Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858.2. Die Reaction und die spanische Tracht. geschieht es in der allgemeinen sächsischen Ordnung von 1612,worin sie allen "Schössern, Amtsvögten, Verwaltern, Bürger- meistern und Rathsverwandten" und natürlich auch allen, die im Range unter ihnen sind, verboten werden. Die späteren Luxus- gesetze gehen allmählig damit von Classe zu Classe abwärts: so z. B. erlaubt sie ein Braunschweiger Gesetz von 1650 bis zur dritten Classe des Bürgerstandes, die von ihrem Gebrauche aus- geschlossen ist, eine hildesheimische Verordnung von 1663 unter- sagt sie den Kammerdienern und Copisten. Die eleganteste Farbe der Strümpfe war namentlich für die In dieser Periode wurde auch das Taschentuch für Män- 2. Die Reaction und die ſpaniſche Tracht. geſchieht es in der allgemeinen ſächſiſchen Ordnung von 1612,worin ſie allen „Schöſſern, Amtsvögten, Verwaltern, Bürger- meiſtern und Rathsverwandten“ und natürlich auch allen, die im Range unter ihnen ſind, verboten werden. Die ſpäteren Luxus- geſetze gehen allmählig damit von Claſſe zu Claſſe abwärts: ſo z. B. erlaubt ſie ein Braunſchweiger Geſetz von 1650 bis zur dritten Claſſe des Bürgerſtandes, die von ihrem Gebrauche aus- geſchloſſen iſt, eine hildesheimiſche Verordnung von 1663 unter- ſagt ſie den Kammerdienern und Copiſten. Die eleganteſte Farbe der Strümpfe war namentlich für die In dieſer Periode wurde auch das Taſchentuch für Män- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0155" n="143"/><fw place="top" type="header">2. Die Reaction und die ſpaniſche Tracht.</fw><lb/> geſchieht es in der allgemeinen ſächſiſchen Ordnung von 1612,<lb/> worin ſie allen „Schöſſern, Amtsvögten, Verwaltern, Bürger-<lb/> meiſtern und Rathsverwandten“ und natürlich auch allen, die im<lb/> Range unter ihnen ſind, verboten werden. Die ſpäteren Luxus-<lb/> geſetze gehen allmählig damit von Claſſe zu Claſſe abwärts: ſo<lb/> z. B. erlaubt ſie ein Braunſchweiger Geſetz von 1650 bis zur<lb/> dritten Claſſe des Bürgerſtandes, die von ihrem Gebrauche aus-<lb/> geſchloſſen iſt, eine hildesheimiſche Verordnung von 1663 unter-<lb/> ſagt ſie den Kammerdienern und Copiſten.</p><lb/> <p>Die eleganteſte Farbe der Strümpfe war namentlich für die<lb/> Damen die weiße, obwohl wir bei der engliſchen Königin Eliſa-<lb/> beth ſchwarze kennen gelernt haben. Bei den Männern richtete<lb/> ſie ſich mehr nach der des Beinkleides, mit welcher ſie faſt durch-<lb/> gängig zuſammenſtimmen mußte, und daher wurden dann die<lb/> ſchwarzen beſonders allgemein, wo dieſe Tracht wie in den republi-<lb/> kaniſchen Niederlanden und auch in Spanien zur gewöhnlichen<lb/> und ſelbſt eleganten geworden war. In Deutſchland gingen<lb/> auch die ſchwarzen Strümpfe in die Amtstracht ſtädtiſcher Be-<lb/> hörden über, der Geiſtlichen nicht zu gedenken. — Damen tru-<lb/> gen im Sommer auch filetartig durchbrochene Strümpfe. Ein<lb/> eigenthümlicher Schmuck, der ſich früh einſtellte, war der<lb/><hi rendition="#g">Zwickel</hi>. Wir finden ihn ſchon in der zweiten Hälfte des ſechs-<lb/> zehnten Jahrhunderts ſo gebräuchlich, daß ein Prediger ſagt:<lb/> „An den Strümpfen weiß ich nichts zu tadeln ohne die Zwickel,<lb/> ſo mit Lilien eingemacht ſind.“ Sein urſprünglicher Zweck war<lb/> offenbar durch Einziehung über dem Gelenk den Strumpf ſtraf-<lb/> fer zu machen oder wenigſtens ſo erſcheinen zu laſſen, um damit<lb/> die Eleganz eines wohlgeformten Beines zu erhöhen. Der Zwickel<lb/> erhielt ſich, ſolange der Strumpf noch ein ſichtbares Daſein<lb/> führte, bis er unter dem langen Beinkleid verſchwand.</p><lb/> <p>In dieſer Periode wurde auch das <hi rendition="#g">Taſchentuch</hi> für Män-<lb/> ner und Frauen allgemein und ſogar ein Gegenſtand des Luxus.<lb/> Der oben mehrfach erwähnte Anſtandskatechismus ſchreibt auch<lb/> den Knaben ſeinen fleißigen Gebrauch vor. „Frage: Iſt’s auch<lb/> höflich mit dem Barett oder Rock die Naſen ſchneuzen? Antw.:<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [143/0155]
