Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.oder geistlichen reden. Hingegen ist die danckbarkeit eine der seltenstentugenden, und es verräth sich auch hier die boß- heit des menschlichen hertzens, daß es sich lieber des bösen als des guten erinnert. Was wun- der denn, daß von zehen aussätzigen nur einer danckbarkeit ausübet, da man bey der heutigen welt unter tausend kaum einen antrift, der dem danckenden Samariter gleich komme. Jedoch ie seltener ein kleinod, ie fürtreflicher ist es, und die vollkommenheit desienigen musters, welches uns unser Evangelium von einer danckbaren zunge anfführet, ist so herrlich, daß wir dabey der undanckbaren übrigen füglich vergessen und hin- gegen den eintzigen danckbaren Samariter zur nachfolge beybehalten können. Dieser siehet und erkennet, daß er gesund worden, er kehret um, fällt auf sein angesicht, zu den füssen JEsu, preiset GOtt und dancket seinem erlöser, welcher auch dieses danckopfer liebreich annimt. Jch weiß meine freunde, seine erkänntniß war eine lebhaf- te überzeugung, daß JEsus seyn lieber meister sich seiner erbarmet, da er sich plötzlich veriünget sahe wie einen adler, und da er empfand, daß eine heylsame änderung an seinem leibe vorgegan- gan war. Wieaber eine lebhafte überzeugung, und eine lebendige erkänntniß, auch zugleich ei- nen kräftigen eindruck in den willen verursachet, so folgen auch bey ihm dieser erkannten wahrheit gemässe thaten. Er kehret also um, und son- dert sich damit von denen undanckbaren gefähr- ten ab, er tritt nunmehro nicht von ferne, sondern fällt K k
oder geiſtlichen reden. Hingegen iſt die danckbarkeit eine der ſeltenſtentugenden, und es verraͤth ſich auch hier die boß- heit des menſchlichen hertzens, daß es ſich lieber des boͤſen als des guten erinnert. Was wun- der denn, daß von zehen auſſaͤtzigen nur einer danckbarkeit ausuͤbet, da man bey der heutigen welt unter tauſend kaum einen antrift, der dem danckenden Samariter gleich komme. Jedoch ie ſeltener ein kleinod, ie fuͤrtreflicher iſt es, und die vollkommenheit desienigen muſters, welches uns unſer Evangelium von einer danckbaren zunge anffuͤhret, iſt ſo herrlich, daß wir dabey der undanckbaren uͤbrigen fuͤglich vergeſſen und hin- gegen den eintzigen danckbaren Samariter zur nachfolge beybehalten koͤnnen. Dieſer ſiehet und erkennet, daß er geſund worden, er kehret um, faͤllt auf ſein angeſicht, zu den fuͤſſen JEſu, preiſet GOtt und dancket ſeinem erloͤſer, welcher auch dieſes danckopfer liebreich annimt. Jch weiß meine freunde, ſeine erkaͤnntniß war eine lebhaf- te uͤberzeugung, daß JEſus ſeyn lieber meiſter ſich ſeiner erbarmet, da er ſich ploͤtzlich veriuͤnget ſahe wie einen adler, und da er empfand, daß eine heylſame aͤnderung an ſeinem leibe vorgegan- gan war. Wieaber eine lebhafte uͤberzeugung, und eine lebendige erkaͤnntniß, auch zugleich ei- nen kraͤftigen eindruck in den willen verurſachet, ſo folgen auch bey ihm dieſer erkannten wahrheit gemaͤſſe thaten. Er kehret alſo um, und ſon- dert ſich damit von denen undanckbaren gefaͤhr- ten ab, er tritt nunmehro nicht von ferne, ſondern faͤllt K k
