Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.Ein gelehrter Raths-Herr wolte einem das Leid mit gar zierlichen Worten Ein Römisch-Catholischer Mathematicus, als derselbe ermahnet ward, er Ein Student von Ingolstadt kam nach Altorff, auch diese Universitaet zu Zu Agrigent in Sicilien befanden sich etliche junge gelehrte Säuffer bey- chen,
Ein gelehrter Raths-Herr wolte einem das Leid mit gar zierlichen Worten Ein Roͤmiſch-Catholiſcher Mathematicus, als derſelbe ermahnet ward, er Ein Student von Ingolſtadt kam nach Altorff, auch dieſe Univerſitæt zu Zu Agrigent in Sicilien befanden ſich etliche junge gelehrte Saͤuffer bey- chen,
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Ein gelehrter Raths-Herr wolte einem das Leid mit gar zierlichen Worten
klagen, weswegen er zu ihm ſagte: Es iſt mir Leid, daß euer Herr Vater
ſo jaͤhling gehimmelt hat.
Ein Roͤmiſch-Catholiſcher Mathematicus, als derſelbe ermahnet ward, er
ſolte in die Kirche gehen, und das hohe Feſt, (nemlich Mariaͤ Geburts-Tag)
gebuͤhrend feyern, fragte aus Tummheit und Einfalt, ob es Feſtum circumci-
ſionis beatæ Virginis, das Feſt der Beſchneidung der Heil. Jungfrauen
waͤre.
Ein Student von Ingolſtadt kam nach Altorff, auch dieſe Univerſitæt zu
beſehen. Wann es nun donnerte, machte derſelbe vier Creutze vor ſich, und
ſagte bey dem erſten: S. Matthæus; bey dem andern: S. Lucas bey dem dritten:
S. Herodes; und bey dem vierdten: S. Pilatus. Als man ihm fragte, was die-
ſes bedeute? ſprach er: Dieſe vier Evangeliſten helffen gewiß wider alle
Wetter.
Zu Agrigent in Sicilien befanden ſich etliche junge gelehrte Saͤuffer bey-
ſammen in einem Wirths-Hauſe, welche vom Wein alſo eingenommen, und
taumelnd worden waren, daß ſie vermeynten, ob fuͤhren ſie auf dem Meer, in
einer ſehr groſſen Gefahr. Derohalben warffen ſie allen Hausrath, den ſie
fanden zum Fenſter Hinaus, und vermeynten alſo ihr Schiff zu erleichtern, um
dadurch Schiffbruch und ihren Untergang zu verhuͤten. Als nun jedermann
herzu lieff, und ſich vor dem Hauſe verſammlete, kam endlich auch die Obrig-
keit des Orts, giengen hinein, und fragten, was das waͤre? da dann die be-
ſoffenen Herren ſagten, das Ungewitter tobe ſo gewaltig, und ſie wůrden
zu Grunde gehen, daferne ſie nichts auswuͤrffen. Als die Obrigkeit hier-
uͤber erſtaunte, fieng der aͤlteſte unter denen Beſoffenen, weil er, und ſeine Ca-
meraten, die hinein getretenen Obrigkeitlichen Perſonen vor Meer-Maͤnner
anſahe, davon in denen Pœten zu leſen an: O ihr lieben Tritones; Der
Sturm hat mich ſo erſchrecket, daß ich mich in das unterſte Tabulat des
Schiffes verkrochen habe. Da ſahen die Obrigkeitlichen Perſonen, daß
die gelehrten Herren ſo ſehr von dem Wein bethoͤret waren, ermahnten ſie,
ſtille zu ſeyn, und in ſich zu gehen, ſagten auch zu ihnen, wann ſie ſich gelaſ-
ſen und beſcheiden auffuͤhren wuͤrden, man es ihnen vor dieſesmal ſo wol-
te hingehen laſſen, hierauf ſagten die Beſoſſenengroſſen Danck, und verſpra-
chen,
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Zitationshilfe: | Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/132>, abgerufen am 16.02.2025. |