biegen, den schwäbischen Tritt, so zum Gepräng gehört, ver- suchen, wie fein verzumpfen, sanft und leise, mit zerbrochenen Tritten auf tausend Gülden einherschwanzeliren" u. s. w. In Form kleiner verzierter Taschenspiegel, auf deren Rückseite sich auch wohl ein geliebtes Portrait befand, führten sie die Damen auch außer dem Hause stets bei sich, ja die Spötter und Tadler sagten ihnen nach, sie hätten in den Gebetbüchern die Spiegel mit in die Kirche genommen und sich darin beschaut, statt andächtig die Gebete zu lesen.
Die ganze Eitelkeit der Frauen faßt die folgende Schil- derung zusammen, welche zwar ursprünglich der Fremde ent- nommen ist, aber in der deutschen Bearbeitung auch auf Deutsch- land ihre Anwendung finden soll. "Da fehlet es an keinem Waschen, Schminken und Malen, daß sie nur allzeit gleich schön sein: Da können die Apotheker nicht Bleiweiß genug zuführen, da kann man nicht Alaun, floris Cristalli, boracis praeparati, destillirten Essig, Bohnenwasser, Kühedreckwasser und andere dergleichen Sachen genug zuwege bringen. Da erfrischet man das Angesicht und machet eine zarte glänzende Haut mit Pfirsich- kernwasser und Limonensaft; da kräuset man das Haar und machet es steif auf der Stirn, mit Dragant und Saft von Quit- tenkern, und kommt eine Theurung beides in Weinstein und un- gelöschten Kalk, daß sie nur gute Laugen haben mögen, damit sie sich frisch und roth machen und es der Morgenröthe gleich thun. Da hat man die schönsten und besten Spiegel, auf daß ja nie- mand betrogen werde. Da hat man das beste Rosen- und andere wohlriechende Wasser, die besten Geruch von Bisam, Zibet und Ambra, damit ja Niemand in Ohnmacht falle: da hat man köst- liche Ohrlöffel, Kämm, Bürsten, Scherlein, damit ja niemand ein Schade von Unrath zugefügt werde. Da hat man Schachteln und Büchslein voll allerhand köstlichen Recepten und Salben, die sie selbst auf alle Fälle bereitet und verfertiget haben. Da gehen ihre stattliche Mägde oder Kammerzelter um sie her, finden alle Zeit etwas zu putzen und zurecht zu legen, da finden sie hin- ten und vorn zu helfen, die Falten zu strecken, ja auch wann es
III. Die Neuzeit.
biegen, den ſchwäbiſchen Tritt, ſo zum Gepräng gehört, ver- ſuchen, wie fein verzumpfen, ſanft und leiſe, mit zerbrochenen Tritten auf tauſend Gülden einherſchwanzeliren“ u. ſ. w. In Form kleiner verzierter Taſchenſpiegel, auf deren Rückſeite ſich auch wohl ein geliebtes Portrait befand, führten ſie die Damen auch außer dem Hauſe ſtets bei ſich, ja die Spötter und Tadler ſagten ihnen nach, ſie hätten in den Gebetbüchern die Spiegel mit in die Kirche genommen und ſich darin beſchaut, ſtatt andächtig die Gebete zu leſen.
Die ganze Eitelkeit der Frauen faßt die folgende Schil- derung zuſammen, welche zwar urſprünglich der Fremde ent- nommen iſt, aber in der deutſchen Bearbeitung auch auf Deutſch- land ihre Anwendung finden ſoll. „Da fehlet es an keinem Waſchen, Schminken und Malen, daß ſie nur allzeit gleich ſchön ſein: Da können die Apotheker nicht Bleiweiß genug zuführen, da kann man nicht Alaun, floris Cristalli, boracis praeparati, deſtillirten Eſſig, Bohnenwaſſer, Kühedreckwaſſer und andere dergleichen Sachen genug zuwege bringen. Da erfriſchet man das Angeſicht und machet eine zarte glänzende Haut mit Pfirſich- kernwaſſer und Limonenſaft; da kräuſet man das Haar und machet es ſteif auf der Stirn, mit Dragant und Saft von Quit- tenkern, und kommt eine Theurung beides in Weinſtein und un- gelöſchten Kalk, daß ſie nur gute Laugen haben mögen, damit ſie ſich friſch und roth machen und es der Morgenröthe gleich thun. Da hat man die ſchönſten und beſten Spiegel, auf daß ja nie- mand betrogen werde. Da hat man das beſte Roſen- und andere wohlriechende Waſſer, die beſten Geruch von Biſam, Zibet und Ambra, damit ja Niemand in Ohnmacht falle: da hat man köſt- liche Ohrlöffel, Kämm, Bürſten, Scherlein, damit ja niemand ein Schade von Unrath zugefügt werde. Da hat man Schachteln und Büchslein voll allerhand köſtlichen Recepten und Salben, die ſie ſelbſt auf alle Fälle bereitet und verfertiget haben. Da gehen ihre ſtattliche Mägde oder Kammerzelter um ſie her, finden alle Zeit etwas zu putzen und zurecht zu legen, da finden ſie hin- ten und vorn zu helfen, die Falten zu ſtrecken, ja auch wann es
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0170"n="158"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq">III.</hi> Die Neuzeit.</fw><lb/>
biegen, den ſchwäbiſchen Tritt, ſo zum Gepräng gehört, ver-<lb/>ſuchen, wie fein verzumpfen, ſanft und leiſe, mit zerbrochenen<lb/>
