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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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2. Die Zeit des Luxus und der Entartung.
bei ihnen finden. Die Trachtengeschichte der Engländer kennt sie
nicht und auch bei den Franzosen dürfte kaum ein Beispiel zu ent-
decken sein. Wohl aber gab es im funfzehnten Jahrhundert ita-
lienische Stutzer, junge Elegants, welche am Geklingel der Schel-
len oder Glöckchen an ihren Kleidern ihre Freude hatten. In der
Fremde galten sie schon früh als deutsche Mode. Ausdrücklich
spricht in diesem Sinne davon ein alter schwedischer Reimchronist
bei Gelegenheit, da der mecklenburgische Herzog Albrecht, der
spätere König, nach Schweden gekommen war (1360):

"Käm' einer auch noch so arm aus deutschem Land,
So hat er doch ein Schwert in seiner Hand,
Er kann tanzen, hüpfen und springen,
Und müssen seine vergoldeten Glöcklein klingen."

Den Schweden scheint aber die deutsche Mode gefallen zu haben.
So soll Karl Ulffon einen Hermelinmantel getragen haben, an
welchem jedes Schwänzchen seine Schelle hatte, und der Unions-
könig Erich XIII. (um 1400) hat sich, wie das Bild auf seinem
Siegel zeigt, mit Schellen in doppelter Reihe, am hängenden
Gürtel und um die Hüften herum, geschmückt.

Wenn wir von den vereinzelten Beispielen des dreizehnten
Jahrhunderts absehen, was um so mehr geschehen kann, als seit-
dem hundert Jahre hindurch der Schellen keinerlei Erwähnung
geschieht, so begegnen wir ihnen als einer wohl noch auffallenden,
aber nicht ganz ungewöhnlichen Tracht in der Nürnberger Ord-
nung von 1343, in welcher sie Männern wie Frauen verboten
werden: "kein Mann noch Frau soll keinerlei Glocken, Schellen,
noch keinerlei von Silber gemacht hangend Ding an einer Kette
noch an Gürteln tragen." Ob dies Gesetz, glücklicher als andere,
Erfolg gehabt hat, ist schwer zu sagen, doch ist zu bemerken, daß
die ganze zweite Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts hindurch
die Schellen in keiner städtischen Kleiderordnung berücksichtigt
werden. Sie scheinen in dieser Zeit wenn nicht ein Vorrecht, doch
eine Auszeichnung der fürstlichen und ritterlichen Stände gewesen
zu sein, bei denen sie zum öftern erwähnt werden. Wir kennen
schon die Stelle des schwedischen Chronisten. In den Jahren

2. Die Zeit des Luxus und der Entartung.
bei ihnen finden. Die Trachtengeſchichte der Engländer kennt ſie
nicht und auch bei den Franzoſen dürfte kaum ein Beiſpiel zu ent-
decken ſein. Wohl aber gab es im funfzehnten Jahrhundert ita-
lieniſche Stutzer, junge Elegants, welche am Geklingel der Schel-
len oder Glöckchen an ihren Kleidern ihre Freude hatten. In der
Fremde galten ſie ſchon früh als deutſche Mode. Ausdrücklich
ſpricht in dieſem Sinne davon ein alter ſchwediſcher Reimchroniſt
bei Gelegenheit, da der mecklenburgiſche Herzog Albrecht, der
ſpätere König, nach Schweden gekommen war (1360):

„Käm’ einer auch noch ſo arm aus deutſchem Land,
So hat er doch ein Schwert in ſeiner Hand,
Er kann tanzen, hüpfen und ſpringen,
Und müſſen ſeine vergoldeten Glöcklein klingen.“

Den Schweden ſcheint aber die deutſche Mode gefallen zu haben.
So ſoll Karl Ulffon einen Hermelinmantel getragen haben, an
welchem jedes Schwänzchen ſeine Schelle hatte, und der Unions-
könig Erich XIII. (um 1400) hat ſich, wie das Bild auf ſeinem
Siegel zeigt, mit Schellen in doppelter Reihe, am hängenden
Gürtel und um die Hüften herum, geſchmückt.

