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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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5. Die Periode des Zopfes und die Revolution.
gen zu dürfen, und so mit niedergeschlagenen Hutkrämpen in
dieser Figur konnte er, die Schande seines Vergehens aus-
drückend, einen heilsamen Effect auf die Zuschauer machen.
Offenbar ist der runde Hut dem behülflich, der den Blicken an-
derer entschlüpfen will, ein Mann von sehr feinem Gefühl wird
daher schon sich dadurch zweideutig zu machen fürchten. Dieser
Hut ist dadurch der Verworfenheit und Schande ein Schlupf-
winkel, und da er zudem die Gesichts- und Körperform entstellt,
so darf er nicht allein gelten. Noch mehr, wie könnte sich ein
Mann mit einer ausgezeichneten Staatskleidung stellen, wenn
er den runden Hut dazu trüge? Dies ist platte Unmöglichkeit!
Diese Art von Kopfbedeckung wird daher immer nur für Leute
ohne -- Rang paßlich sein." Wir bemerken, es ist derselbe
schwarze Cylinderhut, den wir heute tragen.

Dies schrieb man 1797 von Holstein aus. Gleichzeitig aber
heißt es: "Der runde Hut gewinnt alle Tage mehr Platz im An-
zuge der Männer, selbst in den obersten Classen. Bald wird der
dreieckigte aus seinem sonst so wohl begründeten Besitzthum fast
ganz verdrängt, und nur noch der Gefährte des Amtsrockes, des
Staatskleides und der militärischen Uniform sein." In diesem
Sinne hatte damals ein Engländer den sonderbaren Einfall, eine
politische Karte von Deutschland zu entwerfen, auf welcher er
den vorherrschenden Stand der revolutionären oder monarchischen
Gesinnungen der deutschen Städte durch einen beigesetzten run-
den oder dreieckigen Hut bezeichnete. Er sei auf die Hüte gereist,
sagte er. In Hamburg sei ein Huttriangel eine wahre Selten-
heit, in Berlin wolle der runde Hut, vermuthlich weil das Mili-
tär dort herrschender sei, schon weit weniger gedeihen, und in
Dresden getraue sich der Beamtete und schon in reifern Jahren
stehende Mann, den respectswidrigen runden Hut höchstens nur
bei einer Landpartie aufzusetzen.

Der heftigste Gegner der runden Hüte war Kaiser Paul
von Rußland, der ebenfalls den Jakobinismus unter ihnen wit-
terte. Sie waren schon ziemlich tief in Rußland eingedrungen
und wurden wie der Frack selbst von Beamten und Offizieren

5. Die Periode des Zopfes und die Revolution.
gen zu dürfen, und ſo mit niedergeſchlagenen Hutkrämpen in
dieſer Figur konnte er, die Schande ſeines Vergehens aus-
drückend, einen heilſamen Effect auf die Zuſchauer machen.
Offenbar iſt der runde Hut dem behülflich, der den Blicken an-
derer entſchlüpfen will, ein Mann von ſehr feinem Gefühl wird
daher ſchon ſich dadurch zweideutig zu machen fürchten. Dieſer
Hut iſt dadurch der Verworfenheit und Schande ein Schlupf-
winkel, und da er zudem die Geſichts- und Körperform entſtellt,
ſo darf er nicht allein gelten. Noch mehr, wie könnte ſich ein
Mann mit einer ausgezeichneten Staatskleidung ſtellen, wenn
er den runden Hut dazu trüge? Dies iſt platte Unmöglichkeit!
Dieſe Art von Kopfbedeckung wird daher immer nur für Leute
ohne — Rang paßlich ſein.“ Wir bemerken, es iſt derſelbe
ſchwarze Cylinderhut, den wir heute tragen.

