufflein bestanden, und kaum etliche Personen ausgemachet, die das Zei-
chen des Thieres nicht an ihrer Stirne geschrieben gehabt.

Wiewohl der närrische Autor statuiret, die Catholische Kirche seye
allemal recht hellgläntzend gewesen, dergestalt, daß sie vom Anfang

her

diejenigen, welche ihrer Lehre beypflichten, en general, ſie moͤgen ſeyn
wer ſie wollen, zum Teuffel in die Hoͤlle fahren muͤſſen,
Wer iſt indeſſen
der Mann, der ſo hefftig redet? Ein Studioſus Theologiæ, und zur Zeit noch
ein purer Schuͤler der Jeſuiten. Ey! ſo lache vielmehr uͤber den
Gelb-Schnabel und unreiffen Eyfferer, als daß du dich uͤber ihn aͤr-
gern wolteſt,
doͤrffte mir vielleicht einer ſagen. Allein die Sache iſt nicht laͤ-
cherlich, ſondern ſeine Expreſſiones allzugrob und allzuunbeſcheiden, endlich
auch um ſo viel wichtiger, weil auf dem Titel geſchrieben ſtehet; Cum Ap-
probatione & Superiorum Permiſſu.

Der Maul-Affe, indem er wegen der ſichtbaren Kirche diſputiret, und
behaupten will, daß ſolches die Catholiſche, nemlich die Roͤmiſch Catholi-
ſche,
jederzeit geweſen ſeye, ſaget und ruͤhmet ſich, nur in denen allhier ange-
zogenen Paſſagen bey nahe zehenmahl, er habe nunmehro die Evangeli-
ſchen ſtumm und ſprachloß gemachet
; da doch auf eben dieſes Vorgeben de-
rer Herren Roͤmiſch-Catholiſchen bereits viel tauſendmal gruͤndlich geant-
wortet worden, ja ein jedweder Evangeliſcher Schuͤler capable iſt, denen
Herrn Roͤmiſch-Catholiſchen tauſend Gruͤnde desfalls entgegen zu ſetzen.
Er ſpricht, mann wiſſe Catholiſcher Seits nichts von Winckel-Kirchen
und heimlichen Verſammlungen, ſondern ſeye mit der reinen Lehre
allezeit an das helle Licht getreten.
Waͤre aber der Autor kein Ignorant
in der Kirchen- und andern Hiſtorie, muͤſte ihm bekannt ſeyn, daß die Chriſt-
liche Lehre, ſelber in der Stadt Rom bey nahe dreyhundert Jahre lang, an-
ders nicht als heimlich, in tiefen unterirrdiſchen Hoͤlen, Gewoͤlbern und Kellern
getrieben worden, woraus man die armen verſammleten Chriſten oͤffters Hauf-
fen-weiſe gezogen, und ſie zur Schlacht-Banck gefuͤhret. Auch koͤnte ihm nicht
unbekannt ſeyn, daferne er ein Hiſtoricus waͤre, daß in einem jedweden Seculo,
von derer Apoſtel-Zeiten an, allezeit ſolche Maͤnner aufgetreten, welche ſo ge-
lehret und geprediget, wie Lutherus, nehmlich der Heil. Schrifft gemaͤß; ob
man ſie gleich nachhero verfolget, ja gar erwuͤrget hat. Die Kirche iſt dem-
nach allezeit ſichtbar genug geweſen, wann ſie ſchon aus einem ſehr kleinen
Haͤufflein beſtanden, und kaum etliche Perſonen ausgemachet, die das Zei-
chen des Thieres nicht an ihrer Stirne geſchrieben gehabt.

Wiewohl der naͤrriſche Autor ſtatuiret, die Catholiſche Kirche ſeye
allemal recht hellglaͤntzend geweſen, dergeſtalt, daß ſie vom Anfang