Tritten auf tauſend Gülden einherſchwanzeliren“ u. ſ. w. In<lb/>
Form kleiner verzierter Taſchenſpiegel, auf deren Rückſeite<lb/>ſich auch wohl ein geliebtes Portrait befand, führten ſie die<lb/>
Damen auch außer dem Hauſe ſtets bei ſich, ja die Spötter und<lb/>
Tadler ſagten ihnen nach, ſie hätten in den Gebetbüchern die<lb/>
Spiegel mit in die Kirche genommen und ſich darin beſchaut,<lb/>ſtatt andächtig die Gebete zu leſen.</p><lb/><p>Die ganze Eitelkeit der Frauen faßt die folgende Schil-<lb/>
derung zuſammen, welche zwar urſprünglich der Fremde ent-<lb/>
nommen iſt, aber in der deutſchen Bearbeitung auch auf Deutſch-<lb/>
land ihre Anwendung finden ſoll. „Da fehlet es an keinem<lb/>
Waſchen, Schminken und Malen, daß ſie nur allzeit gleich ſchön<lb/>ſein: Da können die Apotheker nicht Bleiweiß genug zuführen,<lb/>
da kann man nicht Alaun, <hirendition="#aq">floris Cristalli, boracis praeparati,</hi><lb/>
deſtillirten Eſſig, Bohnenwaſſer, Kühedreckwaſſer und andere<lb/>
dergleichen Sachen genug zuwege bringen. Da erfriſchet man<lb/>
das Angeſicht und machet eine zarte glänzende Haut mit Pfirſich-<lb/>
kernwaſſer und Limonenſaft; da kräuſet man das Haar und<lb/>
machet es ſteif auf der Stirn, mit Dragant und Saft von Quit-<lb/>
tenkern, und kommt eine Theurung beides in Weinſtein und un-<lb/>
gelöſchten Kalk, daß ſie nur gute Laugen haben mögen, damit ſie<lb/>ſich friſch und roth machen und es der Morgenröthe gleich thun.<lb/>
Da hat man die ſchönſten und beſten Spiegel, auf daß ja nie-<lb/>
mand betrogen werde. Da hat man das beſte Roſen- und andere<lb/>
wohlriechende Waſſer, die beſten Geruch von Biſam, Zibet und<lb/>
Ambra, damit ja Niemand in Ohnmacht falle: da hat man köſt-<lb/>
liche Ohrlöffel, Kämm, Bürſten, Scherlein, damit ja niemand<lb/>
ein Schade von Unrath zugefügt werde. Da hat man Schachteln<lb/>
und Büchslein voll allerhand köſtlichen Recepten und Salben,<lb/>
die ſie ſelbſt auf alle Fälle bereitet und verfertiget haben. Da<lb/>
gehen ihre ſtattliche Mägde oder Kammerzelter um ſie her, finden<lb/>
alle Zeit etwas zu putzen und zurecht zu legen, da finden ſie hin-<lb/>
ten und vorn zu helfen, die Falten zu ſtrecken, ja auch wann es<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[158/0170]
III. Die Neuzeit.
biegen, den ſchwäbiſchen Tritt, ſo zum Gepräng gehört, ver-
ſuchen, wie fein verzumpfen, ſanft und leiſe, mit zerbrochenen
Tritten auf tauſend Gülden einherſchwanzeliren“ u. ſ. w. In
Form kleiner verzierter Taſchenſpiegel, auf deren Rückſeite
ſich auch wohl ein geliebtes Portrait befand, führten ſie die
Damen auch außer dem Hauſe ſtets bei ſich, ja die Spötter und
Tadler ſagten ihnen nach, ſie hätten in den Gebetbüchern die
Spiegel mit in die Kirche genommen und ſich darin beſchaut,
ſtatt andächtig die Gebete zu leſen.
Die ganze Eitelkeit der Frauen faßt die folgende Schil-
derung zuſammen, welche zwar urſprünglich der Fremde ent-
nommen iſt, aber in der deutſchen Bearbeitung auch auf Deutſch-
land ihre Anwendung finden ſoll. „Da fehlet es an keinem
Waſchen, Schminken und Malen, daß ſie nur allzeit gleich ſchön
ſein: Da können die Apotheker nicht Bleiweiß genug zuführen,
da kann man nicht Alaun, floris Cristalli, boracis praeparati,
deſtillirten Eſſig, Bohnenwaſſer, Kühedreckwaſſer und andere
dergleichen Sachen genug zuwege bringen. Da erfriſchet man
das Angeſicht und machet eine zarte glänzende Haut mit Pfirſich-
kernwaſſer und Limonenſaft; da kräuſet man das Haar und
machet es ſteif auf der Stirn, mit Dragant und Saft von Quit-
tenkern, und kommt eine Theurung beides in Weinſtein und un-
gelöſchten Kalk, daß ſie nur gute Laugen haben mögen, damit ſie
ſich friſch und roth machen und es der Morgenröthe gleich thun.
Da hat man die ſchönſten und beſten Spiegel, auf daß ja nie-
mand betrogen werde. Da hat man das beſte Roſen- und andere
wohlriechende Waſſer, die beſten Geruch von Biſam, Zibet und
Ambra, damit ja Niemand in Ohnmacht falle: da hat man köſt-
liche Ohrlöffel, Kämm, Bürſten, Scherlein, damit ja niemand
ein Schade von Unrath zugefügt werde. Da hat man Schachteln
und Büchslein voll allerhand köſtlichen Recepten und Salben,
die ſie ſelbſt auf alle Fälle bereitet und verfertiget haben. Da
gehen ihre ſtattliche Mägde oder Kammerzelter um ſie her, finden
alle Zeit etwas zu putzen und zurecht zu legen, da finden ſie hin-
ten und vorn zu helfen, die Falten zu ſtrecken, ja auch wann es
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858/170>, abgerufen am 01.08.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.