Dies ſchrieb man 1797 von Holſtein aus. Gleichzeitig aber
heißt es: „Der runde Hut gewinnt alle Tage mehr Platz im An-
zuge der Männer, ſelbſt in den oberſten Claſſen. Bald wird der
dreieckigte aus ſeinem ſonſt ſo wohl begründeten Beſitzthum faſt
ganz verdrängt, und nur noch der Gefährte des Amtsrockes, des
Staatskleides und der militäriſchen Uniform ſein.“ In dieſem
Sinne hatte damals ein Engländer den ſonderbaren Einfall, eine
politiſche Karte von Deutſchland zu entwerfen, auf welcher er
den vorherrſchenden Stand der revolutionären oder monarchiſchen
Geſinnungen der deutſchen Städte durch einen beigeſetzten run-
den oder dreieckigen Hut bezeichnete. Er ſei auf die Hüte gereiſt,
ſagte er. In Hamburg ſei ein Huttriangel eine wahre Selten-
heit, in Berlin wolle der runde Hut, vermuthlich weil das Mili-
tär dort herrſchender ſei, ſchon weit weniger gedeihen, und in
Dresden getraue ſich der Beamtete und ſchon in reifern Jahren
ſtehende Mann, den reſpectswidrigen runden Hut höchſtens nur
bei einer Landpartie aufzuſetzen.

Der heftigſte Gegner der runden Hüte war Kaiſer Paul
von Rußland, der ebenfalls den Jakobinismus unter ihnen wit-
terte. Sie waren ſchon ziemlich tief in Rußland eingedrungen
und wurden wie der Frack ſelbſt von Beamten und Offizieren

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[319/0331] 5. Die Periode des Zopfes und die Revolution. gen zu dürfen, und ſo mit niedergeſchlagenen Hutkrämpen in dieſer Figur konnte er, die Schande ſeines Vergehens aus- drückend, einen heilſamen Effect auf die Zuſchauer machen. Offenbar iſt der runde Hut dem behülflich, der den Blicken an- derer entſchlüpfen will, ein Mann von ſehr feinem Gefühl wird daher ſchon ſich dadurch zweideutig zu machen fürchten. Dieſer Hut iſt dadurch der Verworfenheit und Schande ein Schlupf- winkel, und da er zudem die Geſichts- und Körperform entſtellt, ſo darf er nicht allein gelten. Noch mehr, wie könnte ſich ein Mann mit einer ausgezeichneten Staatskleidung ſtellen, wenn er den runden Hut dazu trüge? Dies iſt platte Unmöglichkeit! Dieſe Art von Kopfbedeckung wird daher immer nur für Leute ohne — Rang paßlich ſein.“ Wir bemerken, es iſt derſelbe ſchwarze Cylinderhut, den wir heute tragen. Dies ſchrieb man 1797 von Holſtein aus. Gleichzeitig aber heißt es: „Der runde Hut gewinnt alle Tage mehr Platz im An- zuge der Männer, ſelbſt in den oberſten Claſſen. Bald wird der dreieckigte aus ſeinem ſonſt ſo wohl begründeten Beſitzthum faſt ganz verdrängt, und nur noch der Gefährte des Amtsrockes, des Staatskleides und der militäriſchen Uniform ſein.“ In dieſem Sinne hatte damals ein Engländer den ſonderbaren Einfall, eine politiſche Karte von Deutſchland zu entwerfen, auf welcher er den vorherrſchenden Stand der revolutionären oder monarchiſchen Geſinnungen der deutſchen Städte durch einen beigeſetzten run- den oder dreieckigen Hut bezeichnete. Er ſei auf die Hüte gereiſt, ſagte er. In Hamburg ſei ein Huttriangel eine wahre Selten- heit, in Berlin wolle der runde Hut, vermuthlich weil das Mili- tär dort herrſchender ſei, ſchon weit weniger gedeihen, und in Dresden getraue ſich der Beamtete und ſchon in reifern Jahren ſtehende Mann, den reſpectswidrigen runden Hut höchſtens nur bei einer Landpartie aufzuſetzen. Der heftigſte Gegner der runden Hüte war Kaiſer Paul von Rußland, der ebenfalls den Jakobinismus unter ihnen wit- terte. Sie waren ſchon ziemlich tief in Rußland eingedrungen und wurden wie der Frack ſelbſt von Beamten und Offizieren

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Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858/331>, abgerufen am 24.11.2024.