Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite
l)
von den beweiß-gründen,
einen menschen der gar keine Logick versteht,
was macht ein solcher nicht für alberne schlüs-
se und läppische glossen und wie martert er
sich nicht eine sache und wissenschafft recht zu
begreiffen.

Es mag dieses statt eines exempels gut genung
seyn, so man aus dem stegreiff gegeben. Es ist
dabey nicht die meinung daß man alle solche be-
weiß-gründe bey einem satze nacheinander her-
beten solle, sondern man siehet leicht, daß das
argumentum probans a definitione der grund
und mittelpunckt der übrigen sey.

§. 8. Die unstreitigen beweiß-gründe bey
den sinnlichen wahrheiten aus eigener erfah-
rung, giebt uns unsre empfindung und erkännt-
niß. Aus anderer leute erfahrung kan man
beweiß-gründe haben, wann man entweder
ihre mündliche oder schriftliche erzehlungen sich
bekannt macht, und sonst versichert ist, daß sie
nicht aus einfalt sich selbst, aus boßheit andere
zu betrügen bemühet sind. Es müssen aber
alle beweiß-gründe aus der erfahrung, so ein-
gerichtet seyn, daß entweder niemand da-
ran zweiflen darf, oder daß iedermann die
wahrheit derselben ohne weitläuftigkeit selbst
empfinden könne.a) Die beweiß-gründe zu
den unstreitigen abstracten gelehrten wahr-
heiten, geben uns quoad materiam die disci-
plinen, quoad formam die Logick und eignes
nachsinnen.b).

a) Hieraus siehet man, was man für sachen auf
eine sinnliche unstreitige art beweisen könne,
und daß man sehr wenig sachen auf diese art
unstreitig zu machen vermögend sey. Al-
les was [verlorenes Material - Zeichen fehlt]wan eines beweises bedarff, ist ent-
l)
von den beweiß-gruͤnden,
einen menſchen der gar keine Logick verſteht,
was macht ein ſolcher nicht fuͤr alberne ſchluͤſ-
ſe und laͤppiſche gloſſen und wie martert er
ſich nicht eine ſache und wiſſenſchafft recht zu
begreiffen.

Es mag dieſes ſtatt eines exempels gut genung
ſeyn, ſo man aus dem ſtegreiff gegeben. Es iſt
dabey nicht die meinung daß man alle ſolche be-
weiß-gruͤnde bey einem ſatze nacheinander her-
beten ſolle, ſondern man ſiehet leicht, daß das
argumentum probans a definitione der grund
und mittelpunckt der uͤbrigen ſey.

§. 8. Die unſtreitigen beweiß-gruͤnde bey
den ſinnlichen wahrheiten aus eigener erfah-
rung, giebt uns unſre empfindung und erkaͤnnt-
niß. Aus anderer leute erfahrung kan man
beweiß-gruͤnde haben, wann man entweder
ihre muͤndliche oder ſchriftliche erzehlungen ſich
bekannt macht, und ſonſt verſichert iſt, daß ſie
nicht aus einfalt ſich ſelbſt, aus boßheit andere
zu betruͤgen bemuͤhet ſind. Es muͤſſen aber
alle beweiß-gruͤnde aus der erfahrung, ſo ein-
gerichtet ſeyn, daß entweder niemand da-
ran zweiflen darf, oder daß iedermann die
wahrheit derſelben ohne weitlaͤuftigkeit ſelbſt
empfinden koͤnne.a) Die beweiß-gruͤnde zu
den unſtreitigen abſtracten gelehrten wahr-
heiten, geben uns quoad materiam die diſci-
plinen, quoad formam die Logick und eignes
nachſinnen.b).

