Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858.2. Die Zeit des Luxus und der Entartung. griffen war. Das Uebel wurde klar erkannt, und darum vereinigtesich die Ritterschaft von Franken im Jahr 1479 vor dem großen Turnier zu Würzburg zu einer allgemeinen für die Tage des Tur- niers gültigen Ordnung. Einem jeglichen Ritter wurde zwar er- laubt, guten Sammet und Perlen zu tragen, dagegen war Gold- stoff und gestickter Sammet, sei es zu Röcken oder Schauben, durchaus verboten, sowie goldene Pferdedecken. Im Uebrigen wurde jedoch ein Unterschied gemacht zwischen dem Ritter von hohem Adel und dem gewöhnlichen Edelmann. Dieser sollte Sammet nur zum Wamms tragen und von Perlen nur eine ein- fache Schnur um die Kappe oder den Hut; auch kein Goldge- schmeide an Ketten, Schnüren oder auf die Kleider gestickt, "er trage es denn verdeckt und unsichtlich als die Alten gethan und hergebracht haben." Ferner sollte er weder Decke noch Wappenrock von Sammet oder Damast führen. Ebenso wurde der Aufwand der Frauen beschränkt. Keine Dame ritterlichen Standes, Frau oder Fräulein, durfte mehr als vier Prachtkleider mitbringen, nur zwei von Sammet, die beiden andern gestickt oder sonst ver- ziert, geziemend und wohlanständig. Da der Adel diese Ordnung freiwillig über sich selbst feststellte, so konnten auf Uebertretungen nur Ehrenstrafen gesetzt sein. Es sollte demnach jeder, der diesen Bestimmungen zuwider handelte, von allen Rittern "verachtet und verschmäht" sein und im Turnier zu keinem Vortanz oder zu irgend einem Dank zugelassen werden, er konnte selbst ganz vom Tur- nier ausgeschlossen bleiben. Desgleichen soll eine Frau, welche die Verordnung nicht hält, von gemeiner Ritterschaft, Frauen und Jungfrauen, verachtet und der Vortänze und des Rechts die Dänke auszutheilen beraubt sein. Es soll aber auch eine Frau, so wurde ehrenhafter Weise hinzugesetzt, die nicht in Schmuck oder Sammet so reich wie die andern gekleidet sei, dessenungeach- tet doch zu allen Ehren, die ihr nach ihrem Stand gebühren, hin- zugezogen werden. Ein paar Jahre später entwarfen die Ritterschaften der vier 2. Die Zeit des Luxus und der Entartung. griffen war. Das Uebel wurde klar erkannt, und darum vereinigteſich die Ritterſchaft von Franken im Jahr 1479 vor dem großen Turnier zu Würzburg zu einer allgemeinen für die Tage des Tur- niers gültigen Ordnung. Einem jeglichen Ritter wurde zwar er- laubt, guten Sammet und Perlen zu tragen, dagegen war Gold- ſtoff und geſtickter Sammet, ſei es zu Röcken oder Schauben, durchaus verboten, ſowie goldene Pferdedecken. Im Uebrigen wurde jedoch ein Unterſchied gemacht zwiſchen dem Ritter von hohem Adel und dem gewöhnlichen Edelmann. Dieſer ſollte Sammet nur zum Wamms tragen und von Perlen nur eine ein- fache Schnur um die Kappe oder den Hut; auch kein Goldge- ſchmeide an Ketten, Schnüren oder auf die Kleider geſtickt, „er trage es denn verdeckt und unſichtlich als die Alten gethan und hergebracht haben.