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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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2. Schwankungen zwischen den nationalen und antiken Elementen.
Blendend leuchtet der Hals, erglühend in rosiger Farbe,
Wie von Silber gemacht die Hand, goldglänzend die Stirne,
Selber das Licht der Sonne besiegen die feurigen Augen.
Fröhlich das hurtige Roß besteiget die herrliche Jungfrau,
Ob es auch knirscht in die schäumenden Zügel, sie eilet
Flüchtig dahin, umdränget vom dichten, unzähligen Schwarme,
Hier der Ritter und dort der Damen auf stampfenden Rossen.
So im wackren Gefolge verlassend den glänzenden Söller,
Folgt sie, das züchtige Mädchen, den Spuren des frommen Beherrschers.
Dann erscheint Rhodaide, geschmückt mit edlem Metalle,
Eilend der jubelnden Schaar voraus in flüchtigem Ritte;
Fuß und Nacken und Haar, sie strahlen von farbigen Steinen,
Und die Schultern umgiebt, die schönen, der seidene Mantel,
Reich mit Gemmen geziert, geheftet mit goldener Nadel,
Auf dem blühenden Haupte die Krone mit köstlichen Steinen:
So wird reiten dahin Rhodaide die herrliche Jungfrau,
Wo Schlupfwinkel sich suchen vor Angst rauhhaarige Hirsche.
Darauf reitet einher Theodrade mit blühendem Antlitz,
Leuchtender Stirn, und es weichet das Gold dem Glanze der Haare;
Auch der blendende Hals, er schimmert von ächten Smaragden,
Fuß und Hände, Gesicht und Wangen und Nacken erglänzen,
Gleich dem Gefunkel der Sterne so blitzen die feurigen Augen,
Weithin scheinet der Mantel, verbrämt mit dunkelem Rauchwerk,
Sophokles schöner Kothurn umfängt ihr die zierlichen Füße.
Dicht umrauscht sie gedränget die Schaar hochglänzender Damen,
Langhin schimmert im Zuge des Adels geschmückte Cohorte.
Schneeweiß leuchtet das Pferd und feurig trägt es von dannen
Karls des Gebietenden Tochter, die fromme und herrliche Jungfrau,
Fort vom geweihten Palast hinaus zu den schattigen Wäldern.
Hildrud reitet zuletzt am äußersten Ende des Zuges,
Wie es das Loos ihr bestimmt; und unter den Rittern, den letzten,
Glänzet sie herrlich hervor, die Jungfrau, mitten im Zuge,
Mäßigt den hurtigen Schritt, und lenkt nach der Richtung des Weges.

Das Bild, welches uns der Dichter in diesen Versen aus
eigner Anschauung entworfen hat, ist gewiß ein glänzendes und
würdig eines kaiserlichen Hofes; von der altgermanischen Ein-
fachheit ist, trotz Spinnen und Weben, bei den schönen Prinzes-
sinnen keine Spur mehr zu erblicken. Auch die Schönheitsbedin-
gungen haben sich bereits festgestellt: der blendende, rosig ange-
hauchte Nacken, die leuchtende Stirn, das goldblonde, glänzende

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2. Schwankungen zwiſchen den nationalen und antiken Elementen.
Blendend leuchtet der Hals, erglühend in roſiger Farbe,
Wie von Silber gemacht die Hand, goldglänzend die Stirne,
Selber das Licht der Sonne beſiegen die feurigen Augen.
Fröhlich das hurtige Roß beſteiget die herrliche Jungfrau,
Ob es auch knirſcht in die ſchäumenden Zügel, ſie eilet
Flüchtig dahin, umdränget vom dichten, unzähligen Schwarme,
Hier der Ritter und dort der Damen auf ſtampfenden Roſſen.
So im wackren Gefolge verlaſſend den glänzenden Söller,
Folgt ſie, das züchtige Mädchen, den Spuren des frommen Beherrſchers.
Dann erſcheint Rhodaide, geſchmückt mit edlem Metalle,
Eilend der jubelnden Schaar voraus in flüchtigem Ritte;
Fuß und Nacken und Haar, ſie ſtrahlen von farbigen Steinen,
Und die Schultern umgiebt, die ſchönen, der ſeidene Mantel,
Reich mit Gemmen geziert, geheftet mit goldener Nadel,
Auf dem blühenden Haupte die Krone mit köſtlichen Steinen:
So wird reiten dahin Rhodaide die herrliche Jungfrau,
Wo Schlupfwinkel ſich ſuchen vor Angſt rauhhaarige Hirſche.
Darauf reitet einher Theodrade mit blühendem Antlitz,
Leuchtender Stirn, und es weichet das Gold dem Glanze der Haare;
Auch der blendende Hals, er ſchimmert von ächten Smaragden,
Fuß und Hände, Geſicht und Wangen und Nacken erglänzen,
Gleich dem Gefunkel der Sterne ſo blitzen die feurigen Augen,
Weithin ſcheinet der Mantel, verbrämt mit dunkelem Rauchwerk,
Sophokles ſchöner Kothurn umfängt ihr die zierlichen Füße.
Dicht umrauſcht ſie gedränget die Schaar hochglänzender Damen,
Langhin ſchimmert im Zuge des Adels geſchmückte Cohorte.
Schneeweiß leuchtet das Pferd und feurig trägt es von dannen
Karls des Gebietenden Tochter, die fromme und herrliche Jungfrau,
Fort vom geweihten Palaſt hinaus zu den ſchattigen Wäldern.
Hildrud reitet zuletzt am äußerſten Ende des Zuges,
Wie es das Loos ihr beſtimmt; und unter den Rittern, den letzten,
Glänzet ſie herrlich hervor, die Jungfrau, mitten im Zuge,
Mäßigt den hurtigen Schritt, und lenkt nach der Richtung des Weges.

