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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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III. Die Neuzeit.
Italienerinnen angedeutet: "Da bleichet man zu jüngst das Haar,
henket sie über einen Gang, wäschet sie mit sonderlicher darzu
gerichteter Laugen."

Der Gebrauch der falschen Haare wurde noch gewöhnlicher,
als in den letzten Jahrzehnten des sechszehnten Jahrhunderts die
der Mode folgende Welt die gewöhnliche Haube und das hut-
artige Barett aufgab und das Haar in freierer und offener Weise
frisirte. Es war das schon früher zuweilen, doch in seltneren
Fällen geschehen, und dann in directerer Nachahmung der spa-
nischen Mode der Hut in mehr männlicher Form darauf gesetzt
worden. Im Jahr 1586 erregt die neue Weise, mit welcher sich
auch wohl der Miniaturhut verbunden zeigt, die Aufmerksamkeit
des Osiander, welcher uns die folgende Beschreibung giebt:
"Darnach damit man auch mit dem Haar sondere Hoffart treibe,
so machen die Weibsbilder mit ihren Haaren einen Säuhag.
Dann die Haar müssen über sich gezogen werden, über einen
Draht: gleichwie man in den Säuhägen die Ruthen über die
Tremel zeucht." Das Haar richtete sich dabei von Stirn und
Schläfen und aus dem Nacken aufwärts und gipfelte sich dann
gekräuselt in vielfacher Weise empor. Diese Frisuren folgten im
Ganzen denen der Italienerinnen, die wir oben haben kennen
lernen; auch die zweigehörnte der keuschen Luna fand Beifall in
Deutschland. Vielerlei Schmuck wurde mit ihnen verbunden.
Durch Nadeln und Draht in ihrer Höhe fest gehalten, durch
klebrige Stoffe gesteift, hatten sie nicht selten ein schweres Ge-
wicht von Geschmeide zu tragen. So finden wir bei vornehmen
Damen hohe Diademe, Perlschnüre, hängenden Schmuck, Ju-
welen in reicher Zahl, gefaßt und geformt in den reichen Weisen
der Renaissance. Sehr gewöhnlich ist noch eine besondere Haube
oder eine Art von Hut, welche, entstanden, wie es scheint, aus
der früheren Goldhaube, von den höchsten Häuptern wie von
wohlhabenden Bürgerinnen getragen wurde und in Frankreich,
in den Niederlanden, in England und überall in Deutschland
gleich beliebt war. Ihre Ausbildung findet erst in den letzten
Jahrzehnten des Jahrhunderts statt; um das Jahr 1600 aber

III. Die Neuzeit.
Italienerinnen angedeutet: „Da bleichet man zu jüngſt das Haar,
henket ſie über einen Gang, wäſchet ſie mit ſonderlicher darzu
gerichteter Laugen.“