Wenn wir von den vereinzelten Beiſpielen des dreizehnten
Jahrhunderts abſehen, was um ſo mehr geſchehen kann, als ſeit-
dem hundert Jahre hindurch der Schellen keinerlei Erwähnung
geſchieht, ſo begegnen wir ihnen als einer wohl noch auffallenden,
aber nicht ganz ungewöhnlichen Tracht in der Nürnberger Ord-
nung von 1343, in welcher ſie Männern wie Frauen verboten
werden: „kein Mann noch Frau ſoll keinerlei Glocken, Schellen,
noch keinerlei von Silber gemacht hangend Ding an einer Kette
noch an Gürteln tragen.“ Ob dies Geſetz, glücklicher als andere,
Erfolg gehabt hat, iſt ſchwer zu ſagen, doch iſt zu bemerken, daß
die ganze zweite Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts hindurch
die Schellen in keiner ſtädtiſchen Kleiderordnung berückſichtigt
werden. Sie ſcheinen in dieſer Zeit wenn nicht ein Vorrecht, doch
eine Auszeichnung der fürſtlichen und ritterlichen Stände geweſen
zu ſein, bei denen ſie zum öftern erwähnt werden. Wir kennen
ſchon die Stelle des ſchwediſchen Chroniſten. In den Jahren

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[237/0255] 2. Die Zeit des Luxus und der Entartung. bei ihnen finden. Die Trachtengeſchichte der Engländer kennt ſie nicht und auch bei den Franzoſen dürfte kaum ein Beiſpiel zu ent- decken ſein. Wohl aber gab es im funfzehnten Jahrhundert ita- lieniſche Stutzer, junge Elegants, welche am Geklingel der Schel- len oder Glöckchen an ihren Kleidern ihre Freude hatten. In der Fremde galten ſie ſchon früh als deutſche Mode. Ausdrücklich ſpricht in dieſem Sinne davon ein alter ſchwediſcher Reimchroniſt bei Gelegenheit, da der mecklenburgiſche Herzog Albrecht, der ſpätere König, nach Schweden gekommen war (1360): „Käm’ einer auch noch ſo arm aus deutſchem Land, So hat er doch ein Schwert in ſeiner Hand, Er kann tanzen, hüpfen und ſpringen, Und müſſen ſeine vergoldeten Glöcklein klingen.“ Den Schweden ſcheint aber die deutſche Mode gefallen zu haben. So ſoll Karl Ulffon einen Hermelinmantel getragen haben, an welchem jedes Schwänzchen ſeine Schelle hatte, und der Unions- könig Erich XIII. (um 1400) hat ſich, wie das Bild auf ſeinem Siegel zeigt, mit Schellen in doppelter Reihe, am hängenden Gürtel und um die Hüften herum, geſchmückt. Wenn wir von den vereinzelten Beiſpielen des dreizehnten Jahrhunderts abſehen, was um ſo mehr geſchehen kann, als ſeit- dem hundert Jahre hindurch der Schellen keinerlei Erwähnung geſchieht, ſo begegnen wir ihnen als einer wohl noch auffallenden, aber nicht ganz ungewöhnlichen Tracht in der Nürnberger Ord- nung von 1343, in welcher ſie Männern wie Frauen verboten werden: „kein Mann noch Frau ſoll keinerlei Glocken, Schellen, noch keinerlei von Silber gemacht hangend Ding an einer Kette noch an Gürteln tragen.“ Ob dies Geſetz, glücklicher als andere, Erfolg gehabt hat, iſt ſchwer zu ſagen, doch iſt zu bemerken, daß die ganze zweite Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts hindurch die Schellen in keiner ſtädtiſchen Kleiderordnung berückſichtigt werden. Sie ſcheinen in dieſer Zeit wenn nicht ein Vorrecht, doch eine Auszeichnung der fürſtlichen und ritterlichen Stände geweſen zu ſein, bei denen ſie zum öftern erwähnt werden. Wir kennen ſchon die Stelle des ſchwediſchen Chroniſten. In den Jahren

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Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten01_1858/255>, abgerufen am 25.11.2024.