treflichkeit des dabey herfürleuchtenden iudicii an, und die rechte beschaffenheit des iudicii, auf eine gute erfahrung und vernunft-lehre. Wer also dieses bey einander besitzet, kan gut erfin- den.
a) Siehe D.August Friedr. Müllers Logickcap. 3. §. 11. 12. Weil aber nicht alle Leute diese fer- tigkeit besitzen, so sind nicht alle leute geschickt gut zu erfinden. Jngenium und iudicium muß man einiger massen von natur haben, erfahrung und vernunft-lehre müssen nothwendig hin- zu kommen.
§. 2. Jn der Oratorie heist erfinden soviel, als bey denen gelegenheiten, welche uns gebieten zu reden, gedancken fassen, wie man die ge- sammlete wissenschaft und erfahrung in reden anbringen möge, damit man seinen endzweck erhalten könne.
§. 3. Man gedencket also, ehe man redet, an das wovon man reden oder was man in reden ausführen will, und hernach an die art und weise, wie man davon reden wolle, ienes heist inuentio thematis, dieses inuentio argumen- torum.
§. 4. Die materie zum reden, geben uns al le dinge, davon wir gedancken haben oder fas- sen können. Die gelegenheit aber der zeit des orts, und anderer umstände oder begebnisse, giebt uns freyheit und erfodert auch wohl von uns, unsere gedancken auszudrucken, und alles was wir davon wissen und gedencken anzu- bringen.
§. 5.
von der erfindung
treflichkeit des dabey herfuͤrleuchtenden iudicii an, und die rechte beſchaffenheit des iudicii, auf eine gute erfahrung und vernunft-lehre. Wer alſo dieſes bey einander beſitzet, kan gut erfin- den.
a) Siehe D.Auguſt Friedr. Muͤllers Logickcap. 3. §. 11. 12. Weil aber nicht alle Leute dieſe fer- tigkeit beſitzen, ſo ſind nicht alle leute geſchickt gut zu erfinden. Jngenium und iudicium muß man einiger maſſen von natur haben, erfahrung und vernunft-lehre muͤſſen nothwendig hin- zu kommen.
§. 2. Jn der Oratorie heiſt erfinden ſoviel, als bey denen gelegenheiten, welche uns gebieten zu reden, gedancken faſſen, wie man die ge- ſammlete wiſſenſchaft und erfahrung in reden anbringen moͤge, damit man ſeinen endzweck erhalten koͤnne.
§. 3. Man gedencket alſo, ehe man redet, an das wovon man reden oder was man in reden ausfuͤhren will, und hernach an die art und weiſe, wie man davon reden wolle, ienes heiſt inuentio thematis, dieſes inuentio argumen- torum.
§. 4. Die materie zum reden, geben uns al le dinge, davon wir gedancken haben oder faſ- ſen koͤnnen. Die gelegenheit aber der zeit des orts, und anderer umſtaͤnde oder begebniſſe, giebt uns freyheit und erfodert auch wohl von uns, unſere gedancken auszudrucken, und alles was wir davon wiſſen und gedencken anzu- bringen.
§. 5.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0050"n="32"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">von der erfindung</hi></fw><lb/>
treflichkeit des dabey herfuͤrleuchtenden iudicii<lb/>
an, und die rechte beſchaffenheit des iudicii, auf<lb/>
eine gute erfahrung und vernunft-lehre. Wer<lb/>
alſo dieſes bey einander beſitzet, kan gut erfin-<lb/>
den.</p><lb/><notexml:id="note-a-17"prev="#notefn-a-17"place="end"n="a)">Siehe <hirendition="#aq">D.</hi><hirendition="#fr">Auguſt Friedr. Muͤllers Logick</hi><hirendition="#aq">cap.</hi><lb/>
3. §. 11. 12. Weil aber nicht alle Leute dieſe fer-<lb/>
tigkeit beſitzen, ſo ſind nicht alle leute geſchickt<lb/>
gut zu erfinden. Jngenium und iudicium muß<lb/>
man einiger maſſen von natur haben, erfahrung<lb/>
und vernunft-lehre muͤſſen nothwendig hin-<lb/>
zu kommen.<lb/></note><lb/><p>§. 2. Jn der Oratorie heiſt erfinden ſoviel, als<lb/>
bey denen gelegenheiten, welche uns gebieten<lb/>
zu reden, gedancken faſſen, wie man die ge-<lb/>ſammlete wiſſenſchaft und erfahrung in reden<lb/>
anbringen moͤge, damit man ſeinen endzweck<lb/>
erhalten koͤnne.</p><lb/><p>§. 3. Man gedencket alſo, ehe man redet, an<lb/>
das wovon man reden oder was man in reden<lb/>
ausfuͤhren will, und hernach an die art und<lb/>
weiſe, wie man davon reden wolle, ienes heiſt<lb/>
inuentio thematis, dieſes inuentio argumen-<lb/>
torum.</p><lb/><p>§. 4. Die materie zum reden, geben uns al<lb/>
le dinge, davon wir gedancken haben oder faſ-<lb/>ſen koͤnnen. Die gelegenheit aber der zeit des<lb/>
orts, und anderer umſtaͤnde oder begebniſſe,<lb/>
giebt uns freyheit und erfodert auch wohl von<lb/>
uns, unſere gedancken auszudrucken, und alles<lb/>
was wir davon wiſſen und gedencken anzu-<lb/>
bringen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">§. 5.</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[32/0050]
von der erfindung
treflichkeit des dabey herfuͤrleuchtenden iudicii
an, und die rechte beſchaffenheit des iudicii, auf
eine gute erfahrung und vernunft-lehre. Wer
alſo dieſes bey einander beſitzet, kan gut erfin-
den.
a⁾ Siehe D. Auguſt Friedr. Muͤllers Logick cap.
3. §. 11. 12. Weil aber nicht alle Leute dieſe fer-
tigkeit beſitzen, ſo ſind nicht alle leute geſchickt
gut zu erfinden. Jngenium und iudicium muß
man einiger maſſen von natur haben, erfahrung
und vernunft-lehre muͤſſen nothwendig hin-
zu kommen.
§. 2. Jn der Oratorie heiſt erfinden ſoviel, als
bey denen gelegenheiten, welche uns gebieten
zu reden, gedancken faſſen, wie man die ge-
ſammlete wiſſenſchaft und erfahrung in reden
anbringen moͤge, damit man ſeinen endzweck
erhalten koͤnne.
§. 3. Man gedencket alſo, ehe man redet, an
das wovon man reden oder was man in reden
ausfuͤhren will, und hernach an die art und
weiſe, wie man davon reden wolle, ienes heiſt
inuentio thematis, dieſes inuentio argumen-
torum.
§. 4. Die materie zum reden, geben uns al
le dinge, davon wir gedancken haben oder faſ-
ſen koͤnnen. Die gelegenheit aber der zeit des
orts, und anderer umſtaͤnde oder begebniſſe,
giebt uns freyheit und erfodert auch wohl von
uns, unſere gedancken auszudrucken, und alles
was wir davon wiſſen und gedencken anzu-
bringen.
§. 5.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/50>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.