Samson treu verblieben. Aber endlich griffen ihr die Fürsten derer Philister an den nechten Puls, und damit wars aus. Bey die- sen Worten griffe sich der Franciscaner selber mit der rechten Hand an den lincken Puls, und lachte zu gleicher Zeit überlaut. Her- nach fuhr er weiter fort und sprach: Sie boten nemlich der Delila eine grosse Menge Silber dar, O da war es geschehen. Die Ver- suchung war zu starck, und ihre Treue gegen den Samson zer- schmoltze wie Butter an der Sonnen. Denn so gehet es gemei- niglich mit dem Frauenzimmer, daß wann sie sich noch so keusch und treu anstellen, sie dennoch gar leichtlich auf andere Gedan- cken gebracht werden können, wann man ihnen Gold und Sil- ber zeiget und offeriret. Delila ihres Orts machte sich demnach an ihren Mann Samson, hertzete und küßete ihn, schmeichelte auch demselben sonst auf allerley Art, und bat, er möchte ihr doch sa- gen, worinnen eigentlich seine ausserordentliche Stärcke bestünde, immerfort hinzusetzende: Mein lieber Samson! Ich kan sonst nicht glauben, daß du mich recht lieb habest. Ob ihr nun wohl Samson drey Nasen nach einander andrehete, begieng er zuletzt dennoch den einfältigen Streich, daß er ihr die Wahrheit sagte. Hier- auf verriethe sie das Geheimniß an die Fürsten ihres Landes, und caressirte unterdessen den armen Samson dermassen, daß er sein Haupt auf ihren Schooß legte und ents[c]hlieff. Alsdann bescho- re sie sein Haupt, und rieff Philister über dir Samson! Er wachte auf, und meynte, er wolte es machen wie sonst; allein seine Stär- cke war dahin. Die Philister griffen ihn, stachen ihm die Augen aus, und trieben ihren Spott mit demselben, biß er sich endlich den- noch einmal rächen und ein Haus umwerffen kunte, worinnen sich viele vornehme und andere Philister, Manns- und Weibs- Personen von etlich tausend befanden, die insgesamt erschlagen wurden. Aber Samson selber kam dabey ebenfalls um, und endig- te also sein Leben auf eine jämmerliche und er ärmliche Art. Des- wegen nun, daß Samson, nachdem er bereits einmal von seinem
ersten
U 3
Samſon treu verblieben. Aber endlich griffen ihr die Fuͤrſten derer Philiſter an den nechten Puls, und damit wars aus. Bey die- ſen Worten griffe ſich der Franciſcaner ſelber mit der rechten Hand an den lincken Puls, und lachte zu gleicher Zeit uͤberlaut. Her- nach fuhr er weiter fort und ſprach: Sie boten nemlich der Delila eine groſſe Menge Silber dar, O da war es geſchehen. Die Ver- ſuchung war zu ſtarck, und ihre Treue gegen den Samſon zer- ſchmoltze wie Butter an der Sonnen. Denn ſo gehet es gemei- niglich mit dem Frauenzimmer, daß wann ſie ſich noch ſo keuſch und treu anſtellen, ſie dennoch gar leichtlich auf andere Gedan- cken gebracht werden koͤnnen, wann man ihnen Gold und Sil- ber zeiget und offeriret. Delila ihres Orts machte ſich demnach an ihren Mann Samſon, hertzete und kuͤßete ihn, ſchmeichelte auch demſelben ſonſt auf allerley Art, und bat, er moͤchte ihr doch ſa- gen, worinnen eigentlich ſeine auſſerordentliche Staͤrcke beſtuͤnde, immerfort hinzuſetzende: Mein lieber Samſon! Ich kan ſonſt nicht glauben, daß du mich recht lieb habeſt. Ob ihr nun wohl Samſon drey Naſen nach einander andrehete, begieng er zuletzt dennoch den einfaͤltigen Streich, daß er ihr die Wahrheit ſagte. Hier- auf verriethe ſie das Geheimniß an die Fuͤrſten ihres Landes, und careſſirte unterdeſſen den armen Samſon dermaſſen, daß er ſein Haupt auf ihren Schooß legte und entſ[c]hlieff. Alsdann beſcho- re ſie ſein Haupt, und rieff Philiſter uͤber dir Samſon! Er wachte auf, und meynte, er wolte es machen wie ſonſt; allein ſeine Staͤr- cke war dahin. Die Philiſter griffen ihn, ſtachen ihm die Augen aus, und trieben ihren Spott mit demſelben, biß er ſich endlich den- noch einmal raͤchen und ein Haus umwerffen kunte, worinnen ſich viele vornehme und andere Philiſter, Manns- und Weibs- Perſonen von etlich tauſend befanden, die insgeſamt erſchlagen wurden. Aber Samſon ſelber kam dabey ebenfalls um, und endig- te alſo ſein Leben auf eine jaͤmmerliche und er aͤrmliche Art. Des- wegen nun, daß Samſon, nachdem er bereits einmal von ſeinem
erſten
U 3
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0201"n="157"/><hirendition="#aq">Samſon</hi> treu verblieben. Aber endlich griffen ihr die Fuͤrſten derer<lb/>
Philiſter an den nechten Puls, und damit wars aus. Bey die-<lb/>ſen Worten griffe ſich der <hirendition="#aq">Franciſcaner</hi>ſelber mit der rechten Hand<lb/>
an den lincken Puls, und lachte zu gleicher Zeit uͤberlaut. Her-<lb/>
nach fuhr er weiter fort und ſprach: Sie boten nemlich der <hirendition="#aq">Delila</hi><lb/>
