Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite
von der erfindung
a) Z. e. Wann die sache davon ich rede den willen
angeht, da ist es alles in wind geredt, wannich
mich nur bey trockenen demonstrationibus auf
halte. Und hingegen, wann sie bloß auf specu-
lationibus beruhet, da komme ich mit argumen-
tis patheticis blind. Also wann ich ein kind
das zum spielen neigung trüge, davon abziehen
wolte, würde es lächerlich seyn, wann ich mich
bloß bey theoretischen fürstellungen aufhielte,
und wann der bauer den decem abtragen soll,
da suche ich vergeblich die argumenta aus der
concordantz. Denn in ienem fall, ist ein
prügel und gut exempel, und in diesem der
schuld thurm das treflichste argument. Hin-
gegen wenn iemand wolte das tausendiährige
reich beweisen, oder mir sagen, was eine sonnen-
finsterniß wäre, und käme mit argumentis pa-
theticis mit predigen und exclamationibus auf-
gezogen, da würde er sich treflich prostituiren.
Eben so, wenn iemand von der aufferstehung
der todten reden wolte, und suchte seine argu-
menta aus dem Terentio, oder wolte aus dem
Euclide demonstriren daß 1. mahl 1. nicht mehr
als 1. wäre. Oder es wolte einer einen armen
bauer zur freygebigkeit, einen unvernünfftigen
menschen zu beobachtung einer wahren freund-
schafft, etc. vermahnen, oder einem schneider
von der quadratura circuli, einem staats-manne
von der vierdten figur in der syllogistic, einem
poeten von dem nutzen der Algebra in der reim-
kunst etc. viel fürschwatzen. Kurtz ich muß
wissen, ob es mehr auf probantia oder illustran-
tia oder pathetica bey der sache ankomme, ehe
ich mich nach argumentis umthue.
b) Z. e. ich wolte einem darthun, daß die erde sich
um die sonne bewegte, so müste ich die Astrono-
mie herfür kriegen. Wolte ich beweisen ein ver-
liebter studente habe keine courage, und keine
von der erfindung
a) Z. e. Wann die ſache davon ich rede den willen
angeht, da iſt es alles in wind geredt, wannich
mich nur bey trockenen demonſtrationibus auf
halte. Und hingegen, wann ſie bloß auf ſpecu-
lationibus beruhet, da komme ich mit argumen-
tis patheticis blind. Alſo wann ich ein kind
das zum ſpielen neigung truͤge, davon abziehen
wolte, wuͤrde es laͤcherlich ſeyn, wann ich mich
bloß bey theoretiſchen fuͤrſtellungen aufhielte,
und wann der bauer den decem abtragen ſoll,
da ſuche ich vergeblich die argumenta aus der
concordantz. Denn in ienem fall, iſt ein
pruͤgel und gut exempel, und in dieſem der
ſchuld thurm das treflichſte argument. Hin-
gegen wenn iemand wolte das tauſendiaͤhrige
reich beweiſen, oder mir ſagen, was eine ſonnen-
finſterniß waͤre, und kaͤme mit argumentis pa-
theticis mit predigen und exclamationibus auf-
gezogen, da wuͤrde er ſich treflich proſtituiren.
Eben ſo, wenn iemand von der aufferſtehung
der todten reden wolte, und ſuchte ſeine argu-
menta aus dem Terentio, oder wolte aus dem
Euclide demonſtriren daß 1. mahl 1. nicht mehr
als 1. waͤre. Oder es wolte einer einen armen
bauer zur freygebigkeit, einen unvernuͤnfftigen
menſchen zu beobachtung einer wahren freund-
ſchafft, ꝛc. vermahnen, oder einem ſchneider
von der quadratura circuli, einem ſtaats-manne
von der vierdten figur in der ſyllogiſtic, einem
poeten von dem nutzen der Algebra in der reim-
kunſt ꝛc. viel fuͤrſchwatzen. Kurtz ich muß
wiſſen, ob es mehr auf probantia oder illuſtran-
tia oder pathetica bey der ſache ankomme, ehe
ich mich nach argumentis umthue.