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0531" n="513"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">oder geiſtlichen reden.</hi></fw><lb/> Hingegen iſt die danckbarkeit eine der ſeltenſten<lb/> tugenden, und es verraͤth ſich auch hier die boß-<lb/> heit des menſchlichen hertzens, daß es ſich lieber<lb/> des boͤſen als des guten erinnert. Was wun-<lb/> der denn, daß von zehen auſſaͤtzigen nur einer<lb/> danckbarkeit ausuͤbet, da man bey der heutigen<lb/> welt unter tauſend kaum einen antrift, der dem<lb/> danckenden Samariter gleich komme. Jedoch<lb/> ie ſeltener ein kleinod, ie fuͤrtreflicher iſt es, und<lb/> die vollkommenheit desienigen muſters, welches<lb/> uns unſer Evangelium von einer danckbaren<lb/> zunge anffuͤhret, iſt ſo herrlich, daß wir dabey der<lb/> undanckbaren uͤbrigen fuͤglich vergeſſen und hin-<lb/> gegen den eintzigen danckbaren Samariter zur<lb/> nachfolge beybehalten koͤnnen. Dieſer ſiehet<lb/> und erkennet, daß er geſund worden, er kehret<lb/> um, faͤllt auf ſein angeſicht, zu den fuͤſſen JEſu,<lb/> preiſet GOtt und dancket ſeinem erloͤſer, welcher<lb/> auch dieſes danckopfer liebreich annimt. Jch weiß<lb/> meine freunde, ſeine erkaͤnntniß war eine lebhaf-<lb/> te uͤberzeugung, daß JEſus ſeyn lieber meiſter<lb/> ſich ſeiner erbarmet, da er ſich ploͤtzlich veriuͤnget<lb/> ſahe wie einen adler, und da er empfand, daß<lb/> eine heylſame aͤnderung an ſeinem leibe vorgegan-<lb/> gan war. Wieaber eine lebhafte uͤberzeugung,<lb/> und eine lebendige erkaͤnntniß, auch zugleich ei-<lb/> nen kraͤftigen eindruck in den willen verurſachet,<lb/> ſo folgen auch bey ihm dieſer erkannten wahrheit<lb/> gemaͤſſe thaten. Er kehret alſo um, und ſon-<lb/> dert ſich damit von denen undanckbaren gefaͤhr-<lb/> ten ab, er tritt nunmehro nicht von ferne, ſondern<lb/> <fw place="bottom" type="sig">K k</fw><fw place="bottom" type="catch">faͤllt</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [513/0531]
oder geiſtlichen reden.
Hingegen iſt die danckbarkeit eine der ſeltenſten
tugenden, und es verraͤth ſich auch hier die boß-
heit des menſchlichen hertzens, daß es ſich lieber
des boͤſen als des guten erinnert. Was wun-
der denn, daß von zehen auſſaͤtzigen nur einer
danckbarkeit ausuͤbet, da man bey der heutigen
welt unter tauſend kaum einen antrift, der dem
danckenden Samariter gleich komme. Jedoch
ie ſeltener ein kleinod, ie fuͤrtreflicher iſt es, und
die vollkommenheit desienigen muſters, welches
uns unſer Evangelium von einer danckbaren
zunge anffuͤhret, iſt ſo herrlich, daß wir dabey der
undanckbaren uͤbrigen fuͤglich vergeſſen und hin-
gegen den eintzigen danckbaren Samariter zur
nachfolge beybehalten koͤnnen. Dieſer ſiehet
und erkennet, daß er geſund worden, er kehret
um, faͤllt auf ſein angeſicht, zu den fuͤſſen JEſu,
preiſet GOtt und dancket ſeinem erloͤſer, welcher
auch dieſes danckopfer liebreich annimt. Jch weiß
meine freunde, ſeine erkaͤnntniß war eine lebhaf-
te uͤberzeugung, daß JEſus ſeyn lieber meiſter
ſich ſeiner erbarmet, da er ſich ploͤtzlich veriuͤnget
ſahe wie einen adler, und da er empfand, daß
eine heylſame aͤnderung an ſeinem leibe vorgegan-
gan war. Wieaber eine lebhafte uͤberzeugung,
und eine lebendige erkaͤnntniß, auch zugleich ei-
nen kraͤftigen eindruck in den willen verurſachet,
ſo folgen auch bey ihm dieſer erkannten wahrheit
gemaͤſſe thaten. Er kehret alſo um, und ſon-
dert ſich damit von denen undanckbaren gefaͤhr-
ten ab, er tritt nunmehro nicht von ferne, ſondern
faͤllt
K k
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |