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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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1. Die Reformation an Haupt und Gliedern.
rothem Sammet mit Goldstoff und carmoisinrothem Damast
schachbrettartig gefüttert; ein anderes hatte oben Goldstoff und
unten grünen Sammet und grünen Taffet und war mit carmoi-
sinrothem Atlas besetzt. Alle diese Kleider gehörten zur Aus-
stattung einer Prinzessin. Ein feines Gefühl für die Lichtwir-
kung verräth ein sehr beliebter Stoff von Gold auf gelbem Atlas.
Auch aschgrauer Atlas wurde um die Mitte des Jahrhunderts
ein sehr gesuchter modischer Stoff.

Einzelne dieser kostbaren Artikel wurden später sehr selten
und konnten selbst von den ersten Modehandelshäusern jener
Zeit, die in directem Verkehr mit den Fürstenhöfen standen, nicht
beschafft werden. So schreibt einmal (1545) der Chef eines der
angesehensten Häuser dieser Art, der Florentiner Lorenz de Vil-
lani in Leipzig, an den Herzog Albrecht von Preußen: "Ich habe
in dem an mich verfertigten Schreiben zwei Verzeichnisse von etli-
chen goldenen und silbernen Tuchen, dazu auch andere Seiden-
waaren, so Ew. Gnaden förderlich zu übersenden begehren, ge-
funden. Soviel 1. die 22 Ellen silbern Stück Silber über Sil-
ber, dazu 109 Ellen rothen goldenen Sammet betrifft, mag E.
F. G. ich unterthänigst nicht verhalten, daß solche beide Stücke
fürwahr nirgends zu bekommen sind, denn ich in der Wahrheit
sagen darf, daß ich in zehn Jahren kein silbern Stück Silber über
Silber gesehen habe. So ist der rothe goldne Sammet dieser
Zeit auch gar seltsam und wüßte derwegen an keinem Ort darum
anzusuchen, denn wo ich dessen in neulichen Tagen gehabt oder
anderswo zu überkommen gewußt, hätte ich der durchlauchtigsten
Fürstin und Frau Elisabeth, geborne Markgräfin zu Branden-
burg, Herzogin zu Braunschweig und Lüneburg Wittwe, auch
ein ziemliches Antheil Ellen desselben (an dessen Statt sie doch,
dieweil nirgends keiner aufzubringen gewesen, so viel rothen gol-
denen Atlas genommen hat) für Ihrer fürstlichen Gnaden Sohn
Herzog Erichs Hochzeit überschicken müssen."

Wie die meisten dieser Stoffe aus Italien kamen, aus Fa-
briken zu Florenz, Mailand, Venedig, früher Lucca u. a., viele
freilich auch in Deutschland, namentlich in den Fabriken der Nie-

1. Die Reformation an Haupt und Gliedern.
rothem Sammet mit Goldſtoff und carmoiſinrothem Damaſt
ſchachbrettartig gefüttert; ein anderes hatte oben Goldſtoff und
unten grünen Sammet und grünen Taffet und war mit carmoi-
ſinrothem Atlas beſetzt. Alle dieſe Kleider gehörten zur Aus-
ſtattung einer Prinzeſſin. Ein feines Gefühl für die Lichtwir-
kung verräth ein ſehr beliebter Stoff von Gold auf gelbem Atlas.
Auch aſchgrauer Atlas wurde um die Mitte des Jahrhunderts
ein ſehr geſuchter modiſcher Stoff.