eine groſſe Menge Silber dar, O da war es geſchehen. Die Ver-<lb/>ſuchung war zu ſtarck, und ihre Treue gegen den <hirendition="#aq">Samſon</hi> zer-<lb/>ſchmoltze wie Butter an der Sonnen. Denn ſo gehet es gemei-<lb/>
niglich mit dem Frauenzimmer, daß wann ſie ſich noch ſo keuſch<lb/>
und treu anſtellen, ſie dennoch gar leichtlich auf andere Gedan-<lb/>
cken gebracht werden koͤnnen, wann man ihnen Gold und Sil-<lb/>
ber zeiget und <hirendition="#aq">offeri</hi>ret. <hirendition="#aq">Delila</hi> ihres Orts machte ſich demnach an<lb/>
ihren Mann <hirendition="#aq">Samſon,</hi> hertzete und kuͤßete ihn, ſchmeichelte auch<lb/>
demſelben ſonſt auf allerley Art, und bat, er moͤchte ihr doch ſa-<lb/>
gen, worinnen eigentlich ſeine auſſerordentliche Staͤrcke beſtuͤnde,<lb/>
immerfort hinzuſetzende: Mein lieber <hirendition="#aq">Samſon!</hi> Ich kan ſonſt nicht<lb/>
glauben, daß du mich recht lieb habeſt. Ob ihr nun wohl <hirendition="#aq">Samſon</hi><lb/>
drey Naſen nach einander andrehete, begieng er zuletzt dennoch<lb/>
den einfaͤltigen Streich, daß er ihr die Wahrheit ſagte. Hier-<lb/>
auf verriethe ſie das Geheimniß an die Fuͤrſten ihres Landes, und<lb/><hirendition="#aq">careſſir</hi>te unterdeſſen den armen <hirendition="#aq">Samſon</hi> dermaſſen, daß er ſein<lb/>
Haupt auf ihren Schooß legte und entſ<supplied>c</supplied>hlieff. Alsdann beſcho-<lb/>
re ſie ſein Haupt, und rieff Philiſter uͤber dir <hirendition="#aq">Samſon!</hi> Er wachte<lb/>
auf, und meynte, er wolte es machen wie ſonſt; allein ſeine Staͤr-<lb/>
cke war dahin. Die Philiſter griffen ihn, ſtachen ihm die Augen<lb/>
aus, und trieben ihren Spott mit demſelben, biß er ſich endlich den-<lb/>
noch einmal raͤchen und ein Haus umwerffen kunte, worinnen<lb/>ſich viele vornehme und andere Philiſter, Manns- und Weibs-<lb/>
Perſonen von etlich tauſend befanden, die insgeſamt erſchlagen<lb/>
wurden. Aber <hirendition="#aq">Samſon</hi>ſelber kam dabey ebenfalls um, und endig-<lb/>
te alſo ſein Leben auf eine jaͤmmerliche und er aͤrmliche Art. Des-<lb/>
wegen nun, daß <hirendition="#aq">Samſon,</hi> nachdem er bereits einmal von ſeinem<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr">U 3</hi></fw><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">erſten</hi></fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[157/0201]
Samſon treu verblieben. Aber endlich griffen ihr die Fuͤrſten derer
Philiſter an den nechten Puls, und damit wars aus. Bey die-
ſen Worten griffe ſich der Franciſcaner ſelber mit der rechten Hand
an den lincken Puls, und lachte zu gleicher Zeit uͤberlaut. Her-
nach fuhr er weiter fort und ſprach: Sie boten nemlich der Delila
eine groſſe Menge Silber dar, O da war es geſchehen. Die Ver-
ſuchung war zu ſtarck, und ihre Treue gegen den Samſon zer-
ſchmoltze wie Butter an der Sonnen. Denn ſo gehet es gemei-
niglich mit dem Frauenzimmer, daß wann ſie ſich noch ſo keuſch
und treu anſtellen, ſie dennoch gar leichtlich auf andere Gedan-
cken gebracht werden koͤnnen, wann man ihnen Gold und Sil-
ber zeiget und offeriret. Delila ihres Orts machte ſich demnach an
ihren Mann Samſon, hertzete und kuͤßete ihn, ſchmeichelte auch
demſelben ſonſt auf allerley Art, und bat, er moͤchte ihr doch ſa-
gen, worinnen eigentlich ſeine auſſerordentliche Staͤrcke beſtuͤnde,
immerfort hinzuſetzende: Mein lieber Samſon! Ich kan ſonſt nicht
glauben, daß du mich recht lieb habeſt. Ob ihr nun wohl Samſon
drey Naſen nach einander andrehete, begieng er zuletzt dennoch
den einfaͤltigen Streich, daß er ihr die Wahrheit ſagte. Hier-
auf verriethe ſie das Geheimniß an die Fuͤrſten ihres Landes, und
careſſirte unterdeſſen den armen Samſon dermaſſen, daß er ſein
Haupt auf ihren Schooß legte und entſchlieff. Alsdann beſcho-
re ſie ſein Haupt, und rieff Philiſter uͤber dir Samſon! Er wachte
auf, und meynte, er wolte es machen wie ſonſt; allein ſeine Staͤr-
cke war dahin. Die Philiſter griffen ihn, ſtachen ihm die Augen
aus, und trieben ihren Spott mit demſelben, biß er ſich endlich den-
noch einmal raͤchen und ein Haus umwerffen kunte, worinnen
ſich viele vornehme und andere Philiſter, Manns- und Weibs-
Perſonen von etlich tauſend befanden, die insgeſamt erſchlagen
wurden. Aber Samſon ſelber kam dabey ebenfalls um, und endig-
te alſo ſein Leben auf eine jaͤmmerliche und er aͤrmliche Art. Des-
wegen nun, daß Samſon, nachdem er bereits einmal von ſeinem
erſten
U 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/201>, abgerufen am 21.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.