b) Z. e. ich wolte einem darthun, daß die erde ſich
um die ſonne bewegte, ſo muͤſte ich die Aſtrono-
mie herfuͤr kriegen. Wolte ich beweiſen ein ver-
liebter ſtudente habe keine courage, und keine
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0070" n="52"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">von der erfindung</hi> </fw><lb/>
          <note xml:id="note-a-25" prev="#notefn-a-25" place="end" n="a)">Z. e. Wann die &#x017F;ache davon ich rede                             den willen<lb/>
angeht, da i&#x017F;t es alles in wind geredt,                             wannich<lb/>
mich nur bey trockenen demon&#x017F;trationibus auf<lb/>
halte. Und hingegen, wann &#x017F;ie bloß auf &#x017F;pecu-<lb/>
lationibus beruhet, da komme ich mit argumen-<lb/>
tis patheticis blind.                             Al&#x017F;o wann ich ein kind<lb/>
das zum &#x017F;pielen neigung                             tru&#x0364;ge, davon abziehen<lb/>
wolte, wu&#x0364;rde es                             la&#x0364;cherlich &#x017F;eyn, wann ich mich<lb/>
bloß bey                             theoreti&#x017F;chen fu&#x0364;r&#x017F;tellungen aufhielte,<lb/>
und                             wann der bauer den decem abtragen &#x017F;oll,<lb/>
da &#x017F;uche ich                             vergeblich die argumenta aus der<lb/>
concordantz. Denn in ienem fall,                             i&#x017F;t ein<lb/>
pru&#x0364;gel und gut exempel, und in die&#x017F;em                             der<lb/>
&#x017F;chuld thurm das treflich&#x017F;te argument. Hin-<lb/>
gegen wenn iemand wolte das tau&#x017F;endia&#x0364;hrige<lb/>
reich                             bewei&#x017F;en, oder mir &#x017F;agen, was eine &#x017F;onnen-<lb/>
fin&#x017F;terniß wa&#x0364;re, und ka&#x0364;me mit argumentis pa-<lb/>
theticis mit predigen und exclamationibus auf-<lb/>
gezogen, da                             wu&#x0364;rde er &#x017F;ich treflich pro&#x017F;tituiren.<lb/>
Eben                             &#x017F;o, wenn iemand von der auffer&#x017F;tehung<lb/>
der todten                             reden wolte, und &#x017F;uchte &#x017F;eine argu-<lb/>
menta aus dem                             Terentio, oder wolte aus dem<lb/>
Euclide demon&#x017F;triren daß 1.                             mahl 1. nicht mehr<lb/>
als 1. wa&#x0364;re. Oder es wolte einer einen                             armen<lb/>
bauer zur freygebigkeit, einen unvernu&#x0364;nfftigen<lb/>
men&#x017F;chen zu beobachtung einer wahren freund-<lb/>
&#x017F;chafft,                             &#xA75B;c. vermahnen, oder einem &#x017F;chneider<lb/>
von der                             quadratura circuli, einem &#x017F;taats-manne<lb/>
von der vierdten                             figur in der &#x017F;yllogi&#x017F;tic, einem<lb/>
poeten von dem nutzen                             der Algebra in der reim-<lb/>
kun&#x017F;t &#xA75B;c. viel                             fu&#x0364;r&#x017F;chwatzen. Kurtz ich muß<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en, ob                             es mehr auf probantia oder illu&#x017F;tran-<lb/>
tia oder pathetica bey                             der &#x017F;ache ankomme, ehe<lb/>
ich mich nach argumentis                             umthue.<lb/></note>
          <note xml:id="note-b-17" prev="#notefn-b-17" place="end" n="b)">Z. e. ich wolte einem darthun, daß die                             erde &#x017F;ich<lb/>
um die &#x017F;onne bewegte, &#x017F;o                             mu&#x0364;&#x017F;te ich die A&#x017F;trono-<lb/>
mie herfu&#x0364;r                             kriegen. Wolte ich bewei&#x017F;en ein ver-<lb/>
liebter &#x017F;tudente                             habe keine courage, und keine<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lu&#x017F;t</fw><lb/></note>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0070] von der erfindung a⁾ Z. e. Wann die ſache davon ich rede den willen angeht, da iſt es alles in wind geredt, wannich mich nur bey trockenen demonſtrationibus auf halte. Und hingegen, wann ſie bloß auf ſpecu- lationibus beruhet, da komme ich mit argumen- tis patheticis blind. Alſo wann ich ein kind das zum ſpielen neigung truͤge, davon abziehen wolte, wuͤrde es laͤcherlich ſeyn, wann ich mich bloß bey theoretiſchen fuͤrſtellungen aufhielte, und wann der bauer den decem abtragen ſoll, da ſuche ich vergeblich die argumenta aus der concordantz. Denn in ienem fall, iſt ein pruͤgel und gut exempel, und in dieſem der ſchuld thurm das treflichſte argument. Hin- gegen wenn iemand wolte das tauſendiaͤhrige reich beweiſen, oder mir ſagen, was eine ſonnen- finſterniß waͤre, und kaͤme mit argumentis pa- theticis mit predigen und exclamationibus auf- gezogen, da wuͤrde er ſich treflich proſtituiren. Eben ſo, wenn iemand von der aufferſtehung der todten reden wolte, und ſuchte ſeine argu- menta aus dem Terentio, oder wolte aus dem Euclide demonſtriren daß 1. mahl 1. nicht mehr als 1. waͤre. Oder es wolte einer einen armen bauer zur freygebigkeit, einen unvernuͤnfftigen menſchen zu beobachtung einer wahren freund- ſchafft, ꝛc. vermahnen, oder einem ſchneider von der quadratura circuli, einem ſtaats-manne von der vierdten figur in der ſyllogiſtic, einem poeten von dem nutzen der Algebra in der reim- kunſt ꝛc. viel fuͤrſchwatzen. Kurtz ich muß wiſſen, ob es mehr auf probantia oder illuſtran- tia oder pathetica bey der ſache ankomme, ehe ich mich nach argumentis umthue. b⁾ Z. e. ich wolte einem darthun, daß die erde ſich um die ſonne bewegte, ſo muͤſte ich die Aſtrono- mie herfuͤr kriegen. Wolte ich beweiſen ein ver- liebter ſtudente habe keine courage, und keine luſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/70
Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/70>, abgerufen am 04.05.2024.