her
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0211" n="167"/><hi rendition="#fr">diejenigen, welche ihrer Lehre beypflichten,</hi><hi rendition="#aq">en general,</hi><hi rendition="#fr">&#x017F;ie mo&#x0364;gen &#x017F;eyn<lb/>
wer &#x017F;ie wollen, zum Teuffel in die Ho&#x0364;lle fahren mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en,</hi> Wer i&#x017F;t inde&#x017F;&#x017F;en<lb/>
der Mann, der &#x017F;o hefftig redet? Ein <hi rendition="#aq">Studio&#x017F;us Theologiæ,</hi> und zur Zeit noch<lb/>
ein purer Schu&#x0364;ler der Je&#x017F;uiten. <hi rendition="#fr">Ey! &#x017F;o lache vielmehr u&#x0364;ber den</hi><lb/>
G<hi rendition="#fr">elb</hi>-S<hi rendition="#fr">chnabel und unreiffen Eyfferer, als daß du dich u&#x0364;ber ihn a&#x0364;r-<lb/>
gern wolte&#x017F;t,</hi> do&#x0364;rffte mir vielleicht einer &#x017F;agen. Allein die Sache i&#x017F;t nicht la&#x0364;-<lb/>
cherlich, &#x017F;ondern &#x017F;eine <hi rendition="#aq">Expre&#x017F;&#x017F;iones</hi> allzugrob und allzuunbe&#x017F;cheiden, endlich<lb/>
auch um &#x017F;o viel wichtiger, weil auf dem Titel ge&#x017F;chrieben &#x017F;tehet; <hi rendition="#aq">Cum Ap-<lb/>
probatione &amp; Superiorum Permi&#x017F;&#x017F;u.</hi></p><lb/>
        <p>Der Maul-Affe, indem er wegen der <hi rendition="#fr">&#x017F;ichtbaren Kirche</hi> <hi rendition="#aq">di&#x017F;puti</hi>ret, und<lb/>
behaupten will, daß &#x017F;olches die <hi rendition="#fr">Catholi&#x017F;che,</hi> nemlich die <hi rendition="#fr">Ro&#x0364;mi&#x017F;ch Catholi-<lb/>
&#x017F;che,</hi> jederzeit gewe&#x017F;en &#x017F;eye, &#x017F;aget und ru&#x0364;hmet &#x017F;ich, nur in denen allhier ange-<lb/>
zogenen <hi rendition="#aq">Pa&#x017F;&#x017F;ag</hi>en bey nahe zehenmahl, <hi rendition="#fr">er habe nunmehro die Evangeli-<lb/>
&#x017F;chen &#x017F;tumm und &#x017F;prachloß gemachet</hi>; da doch auf eben die&#x017F;es Vorgeben de-<lb/>
rer Herren <hi rendition="#fr">Ro&#x0364;mi&#x017F;ch-Catholi&#x017F;chen</hi> bereits viel tau&#x017F;endmal gru&#x0364;ndlich geant-<lb/>
wortet worden, ja ein jedweder <hi rendition="#fr">Evangeli&#x017F;cher Schu&#x0364;ler</hi> <hi rendition="#aq">capable</hi> i&#x017F;t, denen<lb/>
Herrn <hi rendition="#fr">Ro&#x0364;mi&#x017F;ch-Catholi&#x017F;chen</hi> tau&#x017F;end Gru&#x0364;nde desfalls entgegen zu &#x017F;etzen.<lb/>
Er &#x017F;pricht, <hi rendition="#fr">mann wi&#x017F;&#x017F;e Catholi&#x017F;cher Seits nichts von Winckel-Kirchen<lb/>
und heimlichen Ver&#x017F;ammlungen, &#x017F;ondern &#x017F;eye mit der reinen Lehre<lb/>
allezeit an das helle Licht getreten.</hi> Wa&#x0364;re aber der <hi rendition="#aq">Autor</hi> kein <hi rendition="#aq">Ignorant</hi><lb/>
in der Kirchen- und andern Hi&#x017F;torie, mu&#x0364;&#x017F;te ihm bekannt &#x017F;eyn, daß die Chri&#x017F;t-<lb/>
liche Lehre, &#x017F;elber in der Stadt Rom bey nahe dreyhundert Jahre lang, an-<lb/>
ders nicht als heimlich, in tiefen unterirrdi&#x017F;chen Ho&#x0364;len, Gewo&#x0364;lbern und Kellern<lb/>
getrieben worden, woraus man die armen ver&#x017F;ammleten Chri&#x017F;ten o&#x0364;ffters Hauf-<lb/>
fen-wei&#x017F;e gezogen, und &#x017F;ie zur Schlacht-Banck gefu&#x0364;hret. Auch ko&#x0364;nte ihm nicht<lb/>
unbekannt &#x017F;eyn, daferne er ein <hi rendition="#aq">Hi&#x017F;toricus</hi> wa&#x0364;re, daß in einem jedweden <hi rendition="#aq">Seculo,</hi><lb/>
von derer Apo&#x017F;tel-Zeiten an, allezeit &#x017F;olche Ma&#x0364;nner aufgetreten, welche &#x017F;o ge-<lb/>
