sinnet seyn, damit er hernachmals, seinen guten Freunden und Bekannten ei- gentlichen Bericht deswegen thun könne.
Es kam demnach in dieses politische Kauff-Haus, vor dreyen Tagen, Jo- hannes Baptista Sanga, ein berühmter Secretarius an dem Römischen Hofe. Die- ser fragte einen von denen Cram-Dienern, ob er Kohlen zu verkauffen hätte? Ihm wurde mit Ja geantwortet, auch die Kohlen zugleich gezeiget, und weil sie ihm wohl anstunden, wurde man des Kauffes eins. Er kauffte aber deren vier- tzig Last. Solches kam den Zeitungs-Schreibern Spanisch vor, was doch dieser Secretarius mit so vielen Kohlen anheben wolte, als der nur einen Diener hätte. Weil er nun des Sangae gar vertrauter Freund war, begehrte er dessen Ursache von ihm zu wissen, ob er es vielleicht darum thäte weil die Kohlen wohlfeiler als das Holtz wären? diesem gab der Sanga zur Antwort, Er, als der zu Hofe lebte, müste mehr auf Reputation als auf Gewinn sehen, hielte nichts von dem Feuer, so von Holtz gemachet würde, weil es viel Rauch und wenig Kohlen gäbe. Es wären auch die Kohlen denenjenigen sehr dienlich, die da nicht gerne haben, daß ihre Suppen und Speisen nach Rauch schmecken. So gäbe es hier- nechst Spür-Hunde, die nur anderer Leute Thun auszuforschen sich befliessen, und nachProportiondes Rauchs der aus der Küche gienge, urtheileten, wie stattlich dieser oder jener zu Hause lebe. An diesem Rauch seye ihm dannenhero nichts gelegen, sondern er contentire sich, wann nur sein Tisch in geheim wohl versehen wäre.
Nach dem Sanga kam der Philosophus Epictetus, seines guten Namens und aufrichtigen Gemüths wegen in dem Parnasso hoch gehalten, und dem Zei- tungs-Schreiber wohlbekannt. Dieser begehrte allerley Beltzwerck zu sehen, und es wurden ihm alsobald Zobel und andere köstliche Arten von Thieren gezei- get. Weil sie ihm aber nicht gefielen, sagte er zu dem Vorsteher des Kauff-Hauses, Es wären ihm diese Beltze viel zu stattlich, und deswegen vor ihn nicht dienlich, wolte lieber einen von der Art haben, so diejenigen trügen welche praetendirten vor gute ehrliche Leute angesehen, und gehalten zu wer- den. Dieser merckte bald, wo der Philosophus hinaus wolte, nahm ihn derohal- ben bey der Hand, und sühret ihn in ein absonderliches Logement ausserhalb des Kauff-Hauses, von dannen er kurtz hernach wieder heraus kam, einen Wolffs-Beltz, so mit Lamms-Fellen gefuttert, umhabende. Weil er aber den Wolff der sehr schön und köstlich war, inwendig, die Lamms-Felle
hin-
ſinnet ſeyn, damit er hernachmals, ſeinen guten Freunden und Bekannten ei- gentlichen Bericht deswegen thun koͤnne.
Es kam demnach in dieſes politiſche Kauff-Haus, vor dreyen Tagen, Jo- hannes Baptiſta Sanga, ein beruͤhmter Secretarius an dem Roͤmiſchen Hofe. Die- ſer fragte einen von denen Cram-Dienern, ob er Kohlen zu verkauffen haͤtte? Ihm wurde mit Ja geantwortet, auch die Kohlen zugleich gezeiget, und weil ſie ihm wohl anſtunden, wurde man des Kauffes eins. Er kauffte aber deren vier- tzig Laſt. Solches kam den Zeitungs-Schreibern Spaniſch vor, was doch dieſer Secretarius mit ſo vielen Kohlen anheben wolte, als der nur einen Diener haͤtte. Weil er nun des Sangæ gar vertrauter Freund war, begehrte er deſſen Urſache von ihm zu wiſſen, ob er es vielleicht darum thaͤte weil die Kohlen wohlfeiler als das Holtz waͤren? dieſem gab der Sanga zur Antwort, Er, als der zu Hofe lebte, muͤſte mehr auf Reputation als auf Gewinn ſehen, hielte nichts von dem Feuer, ſo von Holtz gemachet wuͤrde, weil es viel Rauch und wenig Kohlen gaͤbe. Es waͤren auch die Kohlen denenjenigen ſehr dienlich, die da nicht gerne haben, daß ihre Suppen und Speiſen nach Rauch ſchmecken. So gaͤbe es hier- nechſt Spuͤr-Hunde, die nur anderer Leute Thun auszuforſchen ſich beflieſſen, und nachProportiondes Rauchs der aus der Kuͤche gienge, urtheileten, wie ſtattlich dieſer oder jener zu Hauſe lebe. An dieſem Rauch ſeye ihm dannenhero nichts gelegen, ſondern er contentire ſich, wann nur ſein Tiſch in geheim wohl verſehen waͤre.
