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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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I. Aelteste Zeit bis zu den Krenzzügen.
than, vor dem Thore der Stadt habe aufknüpfen lassen. Doch ist
es bemerkenswerth, daß dieser Schmuck auf Abbildungen nicht
zu entdecken ist, es sei denn, daß die ringartigen Wülste dafür zu
halten wären, welche uns auf den Bildern der Angelsachsen und
anderer vor dem Jahre 1000 und noch selbst bei den Soldaten
der Egstersteine (1115) am Unterarm der Männer sehr häufig be-
gegnen. Die Unzulänglichkeit der Zeichnung läßt uns nicht zur
Gewißheit kommen. --

Wenn wir einen Blick auf das bisher Mitgetheilte zurück-
werfen, und dem Resultate nach alle die Aufschlüsse überschlagen,
welche die Schriftstellen der Alten und die Gräberfunde uns ge-
währt haben, so reicht das noch nicht hin, ein vollständiges Bild
in uns entstehen zu lassen. Es bleiben noch manche Lücken aus-
zufüllen. So ist über Fußbekleidung und Kopfbedeckung durch-
aus nichts mitgetheilt worden, und daß Schuhe im Gebrauch
waren, vermögen wir, wenn es sich nicht von selbst verstände,
nur aus der besondern Erwähnung unbeschuhter Frauen zu schlie-
ßen. So viel auch das blonde Haar erwähnt und besprochen
wird, nirgend wird gesagt, in welcher Form es die germanischen
Frauen getragen haben. Auch über Form und Länge der Kleider
ist das Nähere unbekannt. Doch stehen die allgemeinen Grund-
züge fest, und die Hauptunterschiede von dem römischen Costüm,
welche für die Folgezeit wichtig werden, sind leicht anzugeben.
Wenn wir die Tracht der Vornehmen, bei denen sich die Kleidung
allein in völliger Ausbildung zeigt, als maßgebend annehmen,
so bestand sie bei Männern wie bei Frauen aus zwei sich entspre-
chenden Stücken, einem, welches über den Kopf angezogen, und
einem, welches um die Schultern gehängt wurde; jenes, das
Kleid und bei Männern der Rock, schloß sich dem Oberkörper
eng an, während dieses, der Mantel, frei und lose herumschlug
und auf der rechten Schulter, oder bei Frauen vielleicht auch auf
der Brust, mit einer Nadel befestigt war. Dazu gesellt sich noch
Pelzwerk und ein reichlicher Schmuck.

In der Zeit, die hier in Frage kommt, als nämlich die cul-
turhistorischen Einwirkungen der antiken Welt auf das Germa-

I. Aelteſte Zeit bis zu den Krenzzügen.
than, vor dem Thore der Stadt habe aufknüpfen laſſen. Doch iſt
es bemerkenswerth, daß dieſer Schmuck auf Abbildungen nicht
zu entdecken iſt, es ſei denn, daß die ringartigen Wülſte dafür zu
halten wären, welche uns auf den Bildern der Angelſachſen und
anderer vor dem Jahre 1000 und noch ſelbſt bei den Soldaten
der Egſterſteine (1115) am Unterarm der Männer ſehr häufig be-
gegnen. Die Unzulänglichkeit der Zeichnung läßt uns nicht zur
Gewißheit kommen. —