2. Die Reaction und die ſpaniſche Tracht.
geſchieht es in der allgemeinen ſächſiſchen Ordnung von 1612,
worin ſie allen „Schöſſern, Amtsvögten, Verwaltern, Bürger-
meiſtern und Rathsverwandten“ und natürlich auch allen, die im
Range unter ihnen ſind, verboten werden. Die ſpäteren Luxus-
geſetze gehen allmählig damit von Claſſe zu Claſſe abwärts: ſo
z. B. erlaubt ſie ein Braunſchweiger Geſetz von 1650 bis zur
dritten Claſſe des Bürgerſtandes, die von ihrem Gebrauche aus-
geſchloſſen iſt, eine hildesheimiſche Verordnung von 1663 unter-
ſagt ſie den Kammerdienern und Copiſten.
Die eleganteſte Farbe der Strümpfe war namentlich für die
Damen die weiße, obwohl wir bei der engliſchen Königin Eliſa-
beth ſchwarze kennen gelernt haben. Bei den Männern richtete
ſie ſich mehr nach der des Beinkleides, mit welcher ſie faſt durch-
gängig zuſammenſtimmen mußte, und daher wurden dann die
ſchwarzen beſonders allgemein, wo dieſe Tracht wie in den republi-
kaniſchen Niederlanden und auch in Spanien zur gewöhnlichen
und ſelbſt eleganten geworden war. In Deutſchland gingen
auch die ſchwarzen Strümpfe in die Amtstracht ſtädtiſcher Be-
hörden über, der Geiſtlichen nicht zu gedenken. — Damen tru-
gen im Sommer auch filetartig durchbrochene Strümpfe. Ein
eigenthümlicher Schmuck, der ſich früh einſtellte, war der
Zwickel. Wir finden ihn ſchon in der zweiten Hälfte des ſechs-
zehnten Jahrhunderts ſo gebräuchlich, daß ein Prediger ſagt:
„An den Strümpfen weiß ich nichts zu tadeln ohne die Zwickel,
ſo mit Lilien eingemacht ſind.“ Sein urſprünglicher Zweck war
offenbar durch Einziehung über dem Gelenk den Strumpf ſtraf-
fer zu machen oder wenigſtens ſo erſcheinen zu laſſen, um damit
die Eleganz eines wohlgeformten Beines zu erhöhen. Der Zwickel
erhielt ſich, ſolange der Strumpf noch ein ſichtbares Daſein
führte, bis er unter dem langen Beinkleid verſchwand.
In dieſer Periode wurde auch das Taſchentuch für Män-
ner und Frauen allgemein und ſogar ein Gegenſtand des Luxus.
Der oben mehrfach erwähnte Anſtandskatechismus ſchreibt auch
den Knaben ſeinen fleißigen Gebrauch vor. „Frage: Iſt’s auch
höflich mit dem Barett oder Rock die Naſen ſchneuzen? Antw.:
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