Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858.1. Entwicklung einer originalen mittelalterlichen Tracht. durch Landessitte bedingt worden zu sein, wie aus der Schilderungvon Artus Hof im Parzival zu schließen ist: "-- -- -- Man sah Hohen, niedern Kopfputz auch, Wie es in jedem Land Gebrauch; Sie kamen her aus manchen Reichen, Die sich in Sitt' und Schnitt nicht gleichen." Der einfachste Kopfschmuck war ein schmaler, goldener oder Eine zweite Art von Kopftracht neben dem Schapel war das 1. Entwicklung einer originalen mittelalterlichen Tracht. durch Landesſitte bedingt worden zu ſein, wie aus der Schilderungvon Artus Hof im Parzival zu ſchließen iſt: „— — — Man ſah Hohen, niedern Kopfputz auch, Wie es in jedem Land Gebrauch; Sie kamen her aus manchen Reichen, Die ſich in Sitt’ und Schnitt nicht gleichen.“ Der einfachſte Kopfſchmuck war ein ſchmaler, goldener oder Eine zweite Art von Kopftracht neben dem Schapel war das <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0137" n="119"/><fw place="top" type="header">1. Entwicklung einer originalen mittelalterlichen Tracht.</fw><lb/> durch Landesſitte bedingt worden zu ſein, wie aus der Schilderung<lb/> von Artus Hof im Parzival zu ſchließen iſt:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„— — — Man ſah</l><lb/> <l>Hohen, niedern Kopfputz auch,</l><lb/> <l>Wie es in jedem Land Gebrauch;</l><lb/> <l>Sie kamen her aus manchen Reichen,</l><lb/> <l>Die ſich in Sitt’ und Schnitt nicht gleichen.“</l> </lg><lb/> <p>Der einfachſte <hi rendition="#g">Kopfſchmuck</hi> war ein ſchmaler, goldener oder<lb/> ſilberner <hi rendition="#g">Reif</hi>, welcher über der Stirn das Haar umſchloß und<lb/> zuſammenhielt. Derſelbe wurde im Frühling und in der Som-<lb/> merzeit viel und gern durch einen natürlichen Blumenkranz er-<lb/> ſetzt, am liebſten von rothen und weißen Roſen, den ſinnvollen<lb/> Blumen der Verſchwiegenheit in der Liebe, wie z. B. dergleichen<lb/> die ſchönen Jungfrauen auf Monſalvage, welche dem Gral vor-<lb/> aufgehen, auf dem Haupte führen. Einen ſolchen Goldreif, doch<lb/> ſchon mit edlem Beſatz, ſetzt ſich in der poetiſchen Erzählung die<lb/> ſchöne Phyllis auf ihr Haar, da ſie ſich bereitet, den weiſen Ari-<lb/> ſtoteles zu verlocken: der war ſchmal, wie er ſein ſollte, gearbeitet<lb/> mit hoher Kunſt und Gemmen lagen darin zwiſchen dem Ge-<lb/> ſteine, Smaragden und Jachande, Sapphire und Chalcedone.<lb/> Der ſchmale Reif war ſehr beliebt, doch gab es daneben auch brei-<lb/> tere Formen, oder er wurde aufgelöſet in eine Reihe goldener<lb/> Scheiben oder Roſetten; endlich wuchs er heran zum Diadem,<lb/> zur reichgeſchmückten Krone, welche die Damen ritterlichen Stan-<lb/> des trugen, ohne daß ſie Fürſtinnen zu ſein brauchten. Alle dieſe<lb/> Formen, die den Namen <hi rendition="#g">Schapel</hi> führten, und die königliche<lb/> Krone ſelbſt, konnten auch über dem Schleier getragen werden.<lb/> Die Damen der Weingarter Liederhandſchrift haben das Schapel<lb/> wie einen weißen oder goldigen, mit kleinen zinnenartigen Zacken<lb/> verſehenen Reif, über den ein anderer ſich quer von einem Ohr<lb/> zum andern hinüberlegt.</p><lb/> <p>Eine zweite Art von Kopftracht neben dem Schapel war das<lb/><hi rendition="#g">Gebende</hi>, welches ſchon mehr einer Haube glich. Auf den Bil-<lb/> dern der Herrad von Landsberg findet ſich weder Schapel noch<lb/> Gebende, doch kennt beide das Nibelungenlied, und ſo mag ihre<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [119/0137]
1. Entwicklung einer originalen mittelalterlichen Tracht.
durch Landesſitte bedingt worden zu ſein, wie aus der Schilderung
von Artus Hof im Parzival zu ſchließen iſt:
„— — — Man ſah
Hohen, niedern Kopfputz auch,
Wie es in jedem Land Gebrauch;
Sie kamen her aus manchen Reichen,
Die ſich in Sitt’ und Schnitt nicht gleichen.“
Der einfachſte Kopfſchmuck war ein ſchmaler, goldener oder
ſilberner Reif, welcher über der Stirn das Haar umſchloß und
zuſammenhielt. Derſelbe wurde im Frühling und in der Som-
merzeit viel und gern durch einen natürlichen Blumenkranz er-
ſetzt, am liebſten von rothen und weißen Roſen, den ſinnvollen
Blumen der Verſchwiegenheit in der Liebe, wie z. B. dergleichen
die ſchönen Jungfrauen auf Monſalvage, welche dem Gral vor-
aufgehen, auf dem Haupte führen. Einen ſolchen Goldreif, doch
ſchon mit edlem Beſatz, ſetzt ſich in der poetiſchen Erzählung die
ſchöne Phyllis auf ihr Haar, da ſie ſich bereitet, den weiſen Ari-
ſtoteles zu verlocken: der war ſchmal, wie er ſein ſollte, gearbeitet
mit hoher Kunſt und Gemmen lagen darin zwiſchen dem Ge-
ſteine, Smaragden und Jachande, Sapphire und Chalcedone.
Der ſchmale Reif war ſehr beliebt, doch gab es daneben auch brei-
tere Formen, oder er wurde aufgelöſet in eine Reihe goldener
Scheiben oder Roſetten; endlich wuchs er heran zum Diadem,
zur reichgeſchmückten Krone, welche die Damen ritterlichen Stan-
des trugen, ohne daß ſie Fürſtinnen zu ſein brauchten. Alle dieſe
Formen, die den Namen Schapel führten, und die königliche
Krone ſelbſt, konnten auch über dem Schleier getragen werden.
Die Damen der Weingarter Liederhandſchrift haben das Schapel
wie einen weißen oder goldigen, mit kleinen zinnenartigen Zacken
verſehenen Reif, über den ein anderer ſich quer von einem Ohr
zum andern hinüberlegt.
Eine zweite Art von Kopftracht neben dem Schapel war das
Gebende, welches ſchon mehr einer Haube glich. Auf den Bil-
dern der Herrad von Landsberg findet ſich weder Schapel noch
Gebende, doch kennt beide das Nibelungenlied, und ſo mag ihre
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