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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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2. Schwankungen zwischen den nationalen und antiken Elementen.
Ueber den Rücken hinab fällt leuchtend der goldene Mantel,
Handschuh, weiß und schön, hüllen die Hände ihm ein.
Andere Gaben verlieh der Fürstin die Königin Judith,
Aehnliche, freundlichen Sinns gab sie das schöne Geschenk,
Nämlich ein Kleid so starrend von Gold und edelen Steinen,
Wie Minerva es kaum fertigt mit kundiger Hand.
Golden, mit Steinen besetzt, umkränzet das Haupt ihr die Binde,
Und ein mächtiger Schmuck decket die christliche Brust.
Biegsam legt um den Hals sich der Ring, von Golde gewunden,
Und die Arme umziehn Spangen, für Frauen gemacht;
Golden, mit Steinen geschmückt, umschlinget die Hüften der Gürtel,
Golden, den Rücken hinab fließet der Schleier vom Haupt.
Ebenso schmücket indeß Lothar voll freundlicher Liebe
Herolds Sohn mit Gewand, funkelnd mit Golde verziert.
Auch das Gefolge sodann legt an nach fränkischer Weise
Herrliche Kleider, wie sie gnädig der Kaiser verliehn.

Diese Stelle zeigt uns wieder die übertriebene Anwendung
des Goldes und der edlen Steine, die kein Kleidungsstück, ja
keinen sichtbaren Theil des Körpers verschonen. Beim Fürsten
strahlt davon die Krone, der Purpurmantel, das Schwert, das
Wehrgehenk und der Gürtel, die goldenen Sporen glänzen an
den Füßen und goldene Ringe umziehen die Arme. Der Fürstin
Schleier und Kopfbinde ist golddurchwirkt, desgleichen ihr Kleid;
den Mantel hält auf der Brust der breite Nadelschmuck, Ringe
legen sich um Hals und Arme und die Hüften umgiebt der mit
Gold und Edelsteinen geschmückte Gürtel.

Auch sonst im Leben wurde das Gold bei den fränkischen
Großen und namentlich bei der hohen Geistlichkeit im ausgedehn-
testen Luxus angewendet, in Verbindung mit edlen Steinen.
Während herrliche Teppiche und Vorhänge aller Art von mauri-
scher Weberei die Zimmer schmückten, saß man auf vergoldeten
Sesseln mit weichen Federkissen, vom kostbarsten Seidenstoff über-
zogen, an Marmortischen, auf denen goldene und silberne, mit
Edelstein gezierte Gefäße standen. Desgleichen wurden an Pracht-
geräthen in den Kirchen große Schätze aufgespeichert, an Kelchen,
Schalen, Sacramentbehältern, Lampen, Leuchtern u. s. w. Aber
damit nicht zufrieden, bekleidete man die heiligen Räume selbst

2. Schwankungen zwiſchen den nationalen und antiken Elementen.
Ueber den Rücken hinab fällt leuchtend der goldene Mantel,
Handſchuh, weiß und ſchön, hüllen die Hände ihm ein.
Andere Gaben verlieh der Fürſtin die Königin Judith,
Aehnliche, freundlichen Sinns gab ſie das ſchöne Geſchenk,
Nämlich ein Kleid ſo ſtarrend von Gold und edelen Steinen,
Wie Minerva es kaum fertigt mit kundiger Hand.
Golden, mit Steinen beſetzt, umkränzet das Haupt ihr die Binde,
Und ein mächtiger Schmuck decket die chriſtliche Bruſt.
Biegſam legt um den Hals ſich der Ring, von Golde gewunden,
Und die Arme umziehn Spangen, für Frauen gemacht;
Golden, mit Steinen geſchmückt, umſchlinget die Hüften der Gürtel,
Golden, den Rücken hinab fließet der Schleier vom Haupt.
Ebenſo ſchmücket indeß Lothar voll freundlicher Liebe
Herolds Sohn mit Gewand, funkelnd mit Golde verziert.
Auch das Gefolge ſodann legt an nach fränkiſcher Weiſe
Herrliche Kleider, wie ſie gnädig der Kaiſer verliehn.

