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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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von den beweiß-gründen,
gezeuget werde, so folget deßwegen noch nicht
daß es donnerkeile gäbe, und daß sie wahrhaf-
tig so gezeuget würden. Also wann ich schon
für möglich hielte, daß es hexen geben könne,
so glaubte ich deswegen nichtgleich, daß es wel-
che gäbe, und daß diese oder iene frau eine hexe
sey. Ob ich schon von iemand sage, daß er
falsch seyn könne,
so folget daraus nicht daß ers
würcklich sey und daß ich ihn wahrhaftig dafür
halte.
c) Jst es möglich daß das eisen schwimmen kan?
daß man gold machen könne?
Allerdings: von
ienem ist ein exempel 2 B. der Könige am 6.
von diesem hat man sehr viele, davon die proben
in der Käyserl. Wiener. Florentinischen und an-
dern kunst-kammern zeugen conf. Martin. Del.
Rio Disq. Magic. lib. I. Cap. 4. Quaest. 14. Cardan.
de subtilit. l. 6. Jo. Fr. Pic. Mirand. de auro lib. III.
c. 2. Morhoff II. II. XXXVI.

d) Z. e. wenn ich beweisen wolte, daß es möglich,
daß die menschen könten fliegen lernen,
so sagte
ich, wie es in denen Tyrolischen gebürgen vögel
gäbe, die ein schaf in der luft wegführen könten,
S. Bechers närrische weißheit und weise narr-
heit, oder wie iener schüler der elstern ausneh-
men wollen, vom thurme herab geflogen, so sey
es auch möglich, daß ein mensch fliegen könte.
e) Z. e. ob nicht Gott den gestrigen tag zum heu-
tigen, factum infectum, etc.
machen könne, kan ich
nicht für absolut unmöglich ausgeben, weil ich
der göttlichen allmacht keine gräntzen setzen, auch
nicht wissen kan, ob es GOtt nicht einmahl wol-
len könne.

§. 6. Mit sinnlichen unstreitigen beweiß-
gründen, beweist man alle dieienigen dinge,
welche unmittelbarer weise in die sinne fallen,

und
von den beweiß-gruͤnden,
gezeuget werde, ſo folget deßwegen noch nicht
daß es donnerkeile gaͤbe, und daß ſie wahrhaf-
tig ſo gezeuget wuͤrden. Alſo wann ich ſchon
fuͤr moͤglich hielte, daß es hexen geben koͤnne,
ſo glaubte ich deswegen nichtgleich, daß es wel-
che gaͤbe, und daß dieſe oder iene frau eine hexe
ſey. Ob ich ſchon von iemand ſage, daß er
falſch ſeyn koͤnne,
ſo folget daraus nicht daß ers
wuͤrcklich ſey und daß ich ihn wahrhaftig dafuͤr
halte.
c) Jſt es moͤglich daß das eiſen ſchwimmen kan?
daß man gold machen koͤnne?
Allerdings: von
ienem iſt ein exempel 2 B. der Koͤnige am 6.
von dieſem hat man ſehr viele, davon die proben
in der Kaͤyſerl. Wiener. Florentiniſchen und an-
dern kunſt-kammern zeugen conf. Martin. Del.
Rio Diſq. Magic. lib. I. Cap. 4. Quaeſt. 14. Cardan.
de ſubtilit. l. 6. Jo. Fr. Pic. Mirand. de auro lib. III.
c. 2. Morhoff II. II. XXXVI.

d) Z. e. wenn ich beweiſen wolte, daß es moͤglich,
daß die menſchen koͤnten fliegen lernen,
ſo ſagte
ich, wie es in denen Tyroliſchen gebuͤrgen voͤgel
gaͤbe, die ein ſchaf in der luft wegfuͤhren koͤnten,
S. Bechers naͤrriſche weißheit und weiſe narr-
heit, oder wie iener ſchuͤler der elſtern ausneh-
men wollen, vom thurme herab geflogen, ſo ſey
es auch moͤglich, daß ein menſch fliegen koͤnte.
e) Z. e. ob nicht Gott den geſtrigen tag zum heu-
tigen, factum infectum, ꝛc.
machen koͤnne, kan ich
nicht fuͤr abſolut unmoͤglich ausgeben, weil ich
der goͤttlichen allmacht keine graͤntzen ſetzen, auch
nicht wiſſen kan, ob es GOtt nicht einmahl wol-
len koͤnne.

§. 6. Mit ſinnlichen unſtreitigen beweiß-
gruͤnden, beweiſt man alle dieienigen dinge,
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[60/0078] von den beweiß-gruͤnden, b⁾ gezeuget werde, ſo folget deßwegen noch nicht daß es donnerkeile gaͤbe, und daß ſie wahrhaf- tig ſo gezeuget wuͤrden. Alſo wann ich ſchon fuͤr moͤglich hielte, daß es hexen geben koͤnne, ſo glaubte ich deswegen nichtgleich, daß es wel- che gaͤbe, und daß dieſe oder iene frau eine hexe ſey. Ob ich ſchon von iemand ſage, daß er falſch ſeyn koͤnne, ſo folget daraus nicht daß ers wuͤrcklich ſey und daß ich ihn wahrhaftig dafuͤr halte. c⁾ Jſt es moͤglich daß das eiſen ſchwimmen kan? daß man gold machen koͤnne? Allerdings: von ienem iſt ein exempel 2 B. der Koͤnige am 6. von dieſem hat man ſehr viele, davon die proben in der Kaͤyſerl. Wiener. Florentiniſchen und an- dern kunſt-kammern zeugen conf. Martin. Del. Rio Diſq. Magic. lib. I. Cap. 4. Quaeſt. 14. Cardan. de ſubtilit. l. 6. Jo. Fr. Pic. Mirand. de auro lib. III. c. 2. Morhoff II. II. XXXVI. d⁾ Z. e. wenn ich beweiſen wolte, daß es moͤglich, daß die menſchen koͤnten fliegen lernen, ſo ſagte ich, wie es in denen Tyroliſchen gebuͤrgen voͤgel gaͤbe, die ein ſchaf in der luft wegfuͤhren koͤnten, S. Bechers naͤrriſche weißheit und weiſe narr- heit, oder wie iener ſchuͤler der elſtern ausneh- men wollen, vom thurme herab geflogen, ſo ſey es auch moͤglich, daß ein menſch fliegen koͤnte. e⁾ Z. e. ob nicht Gott den geſtrigen tag zum heu- tigen, factum infectum, ꝛc. machen koͤnne, kan ich nicht fuͤr abſolut unmoͤglich ausgeben, weil ich der goͤttlichen allmacht keine graͤntzen ſetzen, auch nicht wiſſen kan, ob es GOtt nicht einmahl wol- len koͤnne. §. 6. Mit ſinnlichen unſtreitigen beweiß- gruͤnden, beweiſt man alle dieienigen dinge, welche unmittelbarer weiſe in die ſinne fallen, und

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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/78>, abgerufen am 04.05.2024.