Der Gebrauch der falſchen Haare wurde noch gewöhnlicher,
als in den letzten Jahrzehnten des ſechszehnten Jahrhunderts die
der Mode folgende Welt die gewöhnliche Haube und das hut-
artige Barett aufgab und das Haar in freierer und offener Weiſe
friſirte. Es war das ſchon früher zuweilen, doch in ſeltneren
Fällen geſchehen, und dann in directerer Nachahmung der ſpa-
niſchen Mode der Hut in mehr männlicher Form darauf geſetzt
worden. Im Jahr 1586 erregt die neue Weiſe, mit welcher ſich
auch wohl der Miniaturhut verbunden zeigt, die Aufmerkſamkeit
des Oſiander, welcher uns die folgende Beſchreibung giebt:
„Darnach damit man auch mit dem Haar ſondere Hoffart treibe,
ſo machen die Weibsbilder mit ihren Haaren einen Säuhag.
Dann die Haar müſſen über ſich gezogen werden, über einen
Draht: gleichwie man in den Säuhägen die Ruthen über die
Tremel zeucht.“ Das Haar richtete ſich dabei von Stirn und
Schläfen und aus dem Nacken aufwärts und gipfelte ſich dann
gekräuſelt in vielfacher Weiſe empor. Dieſe Friſuren folgten im
Ganzen denen der Italienerinnen, die wir oben haben kennen
lernen; auch die zweigehörnte der keuſchen Luna fand Beifall in
Deutſchland. Vielerlei Schmuck wurde mit ihnen verbunden.
Durch Nadeln und Draht in ihrer Höhe feſt gehalten, durch
klebrige Stoffe geſteift, hatten ſie nicht ſelten ein ſchweres Ge-
wicht von Geſchmeide zu tragen. So finden wir bei vornehmen
Damen hohe Diademe, Perlſchnüre, hängenden Schmuck, Ju-
welen in reicher Zahl, gefaßt und geformt in den reichen Weiſen
der Renaiſſance. Sehr gewöhnlich iſt noch eine beſondere Haube
oder eine Art von Hut, welche, entſtanden, wie es ſcheint, aus
der früheren Goldhaube, von den höchſten Häuptern wie von
wohlhabenden Bürgerinnen getragen wurde und in Frankreich,
in den Niederlanden, in England und überall in Deutſchland
gleich beliebt war. Ihre Ausbildung findet erſt in den letzten
Jahrzehnten des Jahrhunderts ſtatt; um das Jahr 1600 aber

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[136/0148] III. Die Neuzeit. Italienerinnen angedeutet: „Da bleichet man zu jüngſt das Haar, henket ſie über einen Gang, wäſchet ſie mit ſonderlicher darzu gerichteter Laugen.“ Der Gebrauch der falſchen Haare wurde noch gewöhnlicher, als in den letzten Jahrzehnten des ſechszehnten Jahrhunderts die der Mode folgende Welt die gewöhnliche Haube und das hut- artige Barett aufgab und das Haar in freierer und offener Weiſe friſirte. Es war das ſchon früher zuweilen, doch in ſeltneren Fällen geſchehen, und dann in directerer Nachahmung der ſpa- niſchen Mode der Hut in mehr männlicher Form darauf geſetzt worden. Im Jahr 1586 erregt die neue Weiſe, mit welcher ſich auch wohl der Miniaturhut verbunden zeigt, die Aufmerkſamkeit des Oſiander, welcher uns die folgende Beſchreibung giebt: „Darnach damit man auch mit dem Haar ſondere Hoffart treibe, ſo machen die Weibsbilder mit ihren Haaren einen Säuhag. Dann die Haar müſſen über ſich gezogen werden, über einen Draht: gleichwie man in den Säuhägen die Ruthen über die Tremel zeucht.“ Das Haar richtete ſich dabei von Stirn und Schläfen und aus dem Nacken aufwärts und gipfelte ſich dann gekräuſelt in vielfacher Weiſe empor. Dieſe Friſuren folgten im Ganzen denen der Italienerinnen, die wir oben haben kennen lernen; auch die zweigehörnte der keuſchen Luna fand Beifall in Deutſchland. Vielerlei Schmuck wurde mit ihnen verbunden. Durch Nadeln und Draht in ihrer Höhe feſt gehalten, durch klebrige Stoffe geſteift, hatten ſie nicht ſelten ein ſchweres Ge- wicht von Geſchmeide zu tragen. So finden wir bei vornehmen Damen hohe Diademe, Perlſchnüre, hängenden Schmuck, Ju- welen in reicher Zahl, gefaßt und geformt in den reichen Weiſen der Renaiſſance. Sehr gewöhnlich iſt noch eine beſondere Haube oder eine Art von Hut, welche, entſtanden, wie es ſcheint, aus der früheren Goldhaube, von den höchſten Häuptern wie von wohlhabenden Bürgerinnen getragen wurde und in Frankreich, in den Niederlanden, in England und überall in Deutſchland gleich beliebt war. Ihre Ausbildung findet erſt in den letzten Jahrzehnten des Jahrhunderts ſtatt; um das Jahr 1600 aber

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Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858/148>, abgerufen am 23.11.2024.