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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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I. Aelteste Zeit bis zu den Kreuzzügen.
Haar, die weiße, blanke Hand, die mit dem Silber verglichen
wird, das blühende Incarnat der Wangen, die feurigen, wie
Sterne funkelnden Augen, alle diese Reize möchten in der begei-
sterten Schilderung des Dichters wenig mehr an die altdeutschen
Wälder erinnern; übrigens dürfen sie uns auch an einem Hofe
nicht Wunder nehmen, der bereits in mehr als einer Beziehung
seinen Horaz und seinen Ovid gefunden hat. Die größte Rolle
in der Toilette spielt der Schmuck, der, aus edlen Metallen be-
stehend, an Körper und Kleidung überall hin vertheilt ist. Gold
und Steine blitzen an den Schuhen, goldne Ketten oder Ringe
mit Smaragden oder anderem Gestein umfassen Hände, Arme
und Hals, eine gleiche Spange hält den Mantel auf der Brust,
goldene Borten, mit Steinen besetzt, umsäumen Kleid und Mantel
oder überziehen sie von oben nach unten, goldne Schnüre schlin-
gen sich durch die Haare, in denen Edelsteine blitzen, goldene
Binden, goldgestickte Schleier, goldene Kronen oder Diademe --
alles mit Edelsteinen besetzt -- glänzen darauf, und selbst des
Jünglings Stirne umzieht die goldene Königsbinde. Auch die
Stoffe sind kostbar geworden, die Kleider sind von der feinsten
Leinwand, als welche die byzantinische galt, doppelt in Purpur
getaucht, der Mantel von heller Seide, unterfüttert oder verbrämt
mit schwarzem Rauchwerk, der Schleier oder das Kopftuch vom
zartesten Gewebe, mit Purpur oder Goldfäden durchzogen. Als
Bedeckung am Halse dient das kostbare Marder- oder Zobelfell.
Wie das alles aber in Form und Schnitt dem Leibe angesessen,
davon ist schwer Rechenschaft zu geben, da Abbildungen von
Frauen erst mehr als funfzig Jahr später unsrer Anschauung zu
Hülfe kommen. So können wir nicht bestimmen, ob die Haare
wie später frei in Locken herunterfielen, oder wie bei der Statue
der Königin Chlotilde durch die goldenen Schnüre zu Zöpfen zu-
sammengebunden waren. Das Zweite erscheint nicht wahrschein-
lich und das Erste war wenigstens nicht immer der Fall, da das
Haar der Königin aufgebunden genannt wird; und da der Dich-
ter den Glanz und die Farbe der Haare immer als besondere
Schönheit hervorhebt, so konnten sie auch von den Binden und

I. Aelteſte Zeit bis zu den Kreuzzügen.
Haar, die weiße, blanke Hand, die mit dem Silber verglichen
wird, das blühende Incarnat der Wangen, die feurigen, wie
Sterne funkelnden Augen, alle dieſe Reize möchten in der begei-
ſterten Schilderung des Dichters wenig mehr an die altdeutſchen
Wälder erinnern; übrigens dürfen ſie uns auch an einem Hofe
nicht Wunder nehmen, der bereits in mehr als einer Beziehung
ſeinen Horaz und ſeinen Ovid gefunden hat. Die größte Rolle
in der Toilette ſpielt der Schmuck, der, aus edlen Metallen be-
ſtehend, an Körper und Kleidung überall hin vertheilt iſt. Gold
und Steine blitzen an den Schuhen, goldne Ketten oder Ringe
mit Smaragden oder anderem Geſtein umfaſſen Hände, Arme
und Hals, eine gleiche Spange hält den Mantel auf der Bruſt,
goldene Borten, mit Steinen beſetzt, umſäumen Kleid und Mantel
oder überziehen ſie von oben nach unten, goldne Schnüre ſchlin-
gen ſich durch die Haare, in denen Edelſteine blitzen, goldene
Binden, goldgeſtickte Schleier, goldene Kronen oder Diademe —
alles mit Edelſteinen beſetzt — glänzen darauf, und ſelbſt des
Jünglings Stirne umzieht die goldene Königsbinde. Auch die
Stoffe ſind koſtbar geworden, die Kleider ſind von der feinſten
Leinwand, als welche die byzantiniſche galt, doppelt in Purpur
getaucht, der Mantel von heller Seide, unterfüttert oder verbrämt
mit ſchwarzem Rauchwerk, der Schleier oder das Kopftuch vom
zarteſten Gewebe, mit Purpur oder Goldfäden durchzogen. Als
Bedeckung am Halſe dient das koſtbare Marder- oder Zobelfell.
Wie das alles aber in Form und Schnitt dem Leibe angeſeſſen,
davon iſt ſchwer Rechenſchaft zu geben, da Abbildungen von
Frauen erſt mehr als funfzig Jahr ſpäter unſrer Anſchauung zu
Hülfe kommen. So können wir nicht beſtimmen, ob die Haare
wie ſpäter frei in Locken herunterfielen, oder wie bei der Statue
der Königin Chlotilde durch die goldenen Schnüre zu Zöpfen zu-
ſammengebunden waren. Das Zweite erſcheint nicht wahrſchein-
lich und das Erſte war wenigſtens nicht immer der Fall, da das
Haar der Königin aufgebunden genannt wird; und da der Dich-
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Schönheit hervorhebt, ſo konnten ſie auch von den Binden und

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[36/0054] I. Aelteſte Zeit bis zu den Kreuzzügen. Haar, die weiße, blanke Hand, die mit dem Silber verglichen wird, das blühende Incarnat der Wangen, die feurigen, wie Sterne funkelnden Augen, alle dieſe Reize möchten in der begei- ſterten Schilderung des Dichters wenig mehr an die altdeutſchen Wälder erinnern; übrigens dürfen ſie uns auch an einem Hofe nicht Wunder nehmen, der bereits in mehr als einer Beziehung ſeinen Horaz und ſeinen Ovid gefunden hat. Die größte Rolle in der Toilette ſpielt der Schmuck, der, aus edlen Metallen be- ſtehend, an Körper und Kleidung überall hin vertheilt iſt. Gold und Steine blitzen an den Schuhen, goldne Ketten oder Ringe mit Smaragden oder anderem Geſtein umfaſſen Hände, Arme und Hals, eine gleiche Spange hält den Mantel auf der Bruſt, goldene Borten, mit Steinen beſetzt, umſäumen Kleid und Mantel oder überziehen ſie von oben nach unten, goldne Schnüre ſchlin- gen ſich durch die Haare, in denen Edelſteine blitzen, goldene Binden, goldgeſtickte Schleier, goldene Kronen oder Diademe — alles mit Edelſteinen beſetzt — glänzen darauf, und ſelbſt des Jünglings Stirne umzieht die goldene Königsbinde. Auch die Stoffe ſind koſtbar geworden, die Kleider ſind von der feinſten Leinwand, als welche die byzantiniſche galt, doppelt in Purpur getaucht, der Mantel von heller Seide, unterfüttert oder verbrämt mit ſchwarzem Rauchwerk, der Schleier oder das Kopftuch vom zarteſten Gewebe, mit Purpur oder Goldfäden durchzogen. Als Bedeckung am Halſe dient das koſtbare Marder- oder Zobelfell. Wie das alles aber in Form und Schnitt dem Leibe angeſeſſen, davon iſt ſchwer Rechenſchaft zu geben, da Abbildungen von Frauen erſt mehr als funfzig Jahr ſpäter unſrer Anſchauung zu Hülfe kommen. So können wir nicht beſtimmen, ob die Haare wie ſpäter frei in Locken herunterfielen, oder wie bei der Statue der Königin Chlotilde durch die goldenen Schnüre zu Zöpfen zu- ſammengebunden waren. Das Zweite erſcheint nicht wahrſchein- lich und das Erſte war wenigſtens nicht immer der Fall, da das Haar der Königin aufgebunden genannt wird; und da der Dich- ter den Glanz und die Farbe der Haare immer als beſondere Schönheit hervorhebt, ſo konnten ſie auch von den Binden und

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Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten01_1858/54>, abgerufen am 28.11.2024.