Wenn wir einen Blick auf das bisher Mitgetheilte zurück-
werfen, und dem Reſultate nach alle die Aufſchlüſſe überſchlagen,
welche die Schriftſtellen der Alten und die Gräberfunde uns ge-
währt haben, ſo reicht das noch nicht hin, ein vollſtändiges Bild
in uns entſtehen zu laſſen. Es bleiben noch manche Lücken aus-
zufüllen. So iſt über Fußbekleidung und Kopfbedeckung durch-
aus nichts mitgetheilt worden, und daß Schuhe im Gebrauch
waren, vermögen wir, wenn es ſich nicht von ſelbſt verſtände,
nur aus der beſondern Erwähnung unbeſchuhter Frauen zu ſchlie-
ßen. So viel auch das blonde Haar erwähnt und beſprochen
wird, nirgend wird geſagt, in welcher Form es die germaniſchen
Frauen getragen haben. Auch über Form und Länge der Kleider
iſt das Nähere unbekannt. Doch ſtehen die allgemeinen Grund-
züge feſt, und die Hauptunterſchiede von dem römiſchen Coſtüm,
welche für die Folgezeit wichtig werden, ſind leicht anzugeben.
Wenn wir die Tracht der Vornehmen, bei denen ſich die Kleidung
allein in völliger Ausbildung zeigt, als maßgebend annehmen,
ſo beſtand ſie bei Männern wie bei Frauen aus zwei ſich entſpre-
chenden Stücken, einem, welches über den Kopf angezogen, und
einem, welches um die Schultern gehängt wurde; jenes, das
Kleid und bei Männern der Rock, ſchloß ſich dem Oberkörper
eng an, während dieſes, der Mantel, frei und loſe herumſchlug
und auf der rechten Schulter, oder bei Frauen vielleicht auch auf
der Bruſt, mit einer Nadel befeſtigt war. Dazu geſellt ſich noch
Pelzwerk und ein reichlicher Schmuck.

In der Zeit, die hier in Frage kommt, als nämlich die cul-
turhiſtoriſchen Einwirkungen der antiken Welt auf das Germa-

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[18/0036] I. Aelteſte Zeit bis zu den Krenzzügen. than, vor dem Thore der Stadt habe aufknüpfen laſſen. Doch iſt es bemerkenswerth, daß dieſer Schmuck auf Abbildungen nicht zu entdecken iſt, es ſei denn, daß die ringartigen Wülſte dafür zu halten wären, welche uns auf den Bildern der Angelſachſen und anderer vor dem Jahre 1000 und noch ſelbſt bei den Soldaten der Egſterſteine (1115) am Unterarm der Männer ſehr häufig be- gegnen. Die Unzulänglichkeit der Zeichnung läßt uns nicht zur Gewißheit kommen. — Wenn wir einen Blick auf das bisher Mitgetheilte zurück- werfen, und dem Reſultate nach alle die Aufſchlüſſe überſchlagen, welche die Schriftſtellen der Alten und die Gräberfunde uns ge- währt haben, ſo reicht das noch nicht hin, ein vollſtändiges Bild in uns entſtehen zu laſſen. Es bleiben noch manche Lücken aus- zufüllen. So iſt über Fußbekleidung und Kopfbedeckung durch- aus nichts mitgetheilt worden, und daß Schuhe im Gebrauch waren, vermögen wir, wenn es ſich nicht von ſelbſt verſtände, nur aus der beſondern Erwähnung unbeſchuhter Frauen zu ſchlie- ßen. So viel auch das blonde Haar erwähnt und beſprochen wird, nirgend wird geſagt, in welcher Form es die germaniſchen Frauen getragen haben. Auch über Form und Länge der Kleider iſt das Nähere unbekannt. Doch ſtehen die allgemeinen Grund- züge feſt, und die Hauptunterſchiede von dem römiſchen Coſtüm, welche für die Folgezeit wichtig werden, ſind leicht anzugeben. Wenn wir die Tracht der Vornehmen, bei denen ſich die Kleidung allein in völliger Ausbildung zeigt, als maßgebend annehmen, ſo beſtand ſie bei Männern wie bei Frauen aus zwei ſich entſpre- chenden Stücken, einem, welches über den Kopf angezogen, und einem, welches um die Schultern gehängt wurde; jenes, das Kleid und bei Männern der Rock, ſchloß ſich dem Oberkörper eng an, während dieſes, der Mantel, frei und loſe herumſchlug und auf der rechten Schulter, oder bei Frauen vielleicht auch auf der Bruſt, mit einer Nadel befeſtigt war. Dazu geſellt ſich noch Pelzwerk und ein reichlicher Schmuck. In der Zeit, die hier in Frage kommt, als nämlich die cul- turhiſtoriſchen Einwirkungen der antiken Welt auf das Germa-

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Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten01_1858/36>, abgerufen am 24.11.2024.