vernehmen lässet. Eure eigentlichen Worte aber lauten also:Nec enim unquam atrocioribus Populi Romani cladibus magis ve justis judiciis appro- batum est, non esse curae Diis securitatem nostram esse ultionem,es sey aus keiner Niederlag derer Römer so eigentlich gespüret worden, daß GOtt nicht unsere Wohlfarth sondern nur sich an uns zu rächen suche. Und kan euch in diesem eurem Irrthum nichts als das einige entschul- digen, daß ihr dem unverständigenPoetenLucanonachgefolget seyd, welcher vor euch eben solcher Meynung gewesen, indem er diese Verse geschrieben:
Felix Roma quidem civesque habitura superbos, Si libertatis Superis tam cura placeret, Quam vindicta placet. Rom wäre vor glückselig zu halten, wann denen Göttern ihre Freyheit so sehr, als dieselbige zu straffen angelegen wäre.
Als Tacitus dieses vernommen sagte er: Es jammert mich, mein lieberLipsie!daß ihr euch öffentlich vor denjenigen habt ausge- geben, der allein den verborgenen Verstand meiner Schrifften habe wissen auszulegen, und habt hernach, in einer so hochwichti- gen Sache, und da meinerReputationviel angelegen, so gröblich geirret. Denn meine Worte, wie ihr sie jetzund verlesen habt, seynd nicht allein, wie ihr vorgebet, keinesweges gottloß sondern, ich halte sie auch vor gut und Heilig. Euch aber dessen, was ich vvrgebe, desto besser zu unterrichten, will ich diese meine Mey- nung mit weitläufftigen und vielen Worten auslegen, welche ihr, weil ich sie, meinem Gebrauch nach kurtz gefasset, nicht habt be- greiffen können. Nachdem ich im Anfang meiner Historien dem Leser zu wissen gethan, wovon ich in diesem gantzenTractatzu handeln willens wäre, habe ich gesagt, daß ich mich einer Arbeit unterfange, in welcher mancherley Fälle vorkommen würden,
atrox
Q 2
vernehmen laͤſſet. Eure eigentlichen Worte aber lauten alſo:Nec enim unquam atrocioribus Populi Romani cladibus magis ve juſtis judiciis appro- batum eſt, non eſſe curæ Diis ſecuritatem noſtram eſſe ultionem,es ſey aus keiner Niederlag derer Roͤmer ſo eigentlich geſpuͤret worden, daß GOtt nicht unſere Wohlfarth ſondern nur ſich an uns zu raͤchen ſuche. Und kan euch in dieſem eurem Irrthum nichts als das einige entſchul- digen, daß ihr dem unverſtaͤndigenPoëtenLucanonachgefolget ſeyd, welcher vor euch eben ſolcher Meynung geweſen, indem er dieſe Verſe geſchrieben:
Felix Roma quidem civesque habitura ſuperbos, Si libertatis Superis tam cura placeret, Quam vindicta placet. Rom waͤre vor gluͤckſelig zu halten, wann denen Goͤttern ihre Freyheit ſo ſehr, als dieſelbige zu ſtraffen angelegen waͤre.
Als Tacitus dieſes vernommen ſagte er: Es jammert mich, mein lieberLipſie!daß ihr euch oͤffentlich vor denjenigen habt ausge- geben, der allein den verborgenen Verſtand meiner Schrifften habe wiſſen auszulegen, und habt hernach, in einer ſo hochwichti- gen Sache, und da meinerReputationviel angelegen, ſo groͤblich geirret. Denn meine Worte, wie ihr ſie jetzund verleſen habt, ſeynd nicht allein, wie ihr vorgebet, keinesweges gottloß ſondern, ich halte ſie auch vor gut und Heilig. Euch aber deſſen, was ich vvrgebe, deſto beſſer zu unterrichten, will ich dieſe meine Mey- nung mit weitlaͤufftigen und vielen Worten auslegen, welche ihr, weil ich ſie, meinem Gebrauch nach kurtz gefaſſet, nicht habt be- greiffen koͤnnen. Nachdem ich im Anfang meiner Hiſtorien dem Leſer zu wiſſen gethan, wovon ich in dieſem gantzenTractatzu handeln willens waͤre, habe ich geſagt, daß ich mich einer Arbeit unterfange, in welcher mancherley Faͤlle vorkommen wuͤrden,
atrox
Q 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0167"n="123"/><hirendition="#fr">vernehmen laͤſſet. Eure eigentlichen Worte aber lauten alſo:</hi><hirendition="#aq">Nec enim<lb/>
unquam atrocioribus Populi Romani cladibus magis ve juſtis judiciis appro-<lb/>
batum eſt, non eſſe curæ Diis ſecuritatem noſtram eſſe ultionem,</hi><hirendition="#fr">es ſey aus<lb/>
keiner Niederlag derer Roͤmer ſo eigentlich geſpuͤret worden, daß<lb/>
GOtt nicht unſere Wohlfarth ſondern nur ſich an uns zu raͤchen ſuche.<lb/>
