die grauamina und die intention des leute- ranten, oder appellanten, mit beobachtung der formalien.
§. 28. Am allermeisten zeiget sich der ad- vocat als einen guten redner in defensionibus, da er nicht die wahrheit unterdrücken, sondern entweder die unschuld eines inquisiten, oder wenigstens, daß er durch die beygebrachten dinge, nach den rechten, noch nicht zu verdam- men, zeigen soll. Da beschreibt er speciem facti unter der hand nach seinen absichten, das corpus delicti, die gravirenden zeugen- aussagen, momenta defensionis, vitam ante- actam, unzulänglichkeit der indiciorum und grauantium, macht die zeugen suspect, und stellet ihnen defensional-zeugen entgegen, oh- ne biblische sprüche, exclamiren, lerm-blasen, und vieles allegiren, sondern vielmehr durch gute ordnung, deutlichen ausdruck und scharf- fe gründe, welche von der erfahrung ihres er- finders in der Logick, ins besondere der wahr- scheinlichkeit, und der Oratorie zeugen.
§. 29. Endlich ist auch von fragen zu in- format-urtheilen und acten extrahiren zu ge- dencken. Jene fassen eine speciem facti, dar- über angestellte frage, und bitte um einen Rechts-spruch, kurtz, deutlich, ordentlich im Historischen und Juridischen stilo auch wohl unter erdichteten nahmen in sich. Dieses rich- tet sich nach der absicht des excerpirenden, setzt kurtz die haupt-momenta der sache auf, und
drückt
von Juridiſchen reden
die grauamina und die intention des leute- ranten, oder appellanten, mit beobachtung der formalien.
§. 28. Am allermeiſten zeiget ſich der ad- vocat als einen guten redner in defenſionibus, da er nicht die wahrheit unterdruͤcken, ſondern entweder die unſchuld eines inquiſiten, oder wenigſtens, daß er durch die beygebrachten dinge, nach den rechten, noch nicht zu verdam- men, zeigen ſoll. Da beſchreibt er ſpeciem facti unter der hand nach ſeinen abſichten, das corpus delicti, die gravirenden zeugen- auſſagen, momenta defenſionis, vitam ante- actam, unzulaͤnglichkeit der indiciorum und grauantium, macht die zeugen ſuſpect, und ſtellet ihnen defenſional-zeugen entgegen, oh- ne bibliſche ſpruͤche, exclamiren, lerm-blaſen, und vieles allegiren, ſondern vielmehr durch gute ordnung, deutlichen ausdruck und ſcharf- fe gruͤnde, welche von der erfahrung ihres er- finders in der Logick, ins beſondere der wahr- ſcheinlichkeit, und der Oratorie zeugen.
§. 29. Endlich iſt auch von fragen zu in- format-urtheilen und acten extrahiren zu ge- dencken. Jene faſſen eine ſpeciem facti, dar- uͤber angeſtellte frage, und bitte um einen Rechts-ſpruch, kurtz, deutlich, ordentlich im Hiſtoriſchen und Juridiſchen ſtilo auch wohl unter erdichteten nahmen in ſich. Dieſes rich- tet ſich nach der abſicht des excerpirenden, ſetzt kurtz die haupt-momenta der ſache auf, und
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von Juridiſchen reden
die grauamina und die intention des leute-
ranten, oder appellanten, mit beobachtung
der formalien.
§. 28. Am allermeiſten zeiget ſich der ad-
vocat als einen guten redner in defenſionibus,
da er nicht die wahrheit unterdruͤcken, ſondern
entweder die unſchuld eines inquiſiten, oder
wenigſtens, daß er durch die beygebrachten
dinge, nach den rechten, noch nicht zu verdam-
men, zeigen ſoll. Da beſchreibt er ſpeciem
facti unter der hand nach ſeinen abſichten,
das corpus delicti, die gravirenden zeugen-
auſſagen, momenta defenſionis, vitam ante-
actam, unzulaͤnglichkeit der indiciorum und
grauantium, macht die zeugen ſuſpect, und
ſtellet ihnen defenſional-zeugen entgegen, oh-
ne bibliſche ſpruͤche, exclamiren, lerm-blaſen,
und vieles allegiren, ſondern vielmehr durch
gute ordnung, deutlichen ausdruck und ſcharf-
fe gruͤnde, welche von der erfahrung ihres er-
finders in der Logick, ins beſondere der wahr-
ſcheinlichkeit, und der Oratorie zeugen.
§. 29. Endlich iſt auch von fragen zu in-
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dencken. Jene faſſen eine ſpeciem facti, dar-
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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/508>, abgerufen am 21.11.2024.
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