Dieſe Stelle zeigt uns wieder die übertriebene Anwendung
des Goldes und der edlen Steine, die kein Kleidungsſtück, ja
keinen ſichtbaren Theil des Körpers verſchonen. Beim Fürſten
ſtrahlt davon die Krone, der Purpurmantel, das Schwert, das
Wehrgehenk und der Gürtel, die goldenen Sporen glänzen an
den Füßen und goldene Ringe umziehen die Arme. Der Fürſtin
Schleier und Kopfbinde iſt golddurchwirkt, desgleichen ihr Kleid;
den Mantel hält auf der Bruſt der breite Nadelſchmuck, Ringe
legen ſich um Hals und Arme und die Hüften umgiebt der mit
Gold und Edelſteinen geſchmückte Gürtel.

Auch ſonſt im Leben wurde das Gold bei den fränkiſchen
Großen und namentlich bei der hohen Geiſtlichkeit im ausgedehn-
teſten Luxus angewendet, in Verbindung mit edlen Steinen.
Während herrliche Teppiche und Vorhänge aller Art von mauri-
ſcher Weberei die Zimmer ſchmückten, ſaß man auf vergoldeten
Seſſeln mit weichen Federkiſſen, vom koſtbarſten Seidenſtoff über-
zogen, an Marmortiſchen, auf denen goldene und ſilberne, mit
Edelſtein gezierte Gefäße ſtanden. Desgleichen wurden an Pracht-
geräthen in den Kirchen große Schätze aufgeſpeichert, an Kelchen,
Schalen, Sacramentbehältern, Lampen, Leuchtern u. ſ. w. Aber
damit nicht zufrieden, bekleidete man die heiligen Räume ſelbſt

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[43/0061] 2. Schwankungen zwiſchen den nationalen und antiken Elementen. Ueber den Rücken hinab fällt leuchtend der goldene Mantel, Handſchuh, weiß und ſchön, hüllen die Hände ihm ein. Andere Gaben verlieh der Fürſtin die Königin Judith, Aehnliche, freundlichen Sinns gab ſie das ſchöne Geſchenk, Nämlich ein Kleid ſo ſtarrend von Gold und edelen Steinen, Wie Minerva es kaum fertigt mit kundiger Hand. Golden, mit Steinen beſetzt, umkränzet das Haupt ihr die Binde, Und ein mächtiger Schmuck decket die chriſtliche Bruſt. Biegſam legt um den Hals ſich der Ring, von Golde gewunden, Und die Arme umziehn Spangen, für Frauen gemacht; Golden, mit Steinen geſchmückt, umſchlinget die Hüften der Gürtel, Golden, den Rücken hinab fließet der Schleier vom Haupt. Ebenſo ſchmücket indeß Lothar voll freundlicher Liebe Herolds Sohn mit Gewand, funkelnd mit Golde verziert. Auch das Gefolge ſodann legt an nach fränkiſcher Weiſe Herrliche Kleider, wie ſie gnädig der Kaiſer verliehn. Dieſe Stelle zeigt uns wieder die übertriebene Anwendung des Goldes und der edlen Steine, die kein Kleidungsſtück, ja keinen ſichtbaren Theil des Körpers verſchonen. Beim Fürſten ſtrahlt davon die Krone, der Purpurmantel, das Schwert, das Wehrgehenk und der Gürtel, die goldenen Sporen glänzen an den Füßen und goldene Ringe umziehen die Arme. Der Fürſtin Schleier und Kopfbinde iſt golddurchwirkt, desgleichen ihr Kleid; den Mantel hält auf der Bruſt der breite Nadelſchmuck, Ringe legen ſich um Hals und Arme und die Hüften umgiebt der mit Gold und Edelſteinen geſchmückte Gürtel. Auch ſonſt im Leben wurde das Gold bei den fränkiſchen Großen und namentlich bei der hohen Geiſtlichkeit im ausgedehn- teſten Luxus angewendet, in Verbindung mit edlen Steinen. Während herrliche Teppiche und Vorhänge aller Art von mauri- ſcher Weberei die Zimmer ſchmückten, ſaß man auf vergoldeten Seſſeln mit weichen Federkiſſen, vom koſtbarſten Seidenſtoff über- zogen, an Marmortiſchen, auf denen goldene und ſilberne, mit Edelſtein gezierte Gefäße ſtanden. Desgleichen wurden an Pracht- geräthen in den Kirchen große Schätze aufgeſpeichert, an Kelchen, Schalen, Sacramentbehältern, Lampen, Leuchtern u. ſ. w. Aber damit nicht zufrieden, bekleidete man die heiligen Räume ſelbſt

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Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten01_1858/61>, abgerufen am 28.11.2024.