Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858.III. Die Neuzeit. "Also sind vor vielen Jahren alte tapfre Biederleut' Ohne Scheu dahergegangen zu der guten alten Zeit." Und so können wir denn auch noch lange Zeit die alten Herren Die Prediger scheinen im Anfange des siebzehnten Jahr- III. Die Neuzeit. „Alſo ſind vor vielen Jahren alte tapfre Biederleut’ Ohne Scheu dahergegangen zu der guten alten Zeit.“ Und ſo können wir denn auch noch lange Zeit die alten Herren Die Prediger ſcheinen im Anfange des ſiebzehnten Jahr- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0218" n="206"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">III.</hi> Die Neuzeit.</fw><lb/> <lg type="poem"> <l>„Alſo ſind vor vielen Jahren alte tapfre Biederleut’</l><lb/> <l>Ohne Scheu dahergegangen zu der guten alten Zeit.“</l> </lg><lb/> <p>Und ſo können wir denn auch noch lange Zeit die alten Herren<lb/> und Damen mit der breiten Kröſe, dem ſteifen Hut und ähnli-<lb/> chem erblicken. Ihnen erſcheint als Ideal „der Spanier Stand-<lb/> haftigkeit in unverrückter Handhabung ihrer Bekleidungsart.“<lb/> Dem Vorwurf der Wankelmüthigkeit begegnet in Harsdörfers<lb/> Frauenzimmer-Geſprächſpiel das junge adelige Fräulein Angelica<lb/> von Keuſchewitz in folgender Weiſe: „Wenn man die Sachen<lb/> von außen beſiehet, möchte ich wohl wiſſen, wie man ſich doch<lb/> kleiden müßte, daß es jedermann gefiele. Entweder finden die<lb/> Alten oder die Jungen etwas dawider zu ſprechen, und iſt ſich<lb/> faſt unmöglich zu hüten, daß man nicht entweder von den einen<lb/> ausgelacht oder von den andern getadelt werde. Diejenigen, ſo<lb/> die Kleidungsarten nicht zu verändern gedenken, da doch alles<lb/> und jedes in dieſer Welt dem Wechſel und Veränderung unter-<lb/> worfen iſt, ſollten noch Pelz von Ziegenfellen oder Feigenblätter<lb/> nach Adams erſter Kleidung zu tragen ſchuldig ſein, oder ja mit<lb/> Grund darthun, von welchem Tagesgemerk her die Kleidungs-<lb/> geſtalt herzunehmen.“</p><lb/> <p>Die Prediger ſcheinen im Anfange des ſiebzehnten Jahr-<lb/> hundert die Vergeblichkeit ihres Widerſtandes eingeſehen zu ha-<lb/> ben, da ihnen die Neigung der Gewiſſen nicht mehr zu Hülfe<lb/> kam, und ſie gaben ihn daher wenigſtens von der Kanzel herab<lb/> mehr oder weniger auf. Indeſſen finden ſich Beiſpiele, daß ſie<lb/> ihrerſeits die Obrigkeiten zu Luxusgeſetzen direct veranlaſſen.<lb/> Auch die <hi rendition="#g">Kleiderordnungen</hi>, welche ohnehin während des<lb/> Kriegs vor dringenderen Pflichten zurücktreten, haben den ge-<lb/> wünſchten Erfolg nicht, zumal ſie noch immer als den Hauptge-<lb/> ſichtspunkt den Unterſchied der Stände und Claſſen aufſtellen,<lb/> die Beſchränkung des Luxus aber oder der übertreibenden Moden<lb/> als Nebenſache erſcheint. Das eigentliche Stutzerthum wird erſt<lb/> in den letzten Jahren des Kriegs und nach demſelben berückſich-<lb/> tigt. Die ausführlichſte aller Verordnungen, die ſächſiſche Jo-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [206/0218]
III. Die Neuzeit.
„Alſo ſind vor vielen Jahren alte tapfre Biederleut’
Ohne Scheu dahergegangen zu der guten alten Zeit.“
Und ſo können wir denn auch noch lange Zeit die alten Herren
und Damen mit der breiten Kröſe, dem ſteifen Hut und ähnli-
chem erblicken. Ihnen erſcheint als Ideal „der Spanier Stand-
haftigkeit in unverrückter Handhabung ihrer Bekleidungsart.“
Dem Vorwurf der Wankelmüthigkeit begegnet in Harsdörfers
Frauenzimmer-Geſprächſpiel das junge adelige Fräulein Angelica
von Keuſchewitz in folgender Weiſe: „Wenn man die Sachen
von außen beſiehet, möchte ich wohl wiſſen, wie man ſich doch
kleiden müßte, daß es jedermann gefiele. Entweder finden die
Alten oder die Jungen etwas dawider zu ſprechen, und iſt ſich
faſt unmöglich zu hüten, daß man nicht entweder von den einen
ausgelacht oder von den andern getadelt werde. Diejenigen, ſo
die Kleidungsarten nicht zu verändern gedenken, da doch alles
und jedes in dieſer Welt dem Wechſel und Veränderung unter-
worfen iſt, ſollten noch Pelz von Ziegenfellen oder Feigenblätter
nach Adams erſter Kleidung zu tragen ſchuldig ſein, oder ja mit
Grund darthun, von welchem Tagesgemerk her die Kleidungs-
geſtalt herzunehmen.“
Die Prediger ſcheinen im Anfange des ſiebzehnten Jahr-
hundert die Vergeblichkeit ihres Widerſtandes eingeſehen zu ha-
ben, da ihnen die Neigung der Gewiſſen nicht mehr zu Hülfe
kam, und ſie gaben ihn daher wenigſtens von der Kanzel herab
mehr oder weniger auf. Indeſſen finden ſich Beiſpiele, daß ſie
ihrerſeits die Obrigkeiten zu Luxusgeſetzen direct veranlaſſen.
Auch die Kleiderordnungen, welche ohnehin während des
Kriegs vor dringenderen Pflichten zurücktreten, haben den ge-
wünſchten Erfolg nicht, zumal ſie noch immer als den Hauptge-
ſichtspunkt den Unterſchied der Stände und Claſſen aufſtellen,
die Beſchränkung des Luxus aber oder der übertreibenden Moden
als Nebenſache erſcheint. Das eigentliche Stutzerthum wird erſt
in den letzten Jahren des Kriegs und nach demſelben berückſich-
tigt. Die ausführlichſte aller Verordnungen, die ſächſiſche Jo-
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