“ Ferner ſollte er weder Decke noch Wappenrock von Sammet oder Damaſt führen. Ebenſo wurde der Aufwand der Frauen beſchränkt. Keine Dame ritterlichen Standes, Frau oder Fräulein, durfte mehr als vier Prachtkleider mitbringen, nur zwei von Sammet, die beiden andern geſtickt oder ſonſt ver- ziert, geziemend und wohlanſtändig. Da der Adel dieſe Ordnung freiwillig über ſich ſelbſt feſtſtellte, ſo konnten auf Uebertretungen nur Ehrenſtrafen geſetzt ſein. Es ſollte demnach jeder, der dieſen Beſtimmungen zuwider handelte, von allen Rittern „verachtet und verſchmäht“ ſein und im Turnier zu keinem Vortanz oder zu irgend einem Dank zugelaſſen werden, er konnte ſelbſt ganz vom Tur- nier ausgeſchloſſen bleiben. Desgleichen ſoll eine Frau, welche die Verordnung nicht hält, von gemeiner Ritterſchaft, Frauen und Jungfrauen, verachtet und der Vortänze und des Rechts die Dänke auszutheilen beraubt ſein. Es ſoll aber auch eine Frau, ſo wurde ehrenhafter Weiſe hinzugeſetzt, die nicht in Schmuck oder Sammet ſo reich wie die andern gekleidet ſei, deſſenungeach- tet doch zu allen Ehren, die ihr nach ihrem Stand gebühren, hin- zugezogen werden. Ein paar Jahre ſpäter entwarfen die Ritterſchaften der vier <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0207" n="189"/><fw place="top" type="header">2. Die Zeit des Luxus und der Entartung.</fw><lb/> griffen war. Das Uebel wurde klar erkannt, und darum vereinigte<lb/> ſich die Ritterſchaft von Franken im Jahr 1479 vor dem großen<lb/> Turnier zu Würzburg zu einer allgemeinen für die Tage des Tur-<lb/> niers gültigen Ordnung. 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2. Die Zeit des Luxus und der Entartung.
griffen war. Das Uebel wurde klar erkannt, und darum vereinigte
ſich die Ritterſchaft von Franken im Jahr 1479 vor dem großen
Turnier zu Würzburg zu einer allgemeinen für die Tage des Tur-
niers gültigen Ordnung. Einem jeglichen Ritter wurde zwar er-
laubt, guten Sammet und Perlen zu tragen, dagegen war Gold-
ſtoff und geſtickter Sammet, ſei es zu Röcken oder Schauben,
durchaus verboten, ſowie goldene Pferdedecken. Im Uebrigen
wurde jedoch ein Unterſchied gemacht zwiſchen dem Ritter von
hohem Adel und dem gewöhnlichen Edelmann. Dieſer ſollte
Sammet nur zum Wamms tragen und von Perlen nur eine ein-
fache Schnur um die Kappe oder den Hut; auch kein Goldge-
ſchmeide an Ketten, Schnüren oder auf die Kleider geſtickt, „er
trage es denn verdeckt und unſichtlich als die Alten gethan und
hergebracht haben.“ Ferner ſollte er weder Decke noch Wappenrock
von Sammet oder Damaſt führen. Ebenſo wurde der Aufwand
der Frauen beſchränkt. Keine Dame ritterlichen Standes, Frau
oder Fräulein, durfte mehr als vier Prachtkleider mitbringen,
nur zwei von Sammet, die beiden andern geſtickt oder ſonſt ver-
ziert, geziemend und wohlanſtändig. Da der Adel dieſe Ordnung
freiwillig über ſich ſelbſt feſtſtellte, ſo konnten auf Uebertretungen
nur Ehrenſtrafen geſetzt ſein. Es ſollte demnach jeder, der dieſen
Beſtimmungen zuwider handelte, von allen Rittern „verachtet und
verſchmäht“ ſein und im Turnier zu keinem Vortanz oder zu irgend
einem Dank zugelaſſen werden, er konnte ſelbſt ganz vom Tur-
nier ausgeſchloſſen bleiben. Desgleichen ſoll eine Frau, welche
die Verordnung nicht hält, von gemeiner Ritterſchaft, Frauen
und Jungfrauen, verachtet und der Vortänze und des Rechts die
Dänke auszutheilen beraubt ſein. Es ſoll aber auch eine Frau,
ſo wurde ehrenhafter Weiſe hinzugeſetzt, die nicht in Schmuck
oder Sammet ſo reich wie die andern gekleidet ſei, deſſenungeach-
tet doch zu allen Ehren, die ihr nach ihrem Stand gebühren, hin-
zugezogen werden.
Ein paar Jahre ſpäter entwarfen die Ritterſchaften der vier
Lande, Bayern, Franken, Schwaben und Rheinland, ein ganz
ähnliches Geſetz für das Turnier zu Heilbronn (1485). In dem-
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