lehret und geprediget, wie <hi rendition="#aq">Lutherus,</hi> nehmlich der Heil. Schrifft gema&#x0364;ß; ob<lb/>
man &#x017F;ie gleich nachhero verfolget, ja gar erwu&#x0364;rget hat. Die Kirche i&#x017F;t dem-<lb/>
nach allezeit &#x017F;ichtbar genug gewe&#x017F;en, wann &#x017F;ie &#x017F;chon aus einem &#x017F;ehr kleinen<lb/>
Ha&#x0364;ufflein be&#x017F;tanden, und kaum etliche Per&#x017F;onen ausgemachet, <hi rendition="#fr">die das Zei-<lb/>
chen des Thieres nicht an ihrer Stirne ge&#x017F;chrieben gehabt.</hi></p><lb/>
        <p>Wiewohl der na&#x0364;rri&#x017F;che <hi rendition="#aq">Autor &#x017F;tatui</hi>ret, <hi rendition="#fr">die Catholi&#x017F;che Kirche &#x017F;eye<lb/>
allemal recht hellgla&#x0364;ntzend gewe&#x017F;en, derge&#x017F;talt, daß &#x017F;ie vom Anfang</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">her</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[167/0211] diejenigen, welche ihrer Lehre beypflichten, en general, ſie moͤgen ſeyn wer ſie wollen, zum Teuffel in die Hoͤlle fahren muͤſſen, Wer iſt indeſſen der Mann, der ſo hefftig redet? Ein Studioſus Theologiæ, und zur Zeit noch ein purer Schuͤler der Jeſuiten. Ey! ſo lache vielmehr uͤber den Gelb-Schnabel und unreiffen Eyfferer, als daß du dich uͤber ihn aͤr- gern wolteſt, doͤrffte mir vielleicht einer ſagen. Allein die Sache iſt nicht laͤ- cherlich, ſondern ſeine Expreſſiones allzugrob und allzuunbeſcheiden, endlich auch um ſo viel wichtiger, weil auf dem Titel geſchrieben ſtehet; Cum Ap- probatione & Superiorum Permiſſu. Der Maul-Affe, indem er wegen der ſichtbaren Kirche diſputiret, und behaupten will, daß ſolches die Catholiſche, nemlich die Roͤmiſch Catholi- ſche, jederzeit geweſen ſeye, ſaget und ruͤhmet ſich, nur in denen allhier ange- zogenen Paſſagen bey nahe zehenmahl, er habe nunmehro die Evangeli- ſchen ſtumm und ſprachloß gemachet; da doch auf eben dieſes Vorgeben de- rer Herren Roͤmiſch-Catholiſchen bereits viel tauſendmal gruͤndlich geant- wortet worden, ja ein jedweder Evangeliſcher Schuͤler capable iſt, denen Herrn Roͤmiſch-Catholiſchen tauſend Gruͤnde desfalls entgegen zu ſetzen. Er ſpricht, mann wiſſe Catholiſcher Seits nichts von Winckel-Kirchen und heimlichen Verſammlungen, ſondern ſeye mit der reinen Lehre allezeit an das helle Licht getreten. Waͤre aber der Autor kein Ignorant in der Kirchen- und andern Hiſtorie, muͤſte ihm bekannt ſeyn, daß die Chriſt- liche Lehre, ſelber in der Stadt Rom bey nahe dreyhundert Jahre lang, an- ders nicht als heimlich, in tiefen unterirrdiſchen Hoͤlen, Gewoͤlbern und Kellern getrieben worden, woraus man die armen verſammleten Chriſten oͤffters Hauf- fen-weiſe gezogen, und ſie zur Schlacht-Banck gefuͤhret. Auch koͤnte ihm nicht unbekannt ſeyn, daferne er ein Hiſtoricus waͤre, daß in einem jedweden Seculo, von derer Apoſtel-Zeiten an, allezeit ſolche Maͤnner aufgetreten, welche ſo ge- lehret und geprediget, wie Lutherus, nehmlich der Heil. Schrifft gemaͤß; ob man ſie gleich nachhero verfolget, ja gar erwuͤrget hat. Die Kirche iſt dem- nach allezeit ſichtbar genug geweſen, wann ſie ſchon aus einem ſehr kleinen Haͤufflein beſtanden, und kaum etliche Perſonen ausgemachet, die das Zei- chen des Thieres nicht an ihrer Stirne geſchrieben gehabt. Wiewohl der naͤrriſche Autor ſtatuiret, die Catholiſche Kirche ſeye allemal recht hellglaͤntzend geweſen, dergeſtalt, daß ſie vom Anfang her

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/211
Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/211>, abgerufen am 06.05.2024.