Einzelne dieſer koſtbaren Artikel wurden ſpäter ſehr ſelten
und konnten ſelbſt von den erſten Modehandelshäuſern jener
Zeit, die in directem Verkehr mit den Fürſtenhöfen ſtanden, nicht
beſchafft werden. So ſchreibt einmal (1545) der Chef eines der
angeſehenſten Häuſer dieſer Art, der Florentiner Lorenz de Vil-
lani in Leipzig, an den Herzog Albrecht von Preußen: „Ich habe
in dem an mich verfertigten Schreiben zwei Verzeichniſſe von etli-
chen goldenen und ſilbernen Tuchen, dazu auch andere Seiden-
waaren, ſo Ew. Gnaden förderlich zu überſenden begehren, ge-
funden. Soviel 1. die 22 Ellen ſilbern Stück Silber über Sil-
ber, dazu 109 Ellen rothen goldenen Sammet betrifft, mag E.
F. G. ich unterthänigſt nicht verhalten, daß ſolche beide Stücke
fürwahr nirgends zu bekommen ſind, denn ich in der Wahrheit
ſagen darf, daß ich in zehn Jahren kein ſilbern Stück Silber über
Silber geſehen habe. So iſt der rothe goldne Sammet dieſer
Zeit auch gar ſeltſam und wüßte derwegen an keinem Ort darum
anzuſuchen, denn wo ich deſſen in neulichen Tagen gehabt oder
anderswo zu überkommen gewußt, hätte ich der durchlauchtigſten
Fürſtin und Frau Eliſabeth, geborne Markgräfin zu Branden-
burg, Herzogin zu Braunſchweig und Lüneburg Wittwe, auch
ein ziemliches Antheil Ellen deſſelben (an deſſen Statt ſie doch,
dieweil nirgends keiner aufzubringen geweſen, ſo viel rothen gol-
denen Atlas genommen hat) für Ihrer fürſtlichen Gnaden Sohn
Herzog Erichs Hochzeit überſchicken müſſen.“

Wie die meiſten dieſer Stoffe aus Italien kamen, aus Fa-
briken zu Florenz, Mailand, Venedig, früher Lucca u. a., viele
freilich auch in Deutſchland, namentlich in den Fabriken der Nie-

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[77/0089] 1. Die Reformation an Haupt und Gliedern. rothem Sammet mit Goldſtoff und carmoiſinrothem Damaſt ſchachbrettartig gefüttert; ein anderes hatte oben Goldſtoff und unten grünen Sammet und grünen Taffet und war mit carmoi- ſinrothem Atlas beſetzt. Alle dieſe Kleider gehörten zur Aus- ſtattung einer Prinzeſſin. Ein feines Gefühl für die Lichtwir- kung verräth ein ſehr beliebter Stoff von Gold auf gelbem Atlas. Auch aſchgrauer Atlas wurde um die Mitte des Jahrhunderts ein ſehr geſuchter modiſcher Stoff. Einzelne dieſer koſtbaren Artikel wurden ſpäter ſehr ſelten und konnten ſelbſt von den erſten Modehandelshäuſern jener Zeit, die in directem Verkehr mit den Fürſtenhöfen ſtanden, nicht beſchafft werden. So ſchreibt einmal (1545) der Chef eines der angeſehenſten Häuſer dieſer Art, der Florentiner Lorenz de Vil- lani in Leipzig, an den Herzog Albrecht von Preußen: „Ich habe in dem an mich verfertigten Schreiben zwei Verzeichniſſe von etli- chen goldenen und ſilbernen Tuchen, dazu auch andere Seiden- waaren, ſo Ew. Gnaden förderlich zu überſenden begehren, ge- funden. Soviel 1. die 22 Ellen ſilbern Stück Silber über Sil- ber, dazu 109 Ellen rothen goldenen Sammet betrifft, mag E. F. G. ich unterthänigſt nicht verhalten, daß ſolche beide Stücke fürwahr nirgends zu bekommen ſind, denn ich in der Wahrheit ſagen darf, daß ich in zehn Jahren kein ſilbern Stück Silber über Silber geſehen habe. So iſt der rothe goldne Sammet dieſer Zeit auch gar ſeltſam und wüßte derwegen an keinem Ort darum anzuſuchen, denn wo ich deſſen in neulichen Tagen gehabt oder anderswo zu überkommen gewußt, hätte ich der durchlauchtigſten Fürſtin und Frau Eliſabeth, geborne Markgräfin zu Branden- burg, Herzogin zu Braunſchweig und Lüneburg Wittwe, auch ein ziemliches Antheil Ellen deſſelben (an deſſen Statt ſie doch, dieweil nirgends keiner aufzubringen geweſen, ſo viel rothen gol- denen Atlas genommen hat) für Ihrer fürſtlichen Gnaden Sohn Herzog Erichs Hochzeit überſchicken müſſen.“ Wie die meiſten dieſer Stoffe aus Italien kamen, aus Fa- briken zu Florenz, Mailand, Venedig, früher Lucca u. a., viele freilich auch in Deutſchland, namentlich in den Fabriken der Nie-

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Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858/89>, abgerufen am 25.11.2024.