a) Hieraus ſiehet man, was man fuͤr ſachen auf
eine ſinnliche unſtreitige art beweiſen koͤnne,
und daß man ſehr wenig ſachen auf dieſe art
unſtreitig zu machen vermoͤgend ſey. Al-
les was [verlorenes Material – Zeichen fehlt]wan eines beweiſes bedarff, iſt ent-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <note xml:id="note-l-2" prev="#notefn-l-2" place="end" n="l)">
            <p>
              <pb facs="#f0082" n="64"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">von den                                     beweiß-gru&#x0364;nden,</hi> </fw><lb/> <hi rendition="#fr">einen men&#x017F;chen der gar keine Logick                                 ver&#x017F;teht,<lb/>
was macht ein &#x017F;olcher nicht fu&#x0364;r                                 alberne &#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e und                                 la&#x0364;ppi&#x017F;che glo&#x017F;&#x017F;en und wie martert                                 er<lb/>
&#x017F;ich nicht eine &#x017F;ache und                                 wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft recht zu<lb/>
begreiffen.</hi><lb/>
            </p>
            <p>Es mag die&#x017F;es &#x017F;tatt eines exempels gut genung<lb/>
&#x017F;eyn, &#x017F;o man aus dem &#x017F;tegreiff gegeben. Es                             i&#x017F;t<lb/>
dabey nicht die meinung daß man alle &#x017F;olche                             be-<lb/>
weiß-gru&#x0364;nde bey einem &#x017F;atze nacheinander                             her-<lb/>
beten &#x017F;olle, &#x017F;ondern man &#x017F;iehet leicht,                             daß das<lb/><hi rendition="#aq">argumentum probans a definitione</hi> der grund<lb/>
und mittelpunckt der u&#x0364;brigen &#x017F;ey.</p>
          </note><lb/>
          <p>§. 8. Die un&#x017F;treitigen beweiß-gru&#x0364;nde bey<lb/>
den                         &#x017F;innlichen wahrheiten aus eigener erfah-<lb/>
rung, giebt uns                         un&#x017F;re empfindung und erka&#x0364;nnt-<lb/>
niß. Aus anderer leute                         erfahrung kan man<lb/>
beweiß-gru&#x0364;nde haben, wann man entweder<lb/>
ihre mu&#x0364;ndliche oder &#x017F;chriftliche erzehlungen &#x017F;ich<lb/>
bekannt macht, und &#x017F;on&#x017F;t ver&#x017F;ichert i&#x017F;t, daß                         &#x017F;ie<lb/>
nicht aus einfalt &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t, aus                         boßheit andere<lb/>
zu betru&#x0364;gen bemu&#x0364;het &#x017F;ind. Es                         mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en aber<lb/>
alle beweiß-gru&#x0364;nde aus der                         erfahrung, &#x017F;o ein-<lb/>
gerichtet &#x017F;eyn, daß entweder niemand                         da-<lb/>
ran zweiflen darf, oder daß iedermann die<lb/>
wahrheit                         der&#x017F;elben ohne weitla&#x0364;uftigkeit &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
empfinden ko&#x0364;nne.<note xml:id="notefn-a-32" next="#note-a-32" place="end" n="a)"/> Die                         beweiß-gru&#x0364;nde zu<lb/>
den un&#x017F;treitigen ab&#x017F;tracten                         gelehrten wahr-<lb/>
heiten, geben uns <hi rendition="#aq">quoad                             materiam</hi> die di&#x017F;ci-<lb/>
plinen, <hi rendition="#aq">quoad                             formam</hi> die Logick und eignes<lb/>
nach&#x017F;innen.<note xml:id="notefn-b-21" next="#note-b-21" place="end" n="b)"/>.</p><lb/>
          <note xml:id="note-a-32" prev="#notefn-a-32" place="end" n="a)">Hieraus &#x017F;iehet man, was man                             fu&#x0364;r &#x017F;achen auf<lb/>
eine &#x017F;innliche                             un&#x017F;treitige art bewei&#x017F;en ko&#x0364;nne,<lb/>
und daß man                             &#x017F;ehr wenig &#x017F;achen auf die&#x017F;e art<lb/>
un&#x017F;treitig zu machen vermo&#x0364;gend &#x017F;ey. Al-<lb/>
les                             was <gap reason="lost" unit="chars"/>wan eines bewei&#x017F;es bedarff,                             i&#x017F;t ent-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">we-</fw><lb/></note>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0082] von den beweiß-gruͤnden, l⁾ einen menſchen der gar keine Logick verſteht, was macht ein ſolcher nicht fuͤr alberne ſchluͤſ- ſe und laͤppiſche gloſſen und wie martert er ſich nicht eine ſache und wiſſenſchafft recht zu begreiffen. Es mag dieſes ſtatt eines exempels gut genung ſeyn, ſo man aus dem ſtegreiff gegeben. Es iſt dabey nicht die meinung daß man alle ſolche be- weiß-gruͤnde bey einem ſatze nacheinander her- beten ſolle, ſondern man ſiehet leicht, daß das argumentum probans a definitione der grund und mittelpunckt der uͤbrigen ſey. §. 8. Die unſtreitigen beweiß-gruͤnde bey den ſinnlichen wahrheiten aus eigener erfah- rung, giebt uns unſre empfindung und erkaͤnnt- niß. Aus anderer leute erfahrung kan man beweiß-gruͤnde haben, wann man entweder ihre muͤndliche oder ſchriftliche erzehlungen ſich bekannt macht, und ſonſt verſichert iſt, daß ſie nicht aus einfalt ſich ſelbſt, aus boßheit andere zu betruͤgen bemuͤhet ſind. Es muͤſſen aber alle beweiß-gruͤnde aus der erfahrung, ſo ein- gerichtet ſeyn, daß entweder niemand da- ran zweiflen darf, oder daß iedermann die wahrheit derſelben ohne weitlaͤuftigkeit ſelbſt empfinden koͤnne. a⁾ Die beweiß-gruͤnde zu den unſtreitigen abſtracten gelehrten wahr- heiten, geben uns quoad materiam die diſci- plinen, quoad formam die Logick und eignes nachſinnen. b⁾ . a⁾ Hieraus ſiehet man, was man fuͤr ſachen auf eine ſinnliche unſtreitige art beweiſen koͤnne, und daß man ſehr wenig ſachen auf dieſe art unſtreitig zu machen vermoͤgend ſey. Al- les was _ wan eines beweiſes bedarff, iſt ent- we-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/82
Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/82>, abgerufen am 04.05.2024.