Und kan euch in dieſem eurem Irrthum nichts als das einige entſchul-<lb/>
digen, daß ihr dem unverſtaͤndigen</hi><hirendition="#aq">Poë</hi><hirendition="#fr">ten</hi><hirendition="#aq">Lucano</hi><hirendition="#fr">nachgefolget ſeyd,<lb/>
welcher vor euch eben ſolcher Meynung geweſen, indem er dieſe Verſe<lb/>
geſchrieben:</hi></p><lb/><cit><quote><lgtype="poem"><l><hirendition="#aq">Felix Roma quidem civesque habitura ſuperbos,</hi></l><lb/><l><hirendition="#aq">Si libertatis Superis tam cura placeret,</hi></l><lb/><l><hirendition="#aq">Quam vindicta placet.</hi></l><lb/><l><hirendition="#fr">Rom waͤre vor gluͤckſelig zu halten, wann denen Goͤttern</hi></l><lb/><l>ihre Freyheit ſo ſehr, als dieſelbige zu ſtraffen angelegen waͤre.</l></lg></quote></cit><lb/><p>Als <hirendition="#aq">Tacitus</hi> dieſes vernommen ſagte er: <hirendition="#fr">Es jammert mich, mein<lb/>
lieber</hi><hirendition="#aq">Lipſie!</hi><hirendition="#fr">daß ihr euch oͤffentlich vor denjenigen habt ausge-<lb/>
geben, der allein den verborgenen Verſtand meiner Schrifften<lb/>
habe wiſſen auszulegen, und habt hernach, in einer ſo hochwichti-<lb/>
gen Sache, und da meiner</hi><hirendition="#aq">Reputation</hi><hirendition="#fr">viel angelegen, ſo groͤblich<lb/>
geirret. Denn meine Worte, wie ihr ſie jetzund verleſen habt,<lb/>ſeynd nicht allein, wie ihr vorgebet, keinesweges gottloß ſondern,<lb/>
ich halte ſie auch vor gut und Heilig. Euch aber deſſen, was ich<lb/>
vvrgebe, deſto beſſer zu unterrichten, will ich dieſe meine Mey-<lb/>
nung mit weitlaͤufftigen und vielen Worten auslegen, welche ihr,<lb/>
weil ich ſie, meinem Gebrauch nach kurtz gefaſſet, nicht habt be-<lb/>
greiffen koͤnnen. Nachdem ich im Anfang meiner Hiſtorien dem<lb/>
Leſer zu wiſſen gethan, wovon ich in dieſem gantzen</hi><hirendition="#aq">Tractat</hi><hirendition="#fr">zu<lb/>
handeln willens waͤre, habe ich geſagt, daß ich mich einer Arbeit<lb/>
unterfange, in welcher mancherley Faͤlle vorkommen wuͤrden,</hi><lb/><fwplace="bottom"type="sig">Q 2</fw><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#aq">atrox</hi></fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[123/0167]
vernehmen laͤſſet. Eure eigentlichen Worte aber lauten alſo: Nec enim
unquam atrocioribus Populi Romani cladibus magis ve juſtis judiciis appro-
batum eſt, non eſſe curæ Diis ſecuritatem noſtram eſſe ultionem, es ſey aus
keiner Niederlag derer Roͤmer ſo eigentlich geſpuͤret worden, daß
GOtt nicht unſere Wohlfarth ſondern nur ſich an uns zu raͤchen ſuche.
Und kan euch in dieſem eurem Irrthum nichts als das einige entſchul-
digen, daß ihr dem unverſtaͤndigen Poëten Lucano nachgefolget ſeyd,
welcher vor euch eben ſolcher Meynung geweſen, indem er dieſe Verſe
geſchrieben:
Felix Roma quidem civesque habitura ſuperbos,
Si libertatis Superis tam cura placeret,
Quam vindicta placet.
Rom waͤre vor gluͤckſelig zu halten, wann denen Goͤttern
ihre Freyheit ſo ſehr, als dieſelbige zu ſtraffen angelegen waͤre.
Als Tacitus dieſes vernommen ſagte er: Es jammert mich, mein
lieber Lipſie! daß ihr euch oͤffentlich vor denjenigen habt ausge-
geben, der allein den verborgenen Verſtand meiner Schrifften
habe wiſſen auszulegen, und habt hernach, in einer ſo hochwichti-
gen Sache, und da meiner Reputation viel angelegen, ſo groͤblich
geirret. Denn meine Worte, wie ihr ſie jetzund verleſen habt,
ſeynd nicht allein, wie ihr vorgebet, keinesweges gottloß ſondern,
ich halte ſie auch vor gut und Heilig. Euch aber deſſen, was ich
vvrgebe, deſto beſſer zu unterrichten, will ich dieſe meine Mey-
nung mit weitlaͤufftigen und vielen Worten auslegen, welche ihr,
weil ich ſie, meinem Gebrauch nach kurtz gefaſſet, nicht habt be-
greiffen koͤnnen. Nachdem ich im Anfang meiner Hiſtorien dem
Leſer zu wiſſen gethan, wovon ich in dieſem gantzen Tractat zu
handeln willens waͤre, habe ich geſagt, daß ich mich einer Arbeit
unterfange, in welcher mancherley Faͤlle vorkommen wuͤrden,
atrox
Q 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/167>, abgerufen am 18.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.