Nach dem Sanga kam der Philoſophus Epictetus, ſeines guten Namens und aufrichtigen Gemuͤths wegen in dem Parnaſſo hoch gehalten, und dem Zei- tungs-Schreiber wohlbekannt. Dieſer begehrte allerley Beltzwerck zu ſehen, und es wurden ihm alſobald Zobel und andere koͤſtliche Arten von Thieren gezei- get. Weil ſie ihm aber nicht gefielen, ſagte er zu dem Vorſteher des Kauff-Hauſes, Es waͤren ihm dieſe Beltze viel zu ſtattlich, und deswegen vor ihn nicht dienlich, wolte lieber einen von der Art haben, ſo diejenigen truͤgen welche prætendirten vor gute ehrliche Leute angeſehen, und gehalten zu wer- den. Dieſer merckte bald, wo der Philoſophus hinaus wolte, nahm ihn derohal- ben bey der Hand, und ſuͤhret ihn in ein abſonderliches Logement auſſerhalb des Kauff-Hauſes, von dannen er kurtz hernach wieder heraus kam, einen Wolffs-Beltz, ſo mit Lamms-Fellen gefuttert, umhabende. Weil er aber den Wolff der ſehr ſchoͤn und koͤſtlich war, inwendig, die Lamms-Felle
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ſinnet ſeyn, damit er hernachmals, ſeinen guten Freunden und Bekannten ei-
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Es kam demnach in dieſes politiſche Kauff-Haus, vor dreyen Tagen, Jo-
hannes Baptiſta Sanga, ein beruͤhmter Secretarius an dem Roͤmiſchen Hofe. Die-
ſer fragte einen von denen Cram-Dienern, ob er Kohlen zu verkauffen haͤtte?
Ihm wurde mit Ja geantwortet, auch die Kohlen zugleich gezeiget, und weil ſie
ihm wohl anſtunden, wurde man des Kauffes eins. Er kauffte aber deren vier-
tzig Laſt. Solches kam den Zeitungs-Schreibern Spaniſch vor, was doch dieſer
Secretarius mit ſo vielen Kohlen anheben wolte, als der nur einen Diener haͤtte.
Weil er nun des Sangæ gar vertrauter Freund war, begehrte er deſſen Urſache
von ihm zu wiſſen, ob er es vielleicht darum thaͤte weil die Kohlen wohlfeiler als
das Holtz waͤren? dieſem gab der Sanga zur Antwort, Er, als der zu Hofe lebte,
muͤſte mehr auf Reputation als auf Gewinn ſehen, hielte nichts von dem Feuer,
ſo von Holtz gemachet wuͤrde, weil es viel Rauch und wenig Kohlen gaͤbe. Es
waͤren auch die Kohlen denenjenigen ſehr dienlich, die da nicht gerne haben,
daß ihre Suppen und Speiſen nach Rauch ſchmecken. So gaͤbe es hier-
nechſt Spuͤr-Hunde, die nur anderer Leute Thun auszuforſchen ſich
beflieſſen, und nach Proportion des Rauchs der aus der Kuͤche gienge,
urtheileten, wie ſtattlich dieſer oder jener zu Hauſe lebe. An dieſem
Rauch ſeye ihm dannenhero nichts gelegen, ſondern er contentire ſich, wann
nur ſein Tiſch in geheim wohl verſehen waͤre.
Nach dem Sanga kam der Philoſophus Epictetus, ſeines guten Namens
und aufrichtigen Gemuͤths wegen in dem Parnaſſo hoch gehalten, und dem Zei-
tungs-Schreiber wohlbekannt. Dieſer begehrte allerley Beltzwerck zu ſehen,
und es wurden ihm alſobald Zobel und andere koͤſtliche Arten von Thieren gezei-
get. Weil ſie ihm aber nicht gefielen, ſagte er zu dem Vorſteher des Kauff-Hauſes,
Es waͤren ihm dieſe Beltze viel zu ſtattlich, und deswegen vor ihn nicht
dienlich, wolte lieber einen von der Art haben, ſo diejenigen truͤgen welche
prætendirten vor gute ehrliche Leute angeſehen, und gehalten zu wer-
den. Dieſer merckte bald, wo der Philoſophus hinaus wolte, nahm ihn derohal-
ben bey der Hand, und ſuͤhret ihn in ein abſonderliches Logement auſſerhalb
des Kauff-Hauſes, von dannen er kurtz hernach wieder heraus kam, einen
Wolffs-Beltz, ſo mit Lamms-Fellen gefuttert, umhabende. Weil er
aber den Wolff der ſehr ſchoͤn und koͤſtlich war, inwendig, die Lamms-Felle
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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/148>, abgerufen am 16.02.2025.
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