Das Bild, welches uns der Dichter in dieſen Verſen aus
eigner Anſchauung entworfen hat, iſt gewiß ein glänzendes und
würdig eines kaiſerlichen Hofes; von der altgermaniſchen Ein-
fachheit iſt, trotz Spinnen und Weben, bei den ſchönen Prinzeſ-
ſinnen keine Spur mehr zu erblicken. Auch die Schönheitsbedin-
gungen haben ſich bereits feſtgeſtellt: der blendende, roſig ange-
hauchte Nacken, die leuchtende Stirn, das goldblonde, glänzende

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[35/0053] 2. Schwankungen zwiſchen den nationalen und antiken Elementen. Blendend leuchtet der Hals, erglühend in roſiger Farbe, Wie von Silber gemacht die Hand, goldglänzend die Stirne, Selber das Licht der Sonne beſiegen die feurigen Augen. Fröhlich das hurtige Roß beſteiget die herrliche Jungfrau, Ob es auch knirſcht in die ſchäumenden Zügel, ſie eilet Flüchtig dahin, umdränget vom dichten, unzähligen Schwarme, Hier der Ritter und dort der Damen auf ſtampfenden Roſſen. So im wackren Gefolge verlaſſend den glänzenden Söller, Folgt ſie, das züchtige Mädchen, den Spuren des frommen Beherrſchers. Dann erſcheint Rhodaide, geſchmückt mit edlem Metalle, Eilend der jubelnden Schaar voraus in flüchtigem Ritte; Fuß und Nacken und Haar, ſie ſtrahlen von farbigen Steinen, Und die Schultern umgiebt, die ſchönen, der ſeidene Mantel, Reich mit Gemmen geziert, geheftet mit goldener Nadel, Auf dem blühenden Haupte die Krone mit köſtlichen Steinen: So wird reiten dahin Rhodaide die herrliche Jungfrau, Wo Schlupfwinkel ſich ſuchen vor Angſt rauhhaarige Hirſche. Darauf reitet einher Theodrade mit blühendem Antlitz, Leuchtender Stirn, und es weichet das Gold dem Glanze der Haare; Auch der blendende Hals, er ſchimmert von ächten Smaragden, Fuß und Hände, Geſicht und Wangen und Nacken erglänzen, Gleich dem Gefunkel der Sterne ſo blitzen die feurigen Augen, Weithin ſcheinet der Mantel, verbrämt mit dunkelem Rauchwerk, Sophokles ſchöner Kothurn umfängt ihr die zierlichen Füße. Dicht umrauſcht ſie gedränget die Schaar hochglänzender Damen, Langhin ſchimmert im Zuge des Adels geſchmückte Cohorte. Schneeweiß leuchtet das Pferd und feurig trägt es von dannen Karls des Gebietenden Tochter, die fromme und herrliche Jungfrau, Fort vom geweihten Palaſt hinaus zu den ſchattigen Wäldern. Hildrud reitet zuletzt am äußerſten Ende des Zuges, Wie es das Loos ihr beſtimmt; und unter den Rittern, den letzten, Glänzet ſie herrlich hervor, die Jungfrau, mitten im Zuge, Mäßigt den hurtigen Schritt, und lenkt nach der Richtung des Weges. Das Bild, welches uns der Dichter in dieſen Verſen aus eigner Anſchauung entworfen hat, iſt gewiß ein glänzendes und würdig eines kaiſerlichen Hofes; von der altgermaniſchen Ein- fachheit iſt, trotz Spinnen und Weben, bei den ſchönen Prinzeſ- ſinnen keine Spur mehr zu erblicken. Auch die Schönheitsbedin- gungen haben ſich bereits feſtgeſtellt: der blendende, roſig ange- hauchte Nacken, die leuchtende Stirn, das goldblonde, glänzende 3*

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Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten01_1858/53>, abgerufen am 29.03.2024.