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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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2. Schwankungen zwischen den nationalen und antiken Elementen.
siegelt. Er ward aber von den Bischöfen mit dem heiligen Oel
gesalbt, mit dem heiligen Abendmahl versehen, und nachdem alles
besorgt war, empfahl er seinen Geist dem Herrn und starb in
Frieden im Jahr 814 seit der Menschwerdung unsers Herrn Jesu
Christi. Und für ihn regiert sein Sohn, der glorreiche Ludwig,
unter der Leitung unseres Herrn Jesu Christi, dem sei Ehre von
Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen."

Dieser glorreiche Kaiser Ludwig, genannt der Fromme,
wie wenig er auch sonst seinem Vater glich, folgte ihm doch in
seinen Grundsätzen in Bezug auf Kleidung und äußern Schmuck.
Es scheint, als ob sich hierin am fränkischen Hofe zu seiner Zeit
nichts geändert habe. Auch er trug sich einfach in der Weise des
Volks, festliche Tage und feierliche Gelegenheiten ausgenommen.
Dann aber "trug er außer dem Hemd und der goldgestickten Hose
noch eine goldgeschmückte Tunica, einen goldenen Gürtel und an
der Seite ein mit Gold reich verziertes Schwert, und hatte um
die Schultern den golddurchwirkten Mantel hängen; auf dem
Haupt trug er die goldene Krone und in der Hand hielt er einen
goldenen Stab: alles mit Edelsteinen besetzt." Bei solchen Gele-
genheiten, namentlich am Ostertage, theilte der Kaiser an die
Hofleute und die Dienerschaft, die ihn für gewöhnlich an Glanz
übertrafen, wie es schon am Hofe seines großen Vaters gewesen
war, als Geschenke mancherlei Kleidungsstücke aus. So erhielten
die Vornehmen Schwertgehenke oder Gürtel oder kostbare Kleider
fränkischer Art; Leute von niederer Stellung friesische Mäntel
von jeder Farbe, die Stallknechte, die Bäcker, die Köche leinene
und wollene Kleider und Messer. Auch die Armen wurden dann
bedacht, und sie zogen in weißen Kleidern durch den weiten Hof
des Aachener Palastes. Als Ludwig im Jahr 816 mit dem
Papst zusammen kam, schenkte er ihm rothe Mäntel und weiße,
leinene Kleider; die Diener desselben aber erhielten gefärbte Män-
tel und enge, an den Körper anschließende Röcke, nach fränkischem
Schnitt gemacht.

Eine besondre Veranlassung zu Geschenken dieser Art bot
die Taufe heidnischer Fürsten und Männer, ein Ereigniß, welches

2. Schwankungen zwiſchen den nationalen und antiken Elementen.
ſiegelt. Er ward aber von den Biſchöfen mit dem heiligen Oel
geſalbt, mit dem heiligen Abendmahl verſehen, und nachdem alles
beſorgt war, empfahl er ſeinen Geiſt dem Herrn und ſtarb in
Frieden im Jahr 814 ſeit der Menſchwerdung unſers Herrn Jeſu
Chriſti. Und für ihn regiert ſein Sohn, der glorreiche Ludwig,
unter der Leitung unſeres Herrn Jeſu Chriſti, dem ſei Ehre von
Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Dieſer glorreiche Kaiſer Ludwig, genannt der Fromme,
wie wenig er auch ſonſt ſeinem Vater glich, folgte ihm doch in
ſeinen Grundſätzen in Bezug auf Kleidung und äußern Schmuck.
Es ſcheint, als ob ſich hierin am fränkiſchen Hofe zu ſeiner Zeit
nichts geändert habe. Auch er trug ſich einfach in der Weiſe des
Volks, feſtliche Tage und feierliche Gelegenheiten ausgenommen.
Dann aber „trug er außer dem Hemd und der goldgeſtickten Hoſe
noch eine goldgeſchmückte Tunica, einen goldenen Gürtel und an
der Seite ein mit Gold reich verziertes Schwert, und hatte um
die Schultern den golddurchwirkten Mantel hängen; auf dem
Haupt trug er die goldene Krone und in der Hand hielt er einen
goldenen Stab: alles mit Edelſteinen beſetzt.“ Bei ſolchen Gele-
genheiten, namentlich am Oſtertage, theilte der Kaiſer an die
Hofleute und die Dienerſchaft, die ihn für gewöhnlich an Glanz
übertrafen, wie es ſchon am Hofe ſeines großen Vaters geweſen
war, als Geſchenke mancherlei Kleidungsſtücke aus. So erhielten
die Vornehmen Schwertgehenke oder Gürtel oder koſtbare Kleider
fränkiſcher Art; Leute von niederer Stellung frieſiſche Mäntel
von jeder Farbe, die Stallknechte, die Bäcker, die Köche leinene
und wollene Kleider und Meſſer. Auch die Armen wurden dann
bedacht, und ſie zogen in weißen Kleidern durch den weiten Hof
des Aachener Palaſtes. Als Ludwig im Jahr 816 mit dem
Papſt zuſammen kam, ſchenkte er ihm rothe Mäntel und weiße,
leinene Kleider; die Diener deſſelben aber erhielten gefärbte Män-
tel und enge, an den Körper anſchließende Röcke, nach fränkiſchem
Schnitt gemacht.

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die Taufe heidniſcher Fürſten und Männer, ein Ereigniß, welches

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[41/0059] 2. Schwankungen zwiſchen den nationalen und antiken Elementen. ſiegelt. Er ward aber von den Biſchöfen mit dem heiligen Oel geſalbt, mit dem heiligen Abendmahl verſehen, und nachdem alles beſorgt war, empfahl er ſeinen Geiſt dem Herrn und ſtarb in Frieden im Jahr 814 ſeit der Menſchwerdung unſers Herrn Jeſu Chriſti. Und für ihn regiert ſein Sohn, der glorreiche Ludwig, unter der Leitung unſeres Herrn Jeſu Chriſti, dem ſei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“ Dieſer glorreiche Kaiſer Ludwig, genannt der Fromme, wie wenig er auch ſonſt ſeinem Vater glich, folgte ihm doch in ſeinen Grundſätzen in Bezug auf Kleidung und äußern Schmuck. Es ſcheint, als ob ſich hierin am fränkiſchen Hofe zu ſeiner Zeit nichts geändert habe. Auch er trug ſich einfach in der Weiſe des Volks, feſtliche Tage und feierliche Gelegenheiten ausgenommen. Dann aber „trug er außer dem Hemd und der goldgeſtickten Hoſe noch eine goldgeſchmückte Tunica, einen goldenen Gürtel und an der Seite ein mit Gold reich verziertes Schwert, und hatte um die Schultern den golddurchwirkten Mantel hängen; auf dem Haupt trug er die goldene Krone und in der Hand hielt er einen goldenen Stab: alles mit Edelſteinen beſetzt.“ Bei ſolchen Gele- genheiten, namentlich am Oſtertage, theilte der Kaiſer an die Hofleute und die Dienerſchaft, die ihn für gewöhnlich an Glanz übertrafen, wie es ſchon am Hofe ſeines großen Vaters geweſen war, als Geſchenke mancherlei Kleidungsſtücke aus. So erhielten die Vornehmen Schwertgehenke oder Gürtel oder koſtbare Kleider fränkiſcher Art; Leute von niederer Stellung frieſiſche Mäntel von jeder Farbe, die Stallknechte, die Bäcker, die Köche leinene und wollene Kleider und Meſſer. Auch die Armen wurden dann bedacht, und ſie zogen in weißen Kleidern durch den weiten Hof des Aachener Palaſtes. Als Ludwig im Jahr 816 mit dem Papſt zuſammen kam, ſchenkte er ihm rothe Mäntel und weiße, leinene Kleider; die Diener deſſelben aber erhielten gefärbte Män- tel und enge, an den Körper anſchließende Röcke, nach fränkiſchem Schnitt gemacht. Eine beſondre Veranlaſſung zu Geſchenken dieſer Art bot die Taufe heidniſcher Fürſten und Männer, ein Ereigniß, welches

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Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten01_1858/59>, abgerufen am 24.04.2024.