Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858.3. Die Verschmelzung der verschiedenartigen Elemente. chem Lilienschmuck auf dem obern Rande, die Linke hält denReichsapfel mit dem Kreuz, die Rechte das Scepter. Das Haar ist kurz wie bisher, aber neben dem Schnurrbart erblicken wir zum ersten Mal wieder seit der Merovinger Zeit einen Bart auf Wangen und Kinn. Darin weicht auch das zweite Bild nicht ab, welches ihn stehend darstellt, das Schwert und die heilige Lanze, welche den Leib Christi berührte, in den Händen. Aber der Man- tel und die fast zu den Füßen herabreichende, von einem goldenen Gürtel faltig zusammengefaßte Tunica ermangeln sowohl jener eigenthümlich byzantinischen Verzierung wie des Edelsteinbesatzes. Die goldenen Schuhe bedecken den ganzen Fuß. Eine andere Darstellung desselben Kaisers aus einem etwas späteren, doch noch der Zeit vor den Kreuzzügen angehörenden Manuscript, wel- ches die Legende von der Anklage und dem Gottesgericht der hei- ligen Kunigunde, seiner Gemahlin, erzählt und mit Miniaturen begleitet, zeigt, daß das elfte Jahrhundert die gewonnene Grund- form der langen und weiten Tunica festhält, obwohl der einfa- chere und geringere Schmuck, sowie das Umhängen des Mantels über die Schultern ohne Agraffe, welche jedoch keineswegs außer Gebrauch gekommen war, auf neue Aenderungen hindeuten. Auch das Gefolge trägt die Tunica von derselben Form und über den Hüften faltig gegürtet. Der kurze Vollbart, den der Kaiser hier wie auf den andern Bildern trägt, ist seit dieser Zeit wieder als fürstliche Auszeichnung zu betrachten; sein Gefolge oder was uns sonst von nicht fürstlichen Personen in dieser Zeit begegnet, ist völlig bartlos. Die Art, in welcher das Haupthaar getragen wird, ist überall gleich: es fällt ein wenig über das Ohr herun- ter, wo es sich dann in leichten Locken krümmt. Auch hier ist außer der Krone des Kaisers keine Kopfbedeckung vorhanden. Wenn wir das im Vorstehenden über die Männerkleidung 3. Die Verſchmelzung der verſchiedenartigen Elemente. chem Lilienſchmuck auf dem obern Rande, die Linke hält denReichsapfel mit dem Kreuz, die Rechte das Scepter. Das Haar iſt kurz wie bisher, aber neben dem Schnurrbart erblicken wir zum erſten Mal wieder ſeit der Merovinger Zeit einen Bart auf Wangen und Kinn. Darin weicht auch das zweite Bild nicht ab, welches ihn ſtehend darſtellt, das Schwert und die heilige Lanze, welche den Leib Chriſti berührte, in den Händen. Aber der Man- tel und die faſt zu den Füßen herabreichende, von einem goldenen Gürtel faltig zuſammengefaßte Tunica ermangeln ſowohl jener eigenthümlich byzantiniſchen Verzierung wie des Edelſteinbeſatzes. Die goldenen Schuhe bedecken den ganzen Fuß. Eine andere Darſtellung deſſelben Kaiſers aus einem etwas ſpäteren, doch noch der Zeit vor den Kreuzzügen angehörenden Manuſcript, wel- ches die Legende von der Anklage und dem Gottesgericht der hei- ligen Kunigunde, ſeiner Gemahlin, erzählt und mit Miniaturen begleitet, zeigt, daß das elfte Jahrhundert die gewonnene Grund- form der langen und weiten Tunica feſthält, obwohl der einfa- chere und geringere Schmuck, ſowie das Umhängen des Mantels über die Schultern ohne Agraffe, welche jedoch keineswegs außer Gebrauch gekommen war, auf neue Aenderungen hindeuten. Auch das Gefolge trägt die Tunica von derſelben Form und über den Hüften faltig gegürtet. Der kurze Vollbart, den der Kaiſer hier wie auf den andern Bildern trägt, iſt ſeit dieſer Zeit wieder als fürſtliche Auszeichnung zu betrachten; ſein Gefolge oder was uns ſonſt von nicht fürſtlichen Perſonen in dieſer Zeit begegnet, iſt völlig bartlos. Die Art, in welcher das Haupthaar getragen wird, iſt überall gleich: es fällt ein wenig über das Ohr herun- ter, wo es ſich dann in leichten Locken krümmt. Auch hier iſt außer der Krone des Kaiſers keine Kopfbedeckung vorhanden. Wenn wir das im Vorſtehenden über die Männerkleidung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0081" n="63"/><fw place="top" type="header">3. Die Verſchmelzung der verſchiedenartigen Elemente.</fw><lb/> chem Lilienſchmuck auf dem obern Rande, die Linke hält den<lb/> Reichsapfel mit dem Kreuz, die Rechte das Scepter. Das Haar<lb/> iſt kurz wie bisher, aber neben dem Schnurrbart erblicken wir<lb/> zum erſten Mal wieder ſeit der Merovinger Zeit einen Bart auf<lb/> Wangen und Kinn. Darin weicht auch das zweite Bild nicht ab,<lb/> welches ihn ſtehend darſtellt, das Schwert und die heilige Lanze,<lb/> welche den Leib Chriſti berührte, in den Händen. 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3. Die Verſchmelzung der verſchiedenartigen Elemente.
chem Lilienſchmuck auf dem obern Rande, die Linke hält den
Reichsapfel mit dem Kreuz, die Rechte das Scepter. Das Haar
iſt kurz wie bisher, aber neben dem Schnurrbart erblicken wir
zum erſten Mal wieder ſeit der Merovinger Zeit einen Bart auf
Wangen und Kinn. Darin weicht auch das zweite Bild nicht ab,
welches ihn ſtehend darſtellt, das Schwert und die heilige Lanze,
welche den Leib Chriſti berührte, in den Händen. Aber der Man-
tel und die faſt zu den Füßen herabreichende, von einem goldenen
Gürtel faltig zuſammengefaßte Tunica ermangeln ſowohl jener
eigenthümlich byzantiniſchen Verzierung wie des Edelſteinbeſatzes.
Die goldenen Schuhe bedecken den ganzen Fuß. Eine andere
Darſtellung deſſelben Kaiſers aus einem etwas ſpäteren, doch
noch der Zeit vor den Kreuzzügen angehörenden Manuſcript, wel-
ches die Legende von der Anklage und dem Gottesgericht der hei-
ligen Kunigunde, ſeiner Gemahlin, erzählt und mit Miniaturen
begleitet, zeigt, daß das elfte Jahrhundert die gewonnene Grund-
form der langen und weiten Tunica feſthält, obwohl der einfa-
chere und geringere Schmuck, ſowie das Umhängen des Mantels
über die Schultern ohne Agraffe, welche jedoch keineswegs außer
Gebrauch gekommen war, auf neue Aenderungen hindeuten.
Auch das Gefolge trägt die Tunica von derſelben Form und über
den Hüften faltig gegürtet. Der kurze Vollbart, den der Kaiſer
hier wie auf den andern Bildern trägt, iſt ſeit dieſer Zeit wieder
als fürſtliche Auszeichnung zu betrachten; ſein Gefolge oder was
uns ſonſt von nicht fürſtlichen Perſonen in dieſer Zeit begegnet,
iſt völlig bartlos. Die Art, in welcher das Haupthaar getragen
wird, iſt überall gleich: es fällt ein wenig über das Ohr herun-
ter, wo es ſich dann in leichten Locken krümmt. Auch hier iſt
außer der Krone des Kaiſers keine Kopfbedeckung vorhanden.
Wenn wir das im Vorſtehenden über die Männerkleidung
Berichtete in ein kurzes Reſultat zuſammenfaſſen, ſo gehörten zur
vollſtändigen Toilette eines nobeln Mannes im elften Jahrhun-
dert, mit welchem wir die alte Zeit abſchließen, die folgenden
Gegenſtände: ein umgehängter und für gewöhnlich auf der rech-
ten Schulter mit einer Agraffe befeſtigter